Moin. Das finde ich ja mal wirklich wieder eine spannende Frage, die, obwohl aussagelogisch nicht korrekt (tautologisch=ohne eigenständigen Wahrheitswert), gerade dadurch ein "Spotlight" auf unsere modernen Dilemmata als Alltagsmenschen in der heutigen Zeit wirft.
Warum unlogisch: Nun, indem ich/man Teil 1 dieser Aussage (Existenz von Schicksal) als gegeben annehmen würde, behaupte ich / setze ich voraus, dass das, was mit mir geschieht und was ich tue Teil einer "Vorherbestimmung" ist - ich also nur Teil einer Metaebene bin, in welcher ein übergeordnetes (von mir nicht entstammendes oder beeinflussbares) Organisationsmuster eine eigenständige (von meinem Willen und Handeln unabhängige) Prozessstruktur entwickelt und verfolgt, um diesen Prozess einem, von mir unbeeinflussbarem und von mir nicht definiertem Ziel (teleologisch) zuzuführen. Mein Leben wäre also quasi nur Teil eines, von mir nicht entwickelten und autorisierten Algorithmus zur Erreichung eines, nicht von mir entwickelten und autorisierten Zieles, mit mir als Prozesselement.
Das bedeutet, dass ich Teil 2 der Aussage als zirkuläre Schlussfolgerung aus Teil 1 setze. Prämisse 2 ist Inhalt von Prämisse 1 (Ein weißer Schimmel ist weiß weil er ein Schimmel ist) und damit erübrigt sich eine eigenständige Schlussfolgerung.
Der Hintergrund für diese Denkfigur ist also kein logischer, sondern ein psycho-logischer Sachverhalt.
Ängste, die aus der Anerkennung von Sachverhalten, wie sie z. B. im >Existenzialismus< ( ein Auf-Sich-Gestelltsein / In-die-Welt-Geworfen-Sein) oder im Positivismus (der Sinn des Lebens ist das Leben selber) formuliert werden und bei fast jedem Menschen durch das Entstehen intensiver Sinnlosigkeitswahrnehmungen entstehen, können durch Fatalismus oder z.B. die Zuwendung zu einer Religion reduziert und kontrolliert werden und dadurch psychisch entlasten.
Bereits in der antiken, griechischen Philosophie bestand mit der >Stoa< eine sehr einflussreiche Denkschule, in welcher im Rahmen einer, vom einzelnen Menschen unverstandenen / unverstehbaren übergeordneten "kosmologischen" Odrnung argumentiert wurde, dass für den Einzelnen im "Großen Ganzen" es nur darum gehen könnte, seinen Platz und seine Funktion in diesem "Götteralgoritsmus" (meine Interpretation") zu finden und diesen bestmöglich auszufüllen.
Mit Fortschreiten der Aufklärung ("Befreiung des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit" / Kant) als Emanzipation aus einer glaubensbasierten "gottgewollten Ordung" der Herrschaft von Adel und Klerus in einer absolutistisch und feudal organisierten Gesellschaft, gerät der Mensch in ein Begründungsdilemma für seinen Anspruch auf Existenz und Teilhabe an der Gesellschaft: Seine Existenzberechtigung besteht nicht mehr per "gottgewollter Expertise", sondern er muss sie durch Selbstorganisation und -expansion als Individuum nachweisen.
Dies geschieht, seit der Vereinnahmung revolutionärer Emanzipationsereignisse durch ein aufstrebendes Bürgertum seit dem 18. Jahrhundert zunehmend nach der Lesart dieses Bürgertums (H. Plessner hat da eine interessante Analyse, ebenso wie Adorno "Dialektik der Aufklärung") und bedeutet im wesentlichen für die Gesellschaft das individuelle Erstreben (betriebs-)wirtschaftlichen Erfolges bei gleichbleibender gesellschaftlicher Ungleichheit der hierzu, für das einzelne Subjekt einer Gesellschaft verfügbaren Ressourcen.
Im Ergebnis befinden wir uns in einem "modernisierten Feudalismus" (meine Analyse), der zwar die Handlungsspielräume des Einzelnen im Zuge funktionaler Komplexitätsanforderungen der Gesellschaft erweitert hat, diese Handlungsspielräume aber durch die Definitionsmacht gesellschaftlicher Eliten bezüglich Sinn und Zweck der individuellen Existenz nur einen Austausch der Paradigmen "Gottgewollte Ordnung" versus "Wirtschaftsideologie" (Adorno) mit dem entsprechenden Anwachsen von Komplexität in den Wirkungs- und Steuerungsstrukturen einer Gesellschaft (Plessner) gebracht hat.
Insofern stehen wir als Individuen wieder vor dem gleichen Problem wie vor einigen hundert Jahren: Wie löse ich die real-logisch konkret erlebbaren Widersprüche zwischen den ideologischen Paradigmen meines gesellschaftlichen Bezugsrahmens und der formallogisch bestehenden Tatsache der Menschenrechte und dem Aufklärungsziel eines Menschen als >zweckfreies Wesen mit einer auch ästhetischen Dimension< seiner Existenz für sein Fühlen und Handeln auf?
Gebe ich auf und füge mich in das (scheinbar) "Unvermeidliche" weil es für mich so undurchsichtig-unanfechtbar erscheint, oder arbeite ich mit meinen Mitteln an der Schaffung individueller Freiräume und eine Fortführung der Aufklärung?
Das Leben ist ein >Offenes System<, keine KI. Es erschafft keinen Sinn als Zweckergebniss - nur Möglichkeiten, für sich Sinn durch das konstruktive Erzeugen von Ereignissen (Handeln und Erleben /System-Umwelt-Kommunikation) zu finden. Ob dieser "Sinn" dann gut für alle ist, ist dann eine andere Frage. Das muss jeder selber auf Plausibilität überprüfen.
Für mich ist "Schicksal" keine Option - sonnst würde ich hier nicht schreiben.
Vielleicht wäre für dich ein Blick in den Bereich >Systemtheorien< ganz interessant.
Gruß