Ich bin kein AfD-Wähler, habe aber so meine Einschätzung.
Migrationspolitik:
Viele beobachten die Zunahme an journalistischen Beiträgen zur ausländischen Kriminalität. Und diese macht einigen Leuten Angst. Daher glauben sie, dass sich das nur ändern lässt, in dem man (wie auch immer das gehen soll) einfach so viel abschiebt wie möglich, in der Hoffnung dass das sich die Probleme nachhaltig in Luft auflösen und wir dann in Freiheit und Frieden leben. Dabei wird in den Forderungen der AfD nicht zwischen den Zeilen gelesen, sondern es wird versucht „differenziert“ zu argumentieren, in dem man sich besonders auf vermeintlich „illegale“ Einwanderer fokussiert und Flüchtlinge einteilt in gut und böse. Dass das aber reiner Populismus ist und die Wurzel des Problems nicht anfasst, ist egal. Es ist dabei egal, ob die Personen bereits deutsche Staatsbürger sind oder nicht. Es ist genauso egal, dass Geflüchtete in riesige Massenunterkünfte ohne Perspektive gestopft werden und in einem bürokratischen Chaos untergehen.
Dass es keine „legalen“ oder „regulären“ Fluchtwege gibt, ist auch egal.
Die Entscheidung für die AfD ist eine rein emotionale und wird jeglicher Strategie und Sachlichkeit vorgezogen. Es wird gewählt, weil der Opportunismus der AfD die frustrierten Menschen emotional unterstützt und ihnen das Gefühl von Verständnis gibt. Es wird nicht gewählt, weil man sich ihre Vorhaben im Detail anschaut und überlegt, wie sich das umsetzen lässt. Es überwiegt ganz einfach die Wahrnehmung, dass Kriminalität mit Abschiebung und Kollektivstrafen gelöst werden könne.
Wirtschaftspolitik/Klimapolitik:
Die Klimapolitik der letzten Jahre wurde vor allem den mittelständischen Familien aufgedrückt, die finanziell stark belastet wurden, während Millionäre und Milliardäre quasi nicht angetastet werden, obwohl sie viel gefährlicher für den Sozialstaat und das Klima sind.
Viele eint, dass das Leben immer schwerer zu bezahlen ist und viele Familien immer mehr auf das Geld achten müssen. Allerdings ziehen AfD-Wähler den falschen Schluss. Sie glauben nämlich, dass erneut die Migrationspolitik daran Schuld ist und, dass all unser Geld sinnlos in andere Dinge investiert wird. Die AfD stellt sich offen gegen starke Lobbyarbeit und die Finanzierung von Konzernen, verfolgt aber am Ende das gleiche Ziel. Auch die AfD wird durch Lobbygelder finanziert und verteidigt die Interessen der besonders Reichen. Da reicht der Blick auf ihre Steuerpolitik. Gegen die Vermögenssteuer, gegen die Erbschaftssteuer, gegen Investitionen in erneuerbare Energien.
Stattdessen müsste man aber den Schluss ziehen, dass die einfachen Bürger nicht mehr Geld bekommen, nur weil man an anderer Stelle spart oder Leistungen kürzt. Durch weniger Bürgergeld oder weniger Erbschaftssteuer wird ein durchschnittlicher Bürger nicht mehr Geld auf dem Konto sehen, sondern der Unternehmer und der CEO.
Klima ist sowieso egal, weil uns das hier und jetzt wichtiger ist als die Zukunft. Wir wollen auf unsere Privilegien nicht verzichten und nehmen in Kauf, dass es unseren Enkeln vermutlich sehr schlecht gehen wird. Aber da uns das zu Lebzeiten nur noch bedingt betrifft, ist das egal. Und da die Klimapolitik teilweise zu weit unten angesetzt wurde und die Politik sich nicht mit den Reichen anlegen will, kam es zur Ablehnung von vielen Vorhaben zum Klimaschutz.
Gesellschaftspolitik:
Viele konservative und rechtsradikale Leute haben ein großes Problem mit einer interkulturellen und vielfältigen Gesellschaft. Aus einem mir unerklärlichen Grund werden Familien, die von der Norm abweichen prinzipiell abgelehnt. Ebenso unterscheiden viele noch immer zwischen Menschen, die einen deutschen Hintergrund haben und welchen, die einen ausländischen Hintergrund haben. Und dem liegt eine tief verwurzelte rassistische oder in Teilen rassistische Überzeugung zugrunde. Die AfD verstärkt diese inneren Überzeugungen, indem sie Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen oder demographischen Hintergründen abwertet und ins lächerliche zieht.
Ihr Maßstab ist nicht die Einigung der Gesellschaft, sondern die Extrembeispiele, die wir teilweise in den Medien oder auf Großveranstaltungen sehen. Und um eine Rechtfertigung zu finden, wird diese Strategie erneut emotional instrumentalisiert, in dem auf arme unschuldige Kinder verwiesen wird, die von all dem manipuliert und verstört würden. Und auch in diesem Fall wird pauschalisiert und nicht differenziert. Man hängt sich an die Extreme und erklärt diese zur Allgemeinheit.
Und bekanntermaßen haben extreme Äußerungen und Skandale einen viel größeren Einfluss auf die Meinungsbildung der Gesellschaft als differenzierte Analysen.
Nicht zuletzt spielt auch die Presse eine Rolle, die regelmäßig Schwarzmalerei betreibt und auch inhaltliche Falschbehauptungen verbreitet. Wer Nius, Junge Freiheit oder die Bild konsumiert und nebenbei Julian Reichelt verfolgt, landet sehr schnell in einem Mix aus Desinformation, Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien. Und leider sind die Sozialen Medien inzwischen so massiv einflussreich geworden, dass geprüfte Medien und anerkannter Journalismus kaum noch hinterherkommen. Und auch diese Entwicklung wird von der AfD angefeuert, in dem regelmäßig die Pressefreiheit und Glaubwürdigkeit in ihren Grundzügen so sehr in Frage gestellt werden, dass auch hier Verschwörungstheorien entstehen, die an den amerikanischen Vorwurf des „Deep State“ angelehnt sind.
Die AfD wird zu Teilen gewählt, weil die Leute aus kollektiven Problemen falsche Schlüsse ziehen und denken, dass der Faschismus tatsächlich die Antwort ist. Zum anderen Teil wird sie gewählt, weil sie mit ihrer Desinformation und der Desinformation der Klatschpresse so einflussreich geworden ist, dass die Dinge ihren eigenen Lauf nehmen und Teile der Gesellschaft ganz von allein radikalisiert werden und dann merken, dass die AfD ja genau diese künstlich verzerrten Probleme aufgreift und ebenso radikal lösen will.
Danke für die Aufmerksamkeit. Ich könnte da einen ganzen Aufsatz zu schreiben.