Wie erklärt man nach einer Trennung der Ex, dass man die ganze Partnerschaft über eine Selbstschutz-Maske getragen und deshalb viel auf sie projiziert hat?
Mein bester Freund war 13 Jahre mit seiner Partnerin zusammen.
Beide sind eher emotional nicht so starke Persönlichkeiten. Er meinte sie immer beschützend und materiell versorgen zu müssen, trägt aber seit der Kindheit gravierende Selbstzweifel mit sich herum, hat ein sehr geringes Selbstwertgefühl und versuchte dies jahrelang durch Materielles, gutes Aussehen und Erfolg im Job zu kompensieren.
Er selbst wusste lange nicht, warum er sich innerlich so zerrissen, suchend, unzufrieden und schwankend in der Stimmung fühlte.
Wenn er unglücklich oder hilfsbedürftig war, hat er nicht darüber gesprochen, sondern Dinge auf sie projiziert, so dass es häufig zum Streit kam.
Die Partnerin weiß um seine inneren Verletzungen nicht. Nach 13 Jahren Beziehung haben sie sich zunächst einvernehmlich getrennt. Er vermisst sie aber wahnsinnig und ist verzweifelt darüber, dass er ihr nie seinen wahren Bedürfnisse gezeigt hat.
Er möchte nun noch einmal mit ihr sprechen und im Gegensatz zu den bisherigen Aussprachen, wo nur oberflächlich an den Problemen gekratzt und nichts gelöst wurde, ihr klar machen, warum er so gehandelt hat.
Dass er durch seine eigenen Kindheitsverletzungen auf sie projiziert hat, anstatt sich mit seiner Kindheit und seinen Eltern auseinander zu setzen.
Dass er sie zurück wies, weil er selbst eine wahnsinnige Zurückweisung erfahren hat.
Wie kann er dieses Gespräch eröffnen und wie groß seht Ihr die Chance, dass sie sich darauf einlässt?
Wie gut seht Ihr die Chance, dass er mit seiner Vorgeschichte, er hat sein Leben lang sein wahres Ich hinter coolen Masken versteckt, und ihrem eher auch bedürftigen sanften Charakter eine gute Beziehung entsteht?
Würdet Ihr als Frau Euch auf ein Gespräch mit dem Ex nach der Trennung einlassen, in welchem er Euch das allererste Mal sein wahres verletzliches Ich zeigt, oder wäre das für den finalen Vollzug der Trennung irrelevant?
Ich bitte von Hassreden gegen diesen Mann abzusehen. Es geht mir hier um eine Problemlösung, nicht um die Verurteilung der Beteiligten.
7 Antworten
So etwas erklärt man ganz einfach so ehrlich wie möglich und ohne Umschweife. Man gibt es zu wie einen Fehler, der einem unterlaufen ist; man steht dazu und räumt es einfach ein, setzt keine Antwort voraus und will es einfach sagen, um sich zu befreien. Das ist aber gar nicht so einfach - kaum jemand dürfte das so hinkriegen, weil es die Bereitschaft erfordert eine indirekte "Niederlage" zuzugeben ... da braucht man extremes Standing dafür und menschliche Stärke aber auch Reife und die Gabe, so was effektiv und ehrlich zu formulieren, damit der Gegenüber merkt, es kommt von Herzen und ist echt so gemeint, wie dass es gesagt wird.
Wo Menschen sind, da menschelt's halt -----> und nix ist so schlimm, dass man nicht (mehr) drüber reden kann ... klar, aber das muss ma halt erstmal selber intus haben und wissen, dass das Zugeben eines Fehlers kein Verlust der Ehre darstellt.
Ich weiß es, weil ich (31) vor geraumer Zeit so etwas, nämlich eigene Fehler und auch eine Sache, die man in diese Richtung interpretieren kann (Fremdsteuerung durch "einflussreiche" aber falsche Vorbilder und dadurch gab ich mich anders, als ich eigentlich bin; teilweise wurden durch ein "spezielles" Vorbild Charaktereigenschaften unterdrückt und es gab den Versuch sie mir abzuerziehen) einräumen musste und es echt extrem schwer gewesen ist. Hat aber gut getan und wir hatten daraufhin einen sehr erfolgreichen und schönen Neubeginn, der vor dem Standesamt endete und von dort aus munter in eine neue Aera überging :-)
Allerdings stellt sich die Frage, ob es Sinn macht. In meinem Fall wusste ich, dass es Sinn macht und sie seit geraumer Zeit auch wusste, wie die Wahrheit ist hinter der Fassade und wohl mehr oder weniger damit rechnete, dass eines Tages die verbale/emotionale Bombe platzt. Wenn es sich jedoch abzeichnet, dass es der Ex total egal wäre, würde ich sagen: Nix mehr sagen, nix mehr machen, die Hunde bellen lassen, die Erkenntnis für sich behalten und dafür im Alltag umsetzen - es gibt immer ein Danach und immer die Chance, Fehler wieder zu korrigieren.
Sehr gute Pointe :-)
Die beiden haben halt jahrelang auch den drohenden Kassandraruf nicht gehört oder viel eher nicht hören wollen. Das hat möglicherweise alles im negativen auf die Spitze getrieben.
Das ist auch möglicherweise ziemlich schmerzhaft bzw.jedenfalls nicht wirklich einfach, aber es sollte zur Selbstfindung beitragen.
