Wärmepumpe umweltfeindlicher als Gasheizung?


11.08.2023, 15:52

Sollte man die Wärmepumpen nicht verbieten und besser nur erlauben, wenn man eine PV Anlage mit Speicher hat und dafür nutzt?

5 Antworten

Nein, aber es kommt draufan.

  • Eine Wärmepumpe sollte über das ganze Betriebsjahr mind. 2/3 ihrer abgegebenen Wärme aus der Umwelt (Luft, Wasser, Boden) beziehen. Nur der Rest (also ca. 33% oder weniger) kommt aus Strom. Damit wäre der rechnerische "Wirkungsgrad" (COP) mind. 300%
  • Beim Gas aber muss 100% der Wärme aus dem Gas kommen.
  • Jetzt ist natürlich entscheidend, wie der Strom gemacht wird. Kohlestrom ist sicher nicht gut, da es die dreckigste Produktionsart ist.
  • Wenn der Strom aus einem Gas-/Dampf-Kombikraftwerk (GuD) kommt, wird die Gasenergie mit ca. 50-60% Wirkungsgrad in Strom umgewandelt.
  • Wenn wir also mal 50% annehmen, würde das heissen, dass die Kette Gaskraftwerk-Wärmepumpe noch immer einen Wirkungsgrad von 150% hat (50% von 300%). Aber selbst ein guter Gas-Brennwertkessel kommt nicht über 110% hinaus.
  • Fazit: Die Wärmepumpe ist besser, selbst wenn der Strom aus Gas kommt. Dieses Verhältnis kippt nur dann, wenn die Wärmepumpe ihre Wärme aus der Umgebungsluft holt und es draussen unter ca. null Grad ist. Deshalb sollte man natürlich den Strom besser aus erneuerbarer Energie holen (Wasser, Wind, Sonne). Falls aber Sonne, so würde man besser die Solarwärme mit Sonnenkollektoren zur Wärmegewinnung nutzen, was allerdings einen grossen Speicher erfordert.
  • Schlauer ist natürlich Solarwärme
Tuedelsen  11.08.2023, 18:14
Aber selbst ein guter Gas-Brennwertkessel kommt nicht über 110% hinaus.

...ein Guter Gasbrennwertkessel kommt vielleicht gerade mal auf 95 %...wenn er im optimalen Bereich läuft. Diese Angaben mit "110 %" sind letztlich schöngerechnete Werte aus der Zeit, als man den Wirkungsgrad noch über den Heizwert berechnet hat, also die Kondensationswärme des bei der Verbrennung entstehenden Wasserdampfes herausgerechnet wurde. Der Unterschied ist halt (von Dir in Punkt 1 ja auch angerissen), dass die WP keine Wärmeenergie erzeugt, sondern der Umwelt entzieht und moderne Geräte da z.T. bereits verdammt effektiv sind. Einige schaffen bei - 10°C bis zu 70 °C Vorlauftemperatur und einer Arbeitszahl von rund 1,8. Stelle ich dem die direkte Gasverbrennung gegenüber und nehme (weil in dem Fall wohl Voll-Last benötigt wird) 90 % Wirkungsgrad an, fahre ich mit der WP (rein theoretisch...wie es in der Praxis tatsächlich ausschaut, wird man sehen) immer noch die Doppelte Wärmeleistung pro investierter kWh Energie ein.

