Zu der Zeit wurde noch nicht so ein Aufstand um Kinder gemacht. Die gehörten zu einer Ehe dazu und waren halt da. Unter Erziehung verstand man vor allem, sie zu reibungslos funktionierenden Menschen zu machen, egal ob zu Hause, in der Schule, in der Ausbildung, im Beruf oder sonstwo.
Wie Kinder ticken, wie sie sich entwickeln, was sie brauchen usw. spielte eigentlich keine Rolle. Sie wurden betrachtet wie kleine Erwachsene und so sollten sie sich auch benehmen.
Von daher haben sich auch die wenigsten Gedanken darum gemacht, wie "man Kinder beschäftigt" oder sie für etwas interessiert. Die Kinder waren sich selbst überlassen, "beschäftigt" hat man sie allenfalls durch Mithilfe im Haushalt, in der Landwirtschaft oder sonstwo. Arbeiten war wichtig, Spielen überflüssig.
Es gab auch nicht so viel Spielzeug wie heute. Zum einen war das nicht wichtig (man kann ja auch draußen immer irgendwas spielen), zum anderen war das Klientel dafür auch nicht in ausreichendem Maße da (kein Interesse, zuwenig Geld, zuweit weg von Einkaufsmöglichkeiten). Im Zweifelsfall mussten wir sowieso lieber etwas "arbeiten", wenn wir beim Spielen oder Lesen erwischt wurden. Schon von daher waren Kinder mehr von zu Hause weg als heute.
Das war auch für die Eltern praktischer. Denn, wer nicht da ist, kann auch keine Unordnung oder etwas dreckig machen.
Wenn man Kinder nicht sah und hörte, sie artig die Hand zur Begrüßung und zum Abschied gaben und in Gegenwart Erwachsener den Mund hielten, galt die Erziehung als gut.
Kinder sollten sich "anpassen". Daher gab's nichts extra. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, z. B. im Wartezimmer (oder Restaurants) Kinderbücher, Spielzeug oder Buntstifte auszulegen. Warten hieß stillsitzen und sich langweilen. Da mussten auch Kinder durch. Natürlich durften Kinder nicht sagen, dass sie sich langweilten. Denn wer sowas sagt, gibt nur zu, dass er nichts zu tun hat und mit sich nichts anfangen kann. Dem konnte man mit sinnlosen Aufgaben (außer in Wartezimmern, Restaurants, im Zug ..) meistens schnell abhelfen.