Aus soziologischer Perspektive absolut. Dazu habe ich gerade erst woanders eine Antwort gegeben:
Wenn wir Sexualität als Teil der Identität verstehen, dann selbstverständlich.
Identität schafft das soziale Geschlecht. Es mag sein, dass ein Trans-Mann als biologisch weibliche Person auf die Welt gekommen ist. Genauso wie eine Trans-Frau als männliche Person auf die Welt gekommen ist.
Es gibt aber eben eine Trennung zwischen dem, was uns biologisch ausmacht und dem, was uns sozial ausmacht. Und in dieser Hinsicht sind Trans-Männer männlich und Trans-Frauen weiblich - aus soziologischer Perspektive. Und das ist meist der Kernpunkt der queeren Community. Es geht nicht darum über biologische Geschlechter zu diskutieren, sondern um soziale, die ungemein die Identität prägen. DESHALB sind Transfrauen Frauen und Transmänner Männer - weil Mann und Frau soziale Konstrukte sind. Nur, dass sie sich in den Geschlechtsmerkmalen und genetischen Aspekten unterscheiden.
Sexualität ist im übrigen auch soziologisch. Wen wir sexuell anziehend finden ist nicht allein Produkt der inneren Triebe und des Überlebensinstinkts. Soziale Komponenten spielen bei der Partnerwahl eine viel größere Rolle als wir denken.
Die Trennung zwischen Biologie und Soziologie/Psychologie nicht zu beachten oder gar zu leugnen ist aber differenziert betrachtet ziemlich realitätsverweigernd, weil man damit ein System leugnet, von dem wir alle Teil sind. Identität betrifft nicht nur jene, die anders sind, sondern auch jeden heterosexuellen Mann und jede heterosexuelle Frau, die ihrem biologischen Geschlecht entsprechen.
Die Welt der Geschlechter ist komplexer als die Geschlechtsmerkmale. Allein unsere gesellschaftlichen Erwartungen an die Rollen von Männern und Frauen basieren auf soziologischen Systemen und Konstrukten. Und hier zeigt sich, dass man nicht entweder oder haben kann, sondern entweder beides (was real existiert) oder nichts davon (dann gäbe es gesellschaftliche Rollenbilder und Identitäten nicht - das wäre also realistisch betrachtet Unsinn. Dann wäre man geschlechtlich bis auf die zugewiesenen Geschlechtsmerkmale vollständig identitätslos - und das ist entgegen jeder Logik).
Wer existiert, der formt Identität - man kann nicht identitätslos und gleichzeitig Teil der Gesellschaft sein. Das ist simple Erkenntnis. Nicht nur wissenschaftlich, sondern auch philosophisch.