Ich vergleiche einfach mal die Schulzeit meiner Mutter, meiner Oma/meine Opas (mütterlicherseits) und mir. Logischerweise nur, soweit bekannt. Von meinen Großeltern weiß ich am wenigsten, es gibt aber zwei Klassenfotos meiner Oma und Infos in der Dorfchronik über die Schule im Verlauf der Jahrzehnte.
Oma (geboren 1915): Ihre Klasse war riesig und eine Dorfvolksschule (bzw wurde jahrgangsübergreifend unterrichtet). Es war nicht üblich, dass Mädchen lange zur Schule gingen. Eigentlich wäre nach der Volksschule Schluss gewesen. Im Fokus standen Religion, Deutsch (inkl. Schönschrift), Rechnen, Heimaterziehung und Handarbeiten bei den Mädchen. Meine Oma hat für damalige Zeiten eher unüblich dann noch eine weiterführende Schule (höhere Töchterschule) besucht und eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Generell hatten die Schüler zu gehorchen. Der Lehrer war die Respektsperson und war er sagte, war Gesetz.
Opa (ebenfalls 1915) hat ebenfalls die Volksschule besucht und danach eine Ausbildung gemacht. Dadurch war er eigentlich für die Eltern meiner Oma kein angemessener Umgang, da eben nur Volksschüler gewesen. Insgesamt war die Volksschule aber eher die Regel. Rohrstock und co waren bei ihm üblicher als bei meiner Oma. Man war der Meinung, dass die Jungen hart werden müssten.
In beiden Fällen wurde erwartet, dass Sonntags die Kirche besucht wurde. Auf dem Dorf konnte man das gut überblicken. Fächer ähnlich wie bei meiner Oma, nur ganz es statt Hauswirtschaft ein handwerkliches Fach.
Meine Mutter (1954) (selbe Volksschule wie meine Oma) musste nach Klasse 4 eine Prüfung ablegen, um das Gymnasium zu besuchen. (Musste jeder, der darauf wollte). Insgesamt gingen sehr wenige Schüler nach der 4. aufs Gymnasium. Der Großteil blieb auf der Volksschule oder besuchte eine Realschule. Körperliche Strafen gab es bei ihr nicht mehr, aber noch Dinge wie "in der Ecke stehen". Streiche gab's tatsächlich wesentlich mehr als bei mir. Fächer waren eigentlich vergleichbar mit meinen. Braver waren die Schüler laut Aussage meiner Mutter def. nicht mehr. Insbesondere in den letzten Jahren des Gymnasiums nicht. Auf ihrem Mädchengymnasium wurden insbesondere die männlichen Lehrer gerne mal verarscht. (Wer kennt es nicht, die Periode, die man jede Woche hat und mit der man damals aber im Sport durchgekommen ist). Wahlmöglichkeiten hatte sie auf dem Gymnasium keine. Die Sprachenfolge war mit Englisch, Latein, Französisch fix. Auch in der Oberstufe konnte sie nichts wählen. Was der Lehrer sagte, war in den Augen der Eltern aber immer noch Gesetz. Zumal die wenigsten Eltern die entsprechende Bildung hatten. Weder bei meinen Großeltern noch bei meiner Mutter gab es Schüler mit Förderbedarf oder ausländische Schüler. (Migrationshintergrund bei meiner Mutter schon, aber die entsprechende Mädchen und deren Eltern gehören den höheren Gesellschaftsschichten an)
Es würde erwartet, dass Gymnasiasten später studieren.
Ich (1990): Grundschule unspektakulär 😂. Ein paar Schüler mit Migrationshintergrund und vereinzelt Russlanddeutsche. Es war aber völlig problemlos Unterricht in deutscher Sprache möglich. Ich erinnere mich lediglich an eine muslimische Schülerin, die am Religionsunterricht der Grundschule nicht teilgenommen hat, weil er fest evangelisch war. Sie durfte auch nicht mit zum Schwimmunterricht.
Nach der Grundschule gab es die zweijährige Orientierungsstufe und erst danach die Verteilung auf die Schulformen. Es gab eine Empfehlung für eine Schulform, aber letztendlich war es Elternwille. Zusammensetzung der Klassen anhand der zweiten Fremdsprache. In der Orientierungsstufe gab es wesentlich mehr Schüler mit Migrationshintergrund, auf dem Gymnasium dann wieder weniger. Klasse in der OS war furchtbar, viele hatten dort null Respekt und einige Eltern haben das auch unterstützt (freie Entfaltung etc). Auf dem Gymnasium war es wieder anders. Dort haben wir die Lehrer mehrheitlich respektiert. Das lag aber auch an den Lehrern und einfach der Erziehung der Schüler dort. Strafen gab es keine festen. Bei schwereren Vergehen hätte es eine Klassenkonferenz gegeben. Aber zumindest bei meiner Klasse war das einfach nicht notwendig. Neben dem Abitur konnten auch der erweiterte Realschulabschluss und der schulische Teil der FHR prüfungsfrei erworben werden. Es wurde nicht mehr allgemein erwartet, dass alle studieren. Einige Lehrer hatten diese Denkweise aber noch. Kurssystem ab der Qualifikationsphase in Stufe 12.