Wie viel kg kann ein Islandpferd tragen?

2 Antworten

Der Isi wird zwar immer noch gerne als "Gewichtsträger" gerühmt, aber in meinen Augen ist bei etwa 65 - 70 kg echt Schluss. Es kommt natürlich auch auf den Trainingszustand an, Bemuskelung, Rücken, eher kompaktes kräftiges Pferd oder eher hochbeinig u. feingliedrigeres Pferd (in diese Richtung wird seit einigen Jahren vermehrt gezüchtet).

Und natürlich spielt es eine Rolle, wie groß der Reiter im Verhältnis ist u. auch, wie gut er reitet.

Wenn ich 100kg-Menschen auf diesen Pferden sehe, finde ich das schlimm. Und es schadet den Tieren. Es sind halt auch nur Pferde - u. haben keine Superkräfte.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pferdewirtschaftsmeisterin
HappyMe1984  06.11.2022, 20:53

Du bist mir hier schon mehrfach aufgefallen als jemand, der offensichtlich wirklich Ahnung hat :). Deshalb mal eine Frage an dich zu diesem Thema, die mir schon länger durch den Kopf geistert: kann es sein, dass es bei diesem Thema auch eine entscheidende Rolle spielt, was genau man mit den Tieren macht und wie oft?

Ich mein, die Vorstellung vom Isi als Gewichtsträger resultiert ja daraus, dass auf Island direkt durchaus erwachsene Männer diese Tiere im Rahmen der dortigen landwirtschaftlichen Arbeit reiten. Große, erwachsene Männer, da die Menschen dort ja doch eine recht hohe Durchschnittskörpergröße haben. Und somit Männer, die rank und schlank und fit sind, aber dennoch locker ihre 80, 90kg auf die Waage bringen. Einfach, weil sie halt groß sind.

Allerdings geht es dort ja eher nicht um tägliche "Einsätze". Und auch nicht um intensives Training für 1-2 Stunden im Dressurviereck, sondern eher um ganztägige Viehtriebe, wo überwiegend Schritt und geradeaus gegangen wird. Könnte DAS eventuell der entscheidende Unterschied sein? Also, dass MAL dieses Gewicht okay ist, aber eben nicht dauerhaft und täglich?

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Hjalti  06.11.2022, 21:21
@HappyMe1984

Der ursprüngliche Isi ist ein "harter Hund" u. hält unbestritten wirklich viel aus. Aber trotzdem ist er nicht unbegrenzt belastbar. Dazu gibt es mittlerweile auch fundierte Studien, was zu schwere Reiter für Pferde bedeuten - auch der Isländer konnte keine 80, 90kg+ tragen, ohne negative Auswirkungen.

Gerade in unsren Breitengraden tendiert auch die Zucht seit ein paar Jahren zu einem immer mehr langbeinigeren, eleganteren Typ. Da gehen natürlich auch gewisse Eigenschaften verloren, was Kraft und Kompaktheit angeht.

Auf Island selbst wird gerade im Arbeitseinsatz ganz anders geritten. Da gibt es idR immer mehrere Pferde zur Verfügung u. es wird durchgetauscht, somit wird die Belastung auf mehrere Tiere verteilt. Ausserdem - wenn da ein Pferd durch ist, wird kein großartiges Tamtam gemacht, eher direkt ab in die Wurst.

Und ja, MAL ein Pferd mit zuviel Gewicht oder zu großem Reiter zu belasten, bringt es jz nicht direkt um. Auf Dauer richtet es aber einfach Schaden an.

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HappyMe1984  06.11.2022, 21:27
@Hjalti

Ah, okay, total nachvollziehbar :).

Eine kleine Rückfrage: Warum genau geht die Zucht eigentlich bei allen möglichen Rassen immer öfter zu "langbeinig und elegant" auf Kosten der "Stabilität"? Ich mein, mal so rein marktwirtschaftlich gedacht: die Menschen werden hierzulande eher schwerer als leichter. Je älter man wird, desto leichter und öfter nimmt man zu. Und je älter man wird, desto eher hat man die finanziellen Möglichkeiten für ein eigenes Pferd.

Somit müsste doch eigentlich der Markt für Pferde, die man ganz gezielt eher auf "stämmiger Gewichtsträger" züchtet, wesentlich größer sein als der für Tiere, wo man genau das wegzüchtet, oder? Also, insbesondere bei den Rassen, die den Eindruck vermitteln, genau das zu können, was ja wiederum nicht die Rassen sind, die im internationalen Turniersport zum Einsatz kommen. Und wo somit langbeinige Eleganz im Viereck bei internationalen Wettbewerben eigentlich keine Rolle spielt, sehr wohl aber, dass diese Tiere über Jahre hinweg gesund und munter auch den Wohlstandsspeck ihrer Besitzer tragen können...