Hallo Rosenmary,
dreizehn Jahre sind eine sehr lange Zeit - und der Moment der Trennung will jetzt offenbaren, was die ganze Zeit über versteckt war. Und das mag dann wie eine Art Rechtfertigung sein, warum es die ganze Zeit so war und letztlich zu dem Ende geführt hatte. Sicherlich war in der Partnerschaft auch sehr viel Gutes: wundervolle gemeinsame Zeit, von der beide sehr viel hatten, wo sie sich auch etwas gegenseitig gegeben hatten. In einer solchen "Offenbarung" könnte das alles in ein ungutes Licht geraten - und umso mehr Schmerz hervorrufen.
Vielleicht können die beiden weiterhin eine Freundschaft führen - und für sich ihre eigenen Wege gehen. Dein Freund mag sich selbst reflektieren, das was wir und warum alles (ursächlich) war einordnen, wobei Du ihm sehr viel helfen kannst. Und so kann er vielleicht mit etwas Abstand zu seiner Ex mit ihr von dem einen oder anderen Moment, der ihm jetzt in all dem Reflektieren klar geworden ist, mit ihr sprechen.
Er muss jetzt nicht sagen, was er vielleicht falsch gemacht hatte, was er vielleicht hätte anders machen können - einfach nur, wie was war und auch gerne warum. Damit hat seine Ex die Möglichkeit, noch an dem Prozess dieser Reflexion teilzuhaben - und er würde ihr das einfach anbieten.
Sie kann darauf eingehen - oder auch nicht.
Ich darf mich mal in ihre Situation hineinversetzen - und davon austehen, dass die Trennung für mich schmerzlich war, aber doch noch ein Stück weit Nähe, die eine Freundschaft tragen kann, geblieben ist. Dann würde ich mich in dieser Nähe für all diese Dinge interessieren und zuhören, ggf. auch das eine oder andere selbst reflektieren.
Sicherlich würde ich viele Dinge mit der vergangenen Partnerschaft verbinden, vergleichen, das eine oder andere jetzt anders oder genauer verstehen. Das würde ich aber nur reflektieren wollen, wenn ich gefragt würde: d.h. er es dann auch hören kann und möchte, ohne Angst haben zu müssen, sich irgendwie schlecht zu fühlen.
Wichtig wäre mir, dass er etwas aus all dem macht - was ihn letztlich weiterführt, was dann auch weiter die Freundschaft tragen kann und darf.
Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen
Hallo Rosenmary!
Wofür und für wen ist denn die Annahme wichtig, dass die Chancen schlecht oder gut sind für das Wiederaufnehmen der Beziehung?
- Entweder jemand möchte der Beziehung eine Chance geben, oder eben nicht, und das sollte man auch so sagen.
- Wenn eine/r von beiden an der Beziehung weiter interessiert ist, sollte das mit einer Begründung formuliert werden.
- Wenn die Gründe für bisheriges Handeln zum ersten Mal offen genannt werden, ist das immer von Vorteil.
- Denn nur diese Ehrlichkeit sich selbst und dem/der Anderen gegenüber kann eine tragfähige Grundlage für die Beziehung sein.
- Alle Beziehungen sind Entwicklungen, die von beiden beeinflusst werden. Deshalb kann man keinen gewünschten Endpunkt vorhersagen.
Wichtiger finde ich also die ehrlichen Gespräche, die beide weiter bringen, egal, ob eine gemeinsame Fortführung bzw. Wiederaufnahme der Beziehung daraus resultiert.
LG
gufrastella
Dann soll er seine Hoffnungen in Handlungen umsetzen und wie oben beschrieben auf seine ehemalige Partnerin zugehen. Entweder er erweist dann bei ihr als glaubwürdig (des Glaubens an ihn würdig) oder nicht. Wenn sie ihn abweist, hat er die Chance, sein neugewonnenes ehrliches Selbstbewusstsein (Bewusstsein seiner selbst als früher zurückgewiesenes Kind, das er nicht mehr ist) in einer anderen ehrlichen Beziehung zu leben.
Man kennt weder ihn noch sie, deshalb ist das reine Spekulation.
Dieser Mann gehört in Therapie. Es gibt anscheinend innere Konflikte, die er nie verarbeiten konnte, und das alles spiegelt sich in seinem Verhalten wieder. Vielleicht gelingt es ihm mit professioneller Hilfe, sich zu öffnen und über seine wahren Gefühle zu sprechen.
Ob seine Ex sich darauf einlässt? Kann niemand wissen. Der Typ ist ihr doch fremdgegangen und du hast schon einige Fragen zum selben Thema gestellt. Ein Vertrauensbruch ist in meinen Augen ein No Go und alleine deshalb käme für mich eine weitere Chance nicht in Frage. Aber vielleicht kann sie ihm verzeihen und ist dazu gewillt, mit ihm an der Beziehung zu arbeiten. Natürlich nur, wenn sie ihn noch genug liebt.
Sie weiß nur von einem von vielen Fremdgehen, das war 2014 und floss in die aktuelle Trennung eher nicht ein.
Wenn die Trennung gelaufen ist, würde ich nicht noch mal mit meinem Ex großartig über die Gründe sprechen. Vorbei ist vorbei. 13 jahre waren genug Zeit, um psychsichen "Ballast" zusammen abzuarbeiten.
Im Gegenteil, ich würde wahrscheinlich wütend und verletzt reagieren, weil mein Partner nicht genug Vertrauen hatte, mich einzuweihen aber jetzt, nach der Trennung damit ankommt. Das würde auf mich so wirken, als zuiehe er die Mitleidsmasche.
In diesem Fall würde voraussichtlich nur 1 Hund bellen😉🙄