… zu meinem Erstaunen fand ich heraus, dass die Wurzeln fast aller Religionen fast gleich, ja letztlich sogar identisch sind, wenn man sie richtig versteht. Wie in der Ring-Parabel in Lessings „Nathan der Weise“. Außerdem hatte ich ein detailliertes Verständnis für das Konzept, dass in all diesen Religionen die Mystiker der absoluten Wahrheit am nächsten sind und sich gegenseitig besser verstehen als die organisatorischen Kirchenführer und Theologen mit ihren oft scheinbar unterschiedlichen dogmatischen Begrenzungen und Definitionen – heißt doch das lateinische de-finire, definieren wörtlich Grenzen und somit Begrenzungen zu setzen. Solche Einschränkungen schaffen, besser konstruieren von vornherein per definitionem nur Unterschiede zu allem.
Das Konzept von Hölle, Himmel und Fegefeuer-Zustand und seinen Phasen wurde mir klar. Ich erkannte, dass diese Konzepte existieren, aber nicht die Orte sind, an denen wir letztlich nur vergebens auf „Godot“ warten werden. Stattdessen sind es Bewusstseinszustände, die wir ständig erleben. Wir können sie selbst einschalten, generieren oder aktivieren und auch abschalten.
Dies veranschaulicht eine Zen-Anekdote sehr treffend. Ein Samurai kommt zum Zen-Meister Hakuin und fragt ihn:
"Meister, Meister, eine Frage beschäftigt mich schon sehr lange. Gibt es denn wirklich so etwas wie Himmel und Hölle und Paradies? “
Der Meister kritisiert den Mangel einer Begrüßung und fragt bewusst provokant, warum er sich derart unhöflich aufführe. Wütend aber stolz stellt sich der Samurai nun als Mitglied der kaiserlichen Garde vor. Der Meister aber lacht nur laut auf:
"Der Kaiser würde nie einen so schäbigen Mann in einer derart klapprigen Rüstung anheuern!"; er will den Samurai ganz bewusst provokativ verspotten. Allerdings könnte es ihn den Kopf kosten – sogar ohne Straf-Drohungt für den Krieger. Denn wer einen Samurai beleidigte, konnte von diesem bekanntermaßen straflos auf der Stelle getötet werden. So zieht der Samurai sein Schwert, aber Hakuin hebt schnell genug seine Hand und sagt gerade noch rechtzeitig: "Siehst Du, eben öffnen sich die Tore zur Hölle!"
Der Samurai hält glücklicherweise ein und steckt sein Schwert wieder in die Scheide. Er sieht seine überschießende Tendenz, seinen Stolz und seine Arroganz urplötzlich und vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben ein. Und von einem toten Meister konnte er die so sehnlichst gewünschte, ja geforderte Antwort auf seine offenbar doch dringende Frage nicht mehr bekommen. Also verbeugt er sich, um sich zu entschuldigen und seinen erwachten Respekt zu erweisen. Hakuin antwortet:
"Und eben jetzt öffnen sich die Tore zum Himmel, zum Paradies..."
Teilt nicht das Neue Testamente der Bibel das gleiche Konzept, bei dem Christus am Kreuz von einem der beiden Massenmörder ausgelacht wurde? Der andere kritisiert dies und weist auf die Unschuld Jesu hin, der im Gegensatz zu den beiden Schurken nur Gutes tat. Diese Erkenntnis lässt alle Schuldgefühle des nun kürzlich und plötzlich "bekehrten" Massenmörders verschwinden, und Christus kann ihm versichern: Wahrlich, auch heute noch (nicht nur an einem unwahrscheinlichen Ende der Zeit als Ewigkeit!) wirst du mit mir im "Paradiese" sein. "Wo" und "Wann" denn, wenn nicht hier und jetzt!
Vergleicht man zudem die westliche und östliche Religion und ihre "Mystik", so ist sie keineswegs nebulös oder unklar. Tatsächlich ist sie um ein Vielfaches klarer als der Alltag und die oberflächliche, exoterische Religiosität. Und so werden die folgenden Aspekte durch valide Schlussfolgerungen klar und verständlich …