Ich denke, dass Religionen früher einmal sehr viel Sinn hatten, denn sie konnten dem Menschen erklären, warum die Welt so feindlich und unberechenbar ist, und ihm zumindest das Gefühl geben, seine Götter mit Wohlverhalten milde stimmen zu können, um diese Feindlichkeit zu vermeiden. Außerdem gaben sie einen ethischen Rahmen für das Zusammenleben von Menschen (aber auch für den sinnvollen Umgang mit sich selbst und der Umwelt) vor. Das, was die christlichen 10 Gebote aussagen, gibt es im Grund überall. In keiner Gesellschaft kann es gut gehen, wenn jeder nach Lust und Laune tötet, stiehlt, lügt....
Eine Religion besteht aber nicht nur aus dem ethischen und mythologischen Grundgerüst, aus dem sie entstanden ist, sondern auch aus dem, was eingebracht wurde, um Macht und Einfluss zu bekommen und zu erhalten. Im Normalfall kommen dann auch noch Unrterschiede in der Interpretation dazu, und so entstehen Splittergruppen, die sich dann alle im Recht fühlen.
Besonders die Schöpfungsgeschichte ist dafür ein gutes Beispiel. Die am einen Rand meinen, dass man sie wörtlich interpretieren muss (z.B. also genau sechs Dauer für die ganze Schöpfung, Beginn der Menschheit mit genau 2 Menschen), die am anderen, dass man das alles nicht wörtlich nehmen darf (z.B. also dass sich die, die die Geschichte als erste erzählt haben, das alles einfach nicht anders vorstellen konnten, und kein Maß von der Zeit hatten, bzw. dass es Anfangs eben ganz wenige Menschen waren, und nicht nur 2). Dazwischen gibt es jede Menge Schattierungen, die sich teilweise wahllos (oder auch mal so, mal so - je nach Bedarf) herauspicken, was wörtlich zu nehmen ist und was nicht. Bei den Christen (bei anderen Religionen weiß ich es nicht so genau, wird aber auch nicht so unterschiedlich sein) kommt dann zu all dem menschlichen Elend noch dazu, dass im grundlegenden Werk, der Bibel erstens nicht erlebt/gedacht und sofort aufgeschrieben wurde, sondern oft erst sehr viel später von ganz anderen Leuten, und zweitens erst, als die katholische Kirche schon einige Zeit bestand, festgelegt wurde, was in dem Buch sein darf, und was nicht - wenn man es streng sieht, also Zensur. Vielleicht war es damals nicht beabsichtigt - es wußte ja auch jeder, der es wissen musste (und die anderen konnten das Buch sehr schwer bekommen, und wenn, dann nicht lesen), welche Art der Interpretation die Chefetage wünschte - es haben auch etliche Aussagen ihren Weg in die Bibel gefunden, die einander klar widersprechen.
Eine der heutigen Problematiken ist, dass natürlich auch die Kirche ihren Einfluss nicht aufgeben mag, und wenn die Wissenschaft noch so im Recht ist, das erzeugt eine sehr große Kluft zwischen Wissen und Glauben. Konnte sich die christliche Kirche lang als einziger Lieferant für Wissen halten, positioniert sie sich seit längerem als Wissensverhinderer, um ihre Macht zu erhalten, und man braucht sich gar nicht lange umsehen, um sich darüber klar zu werden, dass es mit der ethischen Integrität innerhalb der Organisation auch nicht weit her ist (womöglich auch nie war).
Der ursprüngliche ethische Rahmen, den die 10 Gebote & Co vorgegeben haben, ist aber natürlich immer noch sinnvoll. Worin heute der Sinn von Religonen sonst noch besteht, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, meiner Erfahrung nach erleben halt noch immer viele Menschen die Welt als einen feindlichen rätselhaften Ort und geben auch gern Verantwortung ab, das kann schon einiges lästiges Denken ersparen.
Meiner Meinung nach sind Religonsgemeinschaften heute für die Menschheit nicht mehr wirklich sinnvoll, weil sie weder für mehr Toleranz, noch für einen besseren Umgang mit diesem Planeten, einander oder mit sich selbst sorgen, ganz im Gegenteil. Wirklich andere Perspektiven kann ich Dir also leider nicht anbieten...