Ja, früher herrschte mehr Zucht und Ordnung, was ich bis zu einem gewissen Grad toleriert habe und auch als gut befunden habe. Die Menschen gingen freundlicher miteinander um und man akzeptierte auch, was geschah, das war eben so. Mein Lehrer hat mir mehr als nur einmal eine geschmiert, weil ich respektlos war und mein Vater hat das für gut gefunden, es war nun mal ein Teil unserer Erziehung. Der Lehrer war eine Respektsperson, auf die wir geachtet haben, und er hatte auch das Recht, sich mit anderen Mitteln durchzusetzen, denn anders war das auch nicht möglich. Mein Sohn hatte noch 17 Mitschüler und die zählten als zu große Klassen, meine Schulklassen bestand damals aus 52 Schülern und der Lehrer musste alle im Griff haben und hatte sie auch alle unter Kontrolle, das schafft heute keiner mehr, weil der Respekt weg ist, ich muss ja keinen erklären, was an unseren Schulen los ist. Damals gab es auch immer noch eine schöne Mode, die Frauen und Mädchen wollten auffallen im positiven Sinne und waren auch gut frisiert waren. Heute habe ich schon lange keine Frau mehr gesehen, die vom Friseur kam, lach. Auch unsere Textilien, man konnte noch sehen, wer neue Sachen getragen hat, und heute sieht man keinen Unterschied, ob die Sachen vom Roten Kreuz kommen oder aus der Madeboutige. Das Rauchen war noch aktuell verbreitet und man hatte das Recht überall zu rauchen, wo man wollte, bis auf einige Ausnahmen, wie im Lebensmittelgeschäft oder an der Tanke und so weit, wo schon mal von sich aus keiner auf die Idee kam, dort zu rauchen. Das Bier schmeckt damals auch schon und es gab schon immer Leute, die es übertrieben haben, und die wird es auch immer geben. Man verdiente früher auch weniger und ging sorgfältiger mit seinen Sachen um. Es gab einige Sprichwörter, an die man sich gehalten hat, wie zum Beispiel, arm kann man sein, sauber muss man sein. Oder auch alte Sachen müssen nicht schmutzig und kaputt sein, wie der Herr so sein Geschirr usw. Jeder hat sein Idol, den man nacheiferte und so kam die schönste Mode in das Volk, wenn ich nur zurückdenke an die Schlaghosen, die plötzlich jeder wollte, zu kaufen gab es die am Anfang auch nur spärlich, als wurden die vorhandenen Sachen um geschneidert, bei den Mädels wurden die Röcke immer kürzer und sie fühlten sich damit auch sehr wohl im Sommer und sie waren eine Augenweite. So könnte ich jetzt noch ganze Romane schreiben, doch wer will das noch lesen.
Schriftsteller Winfried Schäfer - Rochau