Es ist doch bezeichnend, dass Diskussionen um Sekten immer wieder in dem Thema enden, ob es eine Sekte ist oder nicht und wirklich amuesant wird es, wenn sich ausgerechnet immer die Sektenmitglieder bemuessigt fuehlen, zu behaupten, sie gehoerten keiner Sekte an.
Wenn wir einmal davon absehen, dass sich ohnehin kein Uebeltaeter
freiwillig zu seinen Taten bekennen wuerde, ist diese Reaktion auch
in ihrer zuweilen laecherlichen Heftigkeit absolut durchsichtig und
entlarvend.
Zunaechst einmal eine Klarstellung: Die Neuapostolische Kirche ist
eine Sekte und zwar nach jeder Definition, sowohl aus
wissenschaftlicher und historischer Sicht, als auch was den negativen
semantischen Hof (Bedeutungsgehalt des Begriffes) betrifft, der sich
um diesen Begriff in den letzten Jahrzehnten zunemend gebildet hat.
Die Geschichte dieser Sekte ist eine Geschichte von
Selbstermaechtigungen, Abspaltungen und Verdrehungen der zentralen
Lehren jeweils zu machtpolitischen Zwecken.
Alle diese apostolischen Organisaionen sind aus einer Bewegung
hervorgegangen, die in den 1830er Jahren in England entstand, wo sich
zwoelf einigermassen erfolglose Geschaeftsleute und nicht minder
erfolglose Prediger zusammentaten und sich selbst zu Aposteln
ernannten und die 'Katholisch Apostolische Gemeinde' gruendeten. Sie
sahen sich als die Apostel der 'Endzeit' und es gab keinerlei Zweifel
darueber, dass es keine weiteren Apostel geben duerfe und der
Weltuntergang bzw. das Wiederkommen Jesu Christi unmittelbar
bevorstand, in jedem Falle aber waehrend der Lebenszeit dieser zwoelf
Prediger.
In den 1860er Jahren wurde es vielen Funktionaeren zunehmend
deutlich, dass diese selbsternannten zwoelf Apostel einer nach dem
anderen starben und die Welt wohl nicht untergehen wuerde, wohl aber
ihre Organisation, wenn sie keine neuen Apostel ernennen. Zu dieser
Zeit war der deutsche Zweig groesser und maechtiger und ein 'Prophet'
namens Geier ernante nun gegen den erklaerten Willen der englischen
Leitung der Organisation weitere Apostel, die wiederum weitere
Apostel ernannten und 1863 spaltete sich dann der groessere und
maechtigere deutsche Teil der 'Katholisch Apostolischen Gemeinde' von
dem englischen Teil ab und nannte sich zunaechst 'Neupostolische
Gemeinde', spaeter dann 'Neuapostolische Kirche'. In den weiteren
Jahren bildeten sich die Machstrukturen dahingehend aus, dass man
1896 schliesslich den 'Apostel' Friederich Krebs zum Anfuehrer der
'Apostel' waehlte, der sich fortan 'Stammspostel' nannte.
Ende der 1940er Jahre liess sich einer der Nachfolger, der
'Stammapostel' Friedrich Bischoff nun seinerseits wiederum dazu
hinreissen, erneut den Weltuntergang und die Endzeit zu predigen, was
als 'Botschaft' bekannt wurde und ungefaehr so lautete, dass Gott ihm
'verraten' habe, Jesus Christus werde innerhalb seiner Lebenszeit
wiederkommen.
Diese Mal waren nun diejenigen, die an der biblisch korrekten
Lehre festhalten wollten (nach der Jesus gesagt haben soll, nicht
einmal er selbst wisse Zeit und Stunde, sondern nur sein Vater im
Himmel) in der Minderheit und dieser sehr autoritaere Anfuehrer
Friederich Bischoff brachte durch geschickte Machtpolitik die
Mehrheit der Apostel und damit die Mehrheit der Sektenmitlglieder
hinter sich und diejeigen, die ihm nicht folgen wollten, wurden
ausgeschlossen (auch einige Apostel, die sich einen Rest von
Integritaet bewahrt hatten), die sich nun abspalteten und seitdem
'Apostolische Gemeinde' nennen.
In den 1950er Jahren bereiteten sich die Sektenmitglieder nun in
der grossen Mehrheit auf den Weltuntergang vor, Vermoegen wurden
aufgebraucht oder leichtfertig verschwendet, Felder blieben
unbestellt, Betriebe wurden aufgegeben, Arbeitsplaetze verlassen,
kurzum die Vorsorge und Sorge um die Zukunft wurden zunehmend
vernachlaessigt in der Gewissheit der unmittelbar bevorstehenden
Wiederkunft Jesu Christi und dem damit unausweichlich einhergehenden
Weltuntergang. Man muss sich die Situation vorstellen, dass der
'Stammapostel' Friedrich Bischoff 1870 geboren war und mithin 1950
bereits 80 Jahre alt war und waehrend der Jahre bis zu seinem Ableben
1960 gesundheitlich mehr und mehr abbaute und es damit fuer die
Glaeubigen absolut feststand, dass es nun nicht mehr lange dauern
koenne. Als dann im Jahre 1960 bekannt wurde, dass Friedrich Bischoff
gestorben war, pilgerten nicht wenige der Sektenmitglieder auf die
Huegel und Berge, ihrem 'Erloeser' entgegen.
