Hallo,
darf ich mit einer Gegenfrage beginnen? Was erwartest du dir davon, mit 17 eine Sportart zu beginnen, die rein auf Wettkampf ausgelegt ist und wo die Sportler in diesem Alter bereits unzählige Titel erreicht und Wettkämpfe mitgemacht haben, wo es zwischen 16 und 23 sogar schon nicht wenige Olympiasieger gibt?
Du darfst dich nicht wundern, wenn Trainer kein Interesse daran haben, mit Leuten zu arbeiten, mit denen sie nichts mehr erreichen und gewinnen können. Eines muss dir ja klar sein, auch wenn du noch so hart arbeiten möchtest, es lässt sich nicht mehr aufholen, was Kinder erreicht haben, die bereits im Kindergartenalter erste Figuren aufs Eis gesetzt und zu springen begonnen haben. Das gilt für alle Sportarten, die sich in diesem Bereich bewegen. Sei es nun Eiskunstlauf, RSG, Kunstturnen, Synchronschwimmen, etc. Selbst im Fußball, der ja nun gar nicht deinen Vorlieben entspricht, üben schon die fünfjährigen Knirpse und die Talentscouts halten unter den 14jähriigen Ausschau nach Begabungen, die in die Camps der Jugendkader oder gar in die Eliteschulen der großen Vereine geholt werden. Ein 17jähriger Anfänger hat da genausowenig Chancen, noch ein neuer Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, David Alaba, etc. zu werden. Der große Unterschied im Fußball besteht darin, dass es unzählige Hobbyvereine gibt, wo jeder Begeisterte nahezu jeden Alters mitmachen kann. Das ist in "deinen" Sportarten natürlich nicht möglich.
Leider hilft es auch nicht, dass du schon etwas Ballett gemacht hast, denn das ist in all diesen Sportarten eine "Pflichtübung", die schon sehr früh ins Training eingebaut wird. Die großen Eissportverbände engagieren dafür sogar eigene Ballettlehrer, die mit ihren Schützlingen arbeiten. Kleinere Verbände arbeiten mit örtlichen Ballettschulen zusammen, die Kurse für ihre Kunstläufer zu besonderen Konditionen abhalten und wo es Lehrer gibt, die z.B. Sprünge im Trockenen mit den Schülern üben können. Auch das ist also kein besonderer Vorteil für dich, um jetzt noch in einem Verein unterzukommen.
Und, mit Verlaub, aber ein gewisses Maß an Dehnbarkeit, ist eine Grundvoraussetzung in diesen Sportarten. Das heißt, dass die meisten den Spagat in alle Richtungen nicht erst lernen mussten, sondern von Natur aus mitbringen. Um eine gute Biellmann-Pirouette auf dem Eis zustandezubringen, muss man im Trockenen schon ein Stück Überspagat draufhaben, was auch für andere Figuren gilt.
Ich verstehe deinen Wunsch, auch in diesen Sportarten möge es Hobbykurse mit interessierten Trainern geben, was aber nur schwer durchführbar ist. Die Eishallen sind mit dem Training der Wettkampfläufer, den Eishockeymannschaften und dem Publikumseislaufen überall ausgebucht. Zudem gibt es nicht so viele Trainer, um auch noch Hobbyläufer versorgen zu können.
Im Ballett hat sich das anders entwickelt. Es gibt unzählige Ballettschulen und noch viel mehr Lehrer, die sich der Hobbytänzer aller Altersstufen annehmen. Für die Profi-Ausbildungen stehen staatliche Akademien und Musikhochschulen zur Verfügung, deren Lehrer die zukünftigen Bühnentänzer ausbilden und auf ihre Karrieren vorbereiten. Aber auch und gerade im Ballett hat nur eine realistische Chance, wer früh genug begonnen hat und nach gut fünf Vorbereitungsjahren mit der Berufsausbildung beginnt. Mit 16 sind die jungen Tänzer technisch fertig ausgebildet. Die letzten beiden Ausbildungsjahre dienen dem Feinschliff und der Vorbereitung auf Auditions und den Eintritt ins Berufsleben. Auch da hat kein 17jähriger Anfänger noch Möglichkeiten unterzukommen. Die ganz wenigen super Supertalente, die es auch noch etwas später schaffen, kann man weltweit (!) an den Fingern einer Hand abzählen. Ein Sechser im Lotto ist sicher wahrscheinlicher, als hier dazu zu gehören. Darum ist es unsinnig, immer wieder darauf zu beharren, dass es sehr vereinzelt solche "Wundertiere" gibt.
Ich kann also wirklich nur schwer nachvollziehen, was du dir gerade im Eiskunstlauf, erwartest und welche Ziele du verfolgen möchtest.
Was mir jetzt diesbezüglich an Hobbymöglichkeiten noch einfällt, ist das Publikumseistanzen. Dafür gibt es bei verschiedenen Vereinen Tanzkurse für gute Eisläufer aller Altersgruppen und tägliche Übungsmöglichkeiten im Rahmen des Publikumseislaufes ohne Trainer. Dafür wird dann ein Tanzkreis abgesperrt, in dem jedes Tanzpaar mit seinem Partner üben kann. Da das ein sehr beliebter – sorry - Seniorensport ist, finden diese Übungsstunden, in denen dann auch entsprechende Tanzmusik gespielt wird, zumeist um die Mittagszeit, etwa von 13:00 bis 14:000 Uhr, statt. Mehr Angebote an Hobbyläufer kenne ich leider auch nicht
Ich fürchte also, dein Wunsch wird sich nicht erfüllen lassen und du wirst auf Sport- oder Tanzarten ausweichen müssen, die Kurse für Teenager und junge, oder auch ältere Erwachsene anbieten.
Oh je, das ist jetzt ein langer Vortrag geworden. Wenn du mir aber deine Absichten und Vorstellungen näher erläutern möchtest, bin ich gerne bereit, das schwierige Thema weiter mit dir zu erörtern. Erfahrungen habe ich dazu etliche zu bieten, da ich bis vor kurzem immer wieder auch mit Eiskunstläufern gearbeitet und Kür-Choreographien betreut habe. Außerdem habe ich gute Kontakte zu einigen Eissportverbänden (Deutschland, England, Österreich, etc.), deren Mitarbeiter mir auch bei dieser Antwort behilflich waren, damit ich keine Neuerungen, die es immer wieder gibt, übersehe. Du kannst dich also gerne wieder melden.
Liebe Grüße
Lilly „Tanzistleben“