Blickwechsel 02. Juni 2022
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4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi Cepha,

da muss ich jetzt ein bisschen ausholen.

Doktorspiele - ich glaube sowas hatte ich als Kind, ja, aber sicher bin ich da nicht...

In der Pubertät fing es dann an, dass alle irgendwie darüber geredet haben - das habe ich aber als Geschwätz abgetan und nicht ernst genommen. Ich dachte, sie übertreiben maßlos und wollen "erwachsen" wirken. Ich selber habe mir einmal die Frage gestellt, ob ich lesbisch sein, da mir da aber gerade ein Junge aus meiner Klasse gefiel, konnte ich das schnell ausschließen und habe dann einfach nicht weiter drüber nachgedacht.

Dann erinnere ich mich daran, dass meine Mutter mir mal vor einem Dorffest, wo ich hinwollte, gesagt hat, ich solle "nicht mit kleinen Sebastians ankommen" - und ich habe schon verstanden, dass sie meinte, ich solle mich nicht schwängern lassen - aber in dem Moment dachte ich nur: "Warum sagt sie mir das? Warum sollte ich sowas absurdes tun?" und wieder habe ich nicht weiter drüber nachgedacht.

Ein paar Jahre später, da war ich 19-vielleicht sogar 20? hat mir jemand auf dem Nachhauseweg einer Szene-Kneipe Avancen gemacht - davor hatte ich mich den ganzen Abend mit ihm unterhalten - meiner Ansicht nach sehr angeregt über Politik und ein paar Nebensächlichkeiten - laut Ansicht einer Freundin, die mit war, war das seinerseits wohl was komplett anderes - darum habe ich das auf dem Nachhauseweg überhaupt nur bemerkt... Naja, das ging dann so weiter, dass ich ihm klipp und klar sagte, dass ich noch Jungfrau sei, und auch nicht vor habe, das zu ändern. Er ging dann - danach ist mir aufgefallen, dass ich nach Angaben von anderen ganz schön spät dran war und fragte mich, ob ich das mal ändern müsse. Aber da war der Gedanke nur: nööö, das klingt so langweilig. Warum solltest du das tun? Und wiederum habe ich mich nicht weiter drum gekümmert.

Dann wurde es halt erst wieder relevant, als ich mich verliebt hatte. Da wurde mir das erste mal wirklich bewusst klar, das ist für andere nicht nur etwas, worüber sie reden, wenn ihnen langweilig ist, sondern das ist wirklich von Relevanz für sie. Und dann musste ich drüber nachdenken. Dann hatte ich eine Phase, wo ich verzweifelt versucht habe, meinem Freund meine Gefühle klar zu machen und dass ich der Ansicht bin, dass ich gesund bin, so wie ich mich fühle. Irgendwann war ich dann verzweifelt, völlig, und habe bei google eingeben: "ich will keinen Sex" - darauf kam ein Erfahrungsbericht - einer Asexuellen. Den habe ich gelesen und dachte, einiges würde ich anders formulieren, aber das ist 100% das was ich denke und fühle. Also habe ich das neu gefundene Wort gegoogelt, und weitere Berichte gefunden, die einfach nur 100% passten.

Wirklich bewusst wie ich fühle und denke, wurde es mir also eigentlich in diesem Moment. Vorher habe ich gefühlt, in meiner Beziehung dann auch bewusst, dass ich so fühle, aber wirklich klar war es, als ich das Wort und damit auch andere fand, die sind wie ich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selber asexuell und kenne auch einige andere.
Cepha 
Fragesteller
 02.06.2022, 20:42

Lieben Dank, für die ausführliche Antwort!

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Sei es bei Doktorspielen

Was Doktorspiele angeht habe ich durchaus interessante Erinnerungen an merkwürige Spiele mit Freunden, die erstaunlich gut zu meinen ersten Fetischen passten. In welchem Alter das genau war, weiß ich allerdings nicht, auf jeden Fall aber präpupertär.
Aus wissenschaftlicher Sicht extrem interessant.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich identifiziere mich seit Anfang 2021 als asexuell.

Hallo

Ich habe mit 18 festgestellt das ich Asexuell bin. Vorher hatte ich 0 Interesse an Sex oder Beziehungen.Ich hatte mir bis zu dem Zeitpunkt auch noch nie SB. Ich habe einfach über das alles nicht nachgedacht. Hat mich halt nicht interessiert.

Das entdecken des eigenen Körpers im Kleinkindalter hat nichts mit Sexualität zu tun. Das ist eher, was bist du, was bin ich, wo sind wir gleich und wo unterschiedlich. Was kann ich alles mit meinem Körper.

In der Pubertät entwickelt sich dann die Sexualität (bzw. das Interesse oder Desinteresse an Sexualität).

Das meine Sexualität „Asexualität“ heißt, hab ich erst mit 32 oder 33 rausbekommen. Asexuell war ich trotzdem schon immer.