Keine einfache Frage, kann mich da nicht wirklich für eine klare Antwort entscheiden.
Ich lehne Erdogan und seine Politik in großen Teilen ab. Die Agenda von ihm und seiner Partei sorgt für einen zunehmenden türkischen Illiberalismus (Aushöhlung des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung) sowie eine Art "Reislamisierung" der Gesellschaft. Weder mit dem neoosmanischen, muslimisch-konservativem Politikstil der Regierung, noch mit den Werten und Inhalten, kann ich mich anfreunden.
Aber ich halte es schlichtweg für falsch, solch eine "wertegeleitete Außenpolitik" zu fahren. Es gibt weltweit eine große Zahl an Systemen, die autoritär sind oder zumindest solche Tendenzen haben. Das kann man kritisieren - aber die Frage ist immer: was bringt das eigentlich? Ist das eine Angelegenheit von uns, oder Zuständigkeit des türkischen Volkes? Erdogan wurde gewählt und wenn die Ablehnung ihm gegenüber so fundamental und mehrheitlich wäre, würde der türkische Präsident Kılıçdaroğlu heißen. Die Lieferung von Eurofightern zu stoppen, um die Demokratie vor einem weiteren Rückschlag zu bewahren, ist eine abenteuerliche Vorstellung. Zumal dann der Export von Waffen an Amerika bspw. auch dringend beendet oder zumindest stark gedrosselt werden müsste. Mit Freiheit haben die nie viel zu tun gehabt, vor allem nicht bei ihren Tätigkeiten, wo sie auf der halben Welt ihr Unwesen getrieben haben bzw. es immer noch tun.
Generell sehe ich Waffenexporte aber auch kritisch. Geld zu verdienen mit Waffen, die eine Region womöglich destabilisieren oder Fluchtbewegungen auslösen, mit denen wir später zu tun haben werden, schadet uns selbst. Die Elite (Konzerne wie Rheinmetall und co.) machen damit zwar ihren Profit und schütten hohe Renditen aus - aber dem Rest der Gesellschaft und auch dem Staat wird dadurch schwerer Schaden zugefügt. Erdogan würde ich zutrauen, dass er Waffen gegen Kurden einsetzt, was natürlich nicht zu begrüßen ist. Das tut er ja bekanntermaßen vor allem in Syrien und im Nordirak. Alleine jetzt leben Schätzungen zufolge bereits zwischen 1 und 1,5 Millionen Kurden in Deutschland - mehrheitlich sind sie vor der türkischen Aggression geflohen.
Fazit:
- Erdogan kritisieren, ja
- Die Demokratie in einem anderen Land retten wollen, nein
- Rüstungsexporte, nur in extrem restriktivem Rahmen