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Hjalti  06.11.2022, 21:52
@HappyMe1984

Ja, da bin ich ganz bei dir. Während es aber zu Zeiten von Ursula Bruhns dem typischen Isi-Reiter eher darauf ankam, mit seinem Ross die Natur zu genießen, Wanderritte zu unternehmen,... entwickelte sich ein gewisser Trend die letzten Jahre zu einem etwas eleganteren Pferd. Gründe vielfältig, auch weil die Isi-Leute nicht mehr nur so unter sich sind, sowie noch vor einigen Jahren.

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Urlewas  06.11.2022, 23:11
@HappyMe1984

Kleine Anmerkung am Rande: woher weißt du denn, dass die Männer auf Island 80-90 kg wiegen? Ich denke, wenn ich das hier lese, an meinen Sohn. Gut durchtrainierter junger Mann, Schwerarbeit im Job, und einige Jahre Muckibude. Er wiegt wenig mehr als 70 kg!

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HappyMe1984  07.11.2022, 01:08
@Urlewas

Mein Mann ist 1,90m groß und wiegt dabei 75kg. Rechnerisch vom BMI her bewegt sich das am unteren Ende vom Normalgewicht. Und optisch ist er das, was man einen "langen Schlacks" nennen würde ;). Also sehr dünn, kaum (sichtbare) Muskelmasse.

Damit ihn nicht mehr alle, die ihn sehen, sofort das Bedürfnis entwickeln, ihn zu füttern, müsste er locker 10kg zunehmen - weil sich ja auch jedes Gramm direkt auf diesen ganzen, langen Körper verteilt!

Somit kann man einfach mal davon ausgehen, dass ein Mann mit 1,90m und mehr Körpergröße, der normalgewichtig aussieht, locker seine 85-90kg auf die Waage bringt. Und die Durchschnittskörperlänge bei Männern liegt auf Island bei 1,80m - Top 10 der größten Männer weltweit, noch einige Plätze vor Deutschland!

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pony  07.11.2022, 13:09
@HappyMe1984
, dass auf Island direkt durchaus erwachsene Männer diese Tiere im Rahmen der dortigen landwirtschaftlichen Arbeit reiten. 

worauf sollten sie denn sonst reiten? es gibt auf island keine andern pferde. es wird vorwiegend mit den grössten tieren gezüchtet, aber die umstände auf island begrenzen die wuchsgrösse. vergleichbar mit den zwergelefanten auf borneo.

ausserdem werden die pferde auf island 3 - 4 mal täglich gewechselt. aufgrund der gesamtumstände liegt auf island die lebenserwartung eines pferdes bei deutlich unter 20 jahren.

ausgesiebt wird schon bei den fohlen. die werden in der regel draussen und weit weg vom menschen geboren, nämlich noch vor dem frühjahrseintrieb der pferde. da gibts keinen tierarzt, der ein lebensschwaches fohlen hochpäppelt, sondern die fohlen, die nicht stark genug sind, sterben halt in den ersten tagen und wochen.

es ist übrigens für JEDES pferd schädlicher, nur 1 - 2 mal pro woche geritten zu werden, als jeden tag 20 minuten. ein nur einmal die woche gerittenes pferd ist per se ein pferd, das im tragen des reiters untrainiert ist. da schadet ein schwerer reiter wesentlich mehr, als wenn er sich eben die genannten 20 minuten täglich aufs pferd setzt. egal wie gut er reitet. man kann noch so gut vom boden aus trainieren - das ersetzt den reiter nicht.

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pony  07.11.2022, 13:20
@Hjalti

da gehts mehr um die optik. die leute wollen hübsche pferde. während der trend bei vielen menschen zu immer dünner geht, geht der trend beim pferd zur angefütterten starken übergewichtigkeit. die langgliedrigen rassen machen halt auch dann optisch noch was her.

und die etwas älteren leute, bei denen das geld zum ausgeben da ist... naja - die investieren halt in ihr pferd. und wenns pferd nicht so lange hält, kaufen sie dann doch noch mal eins. der durchsatz an sportpferden ist enorm. und irgendwo muss, was auf den markt fliegt, ja auch hin.

es gibt allerdings einen nischentrend, in dem sich ernsthafte züchter zum crossover entschliessen, um ein mittelschweres, stabiles, ausgeglichenes und gutmütiges kleinpferd für erwachsene zu züchten. ein reines freizeitpferd, mit dem man aber durchaus mal auf einem kleinen turnier eine gute figur macht.

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Zwar gelten sie als Gewichtsträger und im top bemuskelten Zustand, besten Alter, perfekter Haltung etc mag das auch insofern stimmen, dass sie mehr tragen können, als andere Ponys, aber dennoch sehe ich eine Grenze bei 75kg (wenn diese 75kg reiten können!). Wenn die Person nicht reiten kann, sollte sie nicht mehr als 60kg mitbringen.

Es kommt auch ein bisschen auf den Isländer selbst an (nebst Muskulatur, etc.). Es gibt sie etwas schmäler, kleiner und zierlicher, aber eben auch massiver gebaut.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Habe drei eigene Pferde, mehrere Zertifikate und Kurse