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atoemlein  12.08.2023, 02:35
@Tuedelsen
  • zu "110%". Ich weiss, aber auch Werte beim GuD-Kraftwerkt von deutlich über 50% sind noch mit dem Heizwert berechnet.
  • Der Temperaturunterschied, den eine WP "schafft", hat nichts mit Effizienz zu tun; man "schafft" alles, wenn der COP egal ist. 1,8 ist hundslausig für eine WP.
  • Nein, wenn eben der Strom aus fossiler Energie kommt, musst du eben 2kWh investieren, um 1kWh Strom und dann wieder 2kWh Wärme zu produzieren. Spätestens dann ist eine Arbeitszahl von 2 oder noch weniger dann dürftig bis schlechter, als das Gas direkt zum Heizen zu verwenden (50% von COP unter 2).
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Picus48  13.08.2023, 02:51
@atoemlein

Das Problem ist doch, dass unser Gas aktuell überwiegend als Frackginggas aus Übersee zu horrenden Preisen importiert wird und damit die Strompreise wegen des Merit-Order-Prinzips drastisch verteuert. Die teuren Gaskraftwerke geben den Strompreis vor, während die billigen Erneuerbaren in Form von Windparks bei Überlast vom Netz genommen werden, weil Energiespeicher nicht vorhanden sind. Das ist doch ein Skandal sondergleichen.

Und wenn ich einen Preis von 0,25 €/kWh für den Wärmepumpenstrom zahlen muss, ist das bei einer Jahresarbeitszahl von etwa 3 bei der Wärmepumpe nur noch dann wirtschaftlich, wenn der Heizölpreis deutlich über 0,80 €/L liegt. Ich fahre bilateral und schalte je nach Preis auf Wärmepumpe oder Öl um.

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Tuedelsen  29.03.2024, 14:15
@atoemlein

...etwas verspätet, sorry!

Natürlich muss es das Ziel sein, den für die Wärmepumpe benötigten Strom möglichst durch "Erneuerbare" zu erzeugen. Mit "Fossil" soll ja eben Schluss sein! Und richtig, eine AZ von 1,8 ist nicht optimal...nur wann haben wir diese Situation tatsächlich mal? Und in welcher Art von Gebäude sind bei Minusgraden tatsächlich so hohe Vorlauftemperaturen notwendig? Da wurde dann schon über Jahrzehnte hinweg jegliche energetische Sanierung komplett vernachlässigt. Entscheidend ist die Jahresarbeitszahl....

Nebenbei: Die Wirkungsgrade von fossilen Kraftwerken sind um einiges besser als die genannten 50 %...sofern die Abwärme z.B. in Fernwärmenetze eingespeist wird, was Standard sein sollte.

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Silo123  13.08.2023, 08:08
Dieses Verhältnis kippt nur dann, wenn die Wärmepumpe ihre Wärme aus der Umgebungsluft holt und es draussen unter ca. null Grad ist.

Also genau DANN, wenn man sie am meisten braucht )-:

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atoemlein  13.08.2023, 11:36
@Silo123

Das stimmt.
Ist aber eben nur ein Problem,

  • wenn der Strom nicht erneuerbarer Quelle kommt, oder
  • wenn die Wärmepumpe eben die Luft als Wärmequelle nutzen muss; mit Wasser, Abwasser oder Erdwärme passiert das nicht.
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Silo123  13.08.2023, 11:50
@atoemlein

Wasserwärmepumpe? da liegen jetzt einige auf der Schn..., weil der Grundwasserspiegel zu doll gesunken ist und das wird obendrein nicht mal überall genehmigt. Abwasser? wo soll das h erkommen?

Mit Erdwärmepumpe (und auch Wärmepumpen allgein) kenne ich mich, ganz ehrlich noch nicht so aus.

Ich warte überhaupt erstmal ab, bin aber ziemich skeptisch, von einer Heizung, die sich eigentlich in ihren kompletten Lebenszeit sich nicht amortisieren kann , und nehme ich ERSTMAL Abstand.