Nun, wie wir alle wissen, ging die Welt im Jahre 1960 nicht unter,
die Kirchenleitung verharrte zunaechst in konsterniertem Schweigen,
waehlte schlieslich dann doch wieder einen 'Stammapostel' und
erklaerte, 'Gott habe seinen Ratschluss geaendert'. Das ist kein
Scherz und ich rate jedem, der an derlei Hybris (Anmassung, besondere
Form von Hochmut) berechtigte Zweifel hat dazu, sich selbst zu
informieren – man kann diese unfassbare Stellungnahme an
verschiedenen Stellen nachweisen.
Nun handelt es sich hier aber um einen 'Glauben', was eben weder
etwas mit gesundem Menschenverstand, noch mit Logik zu tun hat und
andererseits muss man sich auch immer vorstellen, was es fuer jeden
persoenlich bedeutet, aus einer solchen Organisation auszusteigen –
man verliert sofort seinen kompletten Freundes- und Bekanntenkreis,
evtl. sogar seinen Arbeitsplatz und die Sektenmitglieder stehen
jeweils auf dem Standpunkt, dass man 'Besser nie geboren waere, als
neuapostolisch und abgefallen' – ich weiss, heute wird das zwar
nicht mehr laut gesagt, aber dafuer nicht minder so gesehen.
Jedenfalls gibt es tatsaechlich diese miese Sekte heute noch und
um zu verstehen, wie man bis heute dort mit der eigenen Geschichte
und den offensichtlichen Fehlleistungen umgeht, bestrachten wir die
Kirchenpolitik waehrend der Zeit des Dritten Reiches, waherend der
Parteidiktatur in der DDR und die offiziellen Stellungnahmen der
Leitung dieser Organisation.
Direkt nach der Machtuebernahme Hitlers 1933 schrieb der o.g.
Kirchenfuehrer Friedrich Bischoff einen Brief an die Nazi-Partei,
bemuehte sich um gute Beziehungen zu den Nazis. Fortan mussten alles
Sektenmitglieder Unbedenklichkeitsbescheinigungen der NSDAP vorlegen,
Parteimitglieder wurden bevorzugt aufgenommen, vor jeder Kirche wehte
eine Hakenkreuzfahne und die Kirchenorgane verbreiteten rassistische,
antikommunistische und antibolschewistische Hetzpropaganda. Bei der
Zeitschrift 'Waechterstimme aus Zion' wurde der letzte Teil
gestrichen.
Die heute wieder aufgelegten und schamlos verbreiteten Neuauflagen
dieser Schriften (vor allem 'Unsere Familie') aus den Jahren 1933 bis
1945 wurden vor der Neuauflage von den entlarvenden Artikeln
gereinigt und es wird bis heute bestritten, dass sie jemals
existierten. Insofern muessen diese Nachdrucke als historische
Faelschungen angesehen werden – natuerlich aus offensichtlichen
Gruenden. Bis heute erklaert die Sektenleitung nur ganz allgemein,
dass Friedrich Bischoff nur die Organisation vor Repressalien
bewahren wollte und man verschweigt dabei natuerlich tunlichst seine
Parteimitgliedschaft in der NSDAP und die stramme
nationalsozialistische und rassistische Gesinnung. Er war uebrigens
selbst Eigentuemer der Druckerei, die die Hetzpropanganda
verbreitete.
Waehrend der Zeit der Parteidiktatur unterhielt die Leitung der
Sekte gute und enge Kontakte zur SED und die 'Neuapostotolische
Kirche' war bei der DDR-Regierung ebenfalls gut angesehen.
Das wusste schon der Geheimrat (Goethe): 'Sage mir, mit wem du
gehst und ich sage dir, wer du bist und sage mir, womit du dich
beschaeftigst und ich sage dir, was aus dir werden kann'.
Dass es sich bei der Neuapostolischen Kirche' quasi um die
natuerlichen Freunde, Anhaenger und Unterstuetzer, sowohl der
Nazi-Diktatur, als auch der DDR-Parteidiktatur handelte, wirft
wiederum ein sehr bezeichnendes und entlarvendes Bild auf diese
Sekte.
Wie man in der juengsten Zeit mit der eigenen Geschichte umgeht,
wurde an einem, sog. Informationsabend, der besser
Desinformationsabend geheissen haette, am 4. Dezember 2007 deutlich:
Man versuchte, anlaesslich einer Zusammenkunft mit der o.g.
'Apostolischen Gemeinde' ein dermassen falsches, unwahrhaftiges und
und einfach erstunken und erlogenes Geschichtsbild zu praesentieren,
dass die aelteren Sektenmitglieder, die die Zeit der 'Botschaft' 1946
bis 1960 noch miterlebt hatten, in der grossen Mehrheit unter Traenen
die Kirchen verliessen und die 'Apostolische Gemeinde' den Kontakt
vorlaeufig abbrach. Dadurch wurde es selbst diesen Herrschaften
(Leber und Drave und Konsorten) klar, dass sie damit nicht
durchkommen wurden und sie ruderten zurueck.
Und wem nicht spaetestens jetzt deutlich geworden ist, was fuer
eine miese und verlogene Sekte das ist und wer nicht zumindest nun
anfaengt nachzudenken und nachzulesen, dem ist eh nicht mehr zu
helfen, weshalb ich mit dieser Bemerkung schliesse.