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atoemlein  13.08.2023, 12:33
@Silo123

Ich wollte nicht Werbung machen für Wärmepumpen. Wenn alle schlagartig Wärmepumpen wollen, haben wir viel zu wenig Strom.
Aber bitte heiz' nicht nur mit Strom... (Elektroheizung, Elektroboiler)

  • Wasserwärmepumpe: Wer an einem See oder Fluss wohnt. Unsere Nachbarsiedlung hat das.
  • Abwasser produziert jeder selber. Wir haben das und kühlen unser Abwasser in einem Tank per Wärmepumpe ab, damit lässt sich ein Grossteil des Warmwassers aufheizen
  • Erdwärme ist teurer in der Anschaffung, weil man bohren muss. Und es geht geologisch nicht überall.
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Silo123  13.08.2023, 12:57
@atoemlein

Ich habe es auch nicht so verstanden, als ob Du nur Werbung für Wärmepumpen machen wollen würdest. Ich lkese immer wieder mal, höre mir Armumente von Pro und Kontra und mein Resumee für meinen Heizfall ist im Moment ziemlich negativ- das muß aber nicht immer so bleiben a) weiß ich nicht alles b) es wird da eine Weiterentwicklung geben und ich stresse mich damit nicht.

Schlimmer ist, daß ich, obwohl ich eine Gasheizung habe und gelegentlich gerne etwas zuheizen würde, kein Gas bekomme!!!

Im Moment heize ich rein mit Holz (da ich kein Gas bekomme), normal würde ich nur überwiegend mit Holz heizen und käme wohl noch immer über die geforderten Prozent.

Abwasser produziert jeder selber

aber das sind doch super geringe Mengen! Wie soll man DAMIT HEIZEN?. Ein paar wenige Kubikmeter pro Jahr fallen an- und dannnoch Zwischenspeicherung und Pumpe- Wie soll das gehen?

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Wärmepumpen müssen mindestens ein COP von 3 oder höher aufweisen, wenn deren CO2-Fußabdruck besser sein soll als bei einer Gasheizung.

Das ist deshalb so, da im deutschen Energiemix ein nicht unerheblicher Anteil fossil erzeugt werden muss und auch jedes Kraftwerk und das Leitungsnetz Umwandlungsverluste beinhaltet.

Der COP hängt im Wesentlichen davon ab, welches Temperaturniveau die WP in die Hausanlage liefern muss und welche Temperaturen die Wärmequelle hat.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Studium Energetik, beruflich im Energiesektor tätig
ProxiCent 
Fragesteller
 12.08.2023, 16:22

Und eine Luft Luft Wärmepumpe ?

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GuenterLeipzig  12.08.2023, 16:24
@ProxiCent

Eine Luft-Luft-Wärmepumpe sehe ich am ehesten mit relativ wenig Aufwand funktionieren.

Es wird jedoch keine zentrale Lösung sein, vielmehr wird man im Gebäude jedes einzelne Zimmer mit einer solchen WP ausstatten müssen.

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WPs sind nicht umweltfeindlicher, auch wenn momentan noch viel Strom durch fossile Energietraeger erzeugt wird. Da sie den Strom ueberwiegend abends bis morgens und am Wochenende verbrauchen, wenn es kaelter ist und man zu Hause ist. In diesen Zeiten ist das Stromangebot so hoch, das wuerden auch die Windraeder alleine schaffen.

Woher ich das weiß:Recherche

Entgegen dem was viele glauben sind Wärmepumpen auch nicht vorgeschrieben.

Es ist vorgeschrieben bzw. in Arbeit das du 60% der Energie die dein Haus verbraucht aus regenerativen Energien beziehst.

Das kannst du auch gerne ohne WP machen.

Das Gas, das bei Dir zu Hause ankommt, benötigt dafür auch Energie. Gastransport ist also ebenso verlustbehaftet wie Stromtransport. Du darfst deshalb nicht bei Gas den vollen Heizwert rechnen, bei Strom aber alle Verluste einrechnen.

Gute Wärmepumpen erreichen heute Arbeitszahlen über 5! Da ist jede Gasheizung chancenlos. Wenn dann noch mindestens ein Teil des Stromes aus erneuerbaren Energiequellen stammt, ist die WP meilenweit im Vorteil.