Du bist kein böser Mensch, "nur" verbittert.
Gekränkt vom Leben: Wege aus der Verbitterung - SWR Kultur
Ich kenne deine Geschichte nicht, möchte ich auch nicht, weil im Moment zählt, dass DU erkennst, dass du ein Problem hast, das es zu lösen gilt. Und zwar, dass du in Wahrheit nicht in Ruhe gelassen werden willst, sondern Menschen haben willst, denen du vertrauen kannst.
Da du aber von vorneherein niemandem eine Chance gibst und das mit deiner Vergangenheit "rechtfertigst", wirst du nicht an dieses Ziel kommen. Solange du eben nicht erkennst, dass das Problem bei dir liegt. Weißt du wieso? Weil du unschuldige, unbeteiligte Menschen dafür "büßen" lässt, was andere dir angetan haben.
Das ist erstmal normal, das macht jeder Mensch (leider) und ist Grundsatz für viele Probleme in jeder Gesellschaft. Z.B. ein Freund enttäuscht dich, indem er ein Treffen für's Wochenende mit dir ausmacht. Ein Tag vorher meldet er sich ganz spät abends noch und sagt ab, es "sei was dazwischen gekommen". So, nun hast DU die Entscheidung, wie du das bewerten willst. Du kannst dich darüber ärgern, oder einfach einen neuen Termin mit ihm ausmachen und nicht weiter drüber nachdenken. Machst du halt was anderes.
Oft ärgern wir uns, weil die andere Person und wichtig ist und wir uns gefreut haben. Die andere Person dagegen nicht, zumindest nicht so sehr wie wir. Du warst in dem Fall keine Priorität und ganz ehrlich? Das ist vollkommen in Ordnung. Jeder hat sein eigenes Leben (du ja auch) und oft bist du nun mal NICHT so wichtig für andere wie sie für dich.
Das muss aber keine Niederlage oder Enttäuschung sein, weil man kann sich andere Menschen suchen. Denen man wichtiger ist, die gerne Zeit mit dir verbringen und sich auch Mühe geben um dich und dein Wohl.
Du magst derzeit so verbittert sein, dass du denkst, solche Menschen gibt es nicht, aber doch glaub mir, die gibt es. Mehr als du denkst. Was du dafür tun musst, ist dich öffnen. Nicht komplett klar, aber gib ihnen die Chance, dich kennenzulernen. Wenn du von vorneherein alle Schotten dicht machst, wird sich niemand die Mühe überhaupt noch machen wollen. Und das müssen sie auch nicht. Stell dir mal vor, du sagst lächelnd "Hallo, ich heiße xyz, freut mich, dich kennenzulernen.", hältst die Hand hin und die andere Person schaut dich mit einem "geh sterben"-Blick an. Da fühlt man sich nicht gut, was?
Und ganz ehrlich, ich kaufe dir irgendwie nicht ab, dass das wirklich du bist. Weil kein Mensch WIRKLICH so sein will, das ist eine reine Schutzhaltung, weil man innerlich schwach und zerbrechlich ist. Im Moment. Aber daran kann man arbeiten und das solltest du tun, sonst endest du wie ein Familienmitglied von mir, das sich letztes Jahr das Leben genommen hat. Er war so verbittert und unsozial geworden mit einer "L*ckt mich doch alle mal"-Einstellung, dass er nicht mal mehr an die Tür kam, um seinen Besuch reinzulassen und dann nicht aus dem Zimmer kam, um sich mit uns zu unterhalten. Lieber saß er vor dem Fernseher oder tat irgendwas, was nicht mit sozialer Interaktion zu tun hatte. Wir brachten ihm Kuchen, Geschenke, umarmten ihn, fragten immer wie es ihm geht, kochten für ihn, gingen mit seinem Hund raus, aber keine Liebesbekundung drang zu ihm durch...er war sogar in Therapie und arbeitete an sich, manchmal gab es Lichtblicke, wo er von sich aus uns fragte, ob wir was unternehmen und wir hatten sehr tolle Tage, wobei er dann auf jedem Ausflug anfing, über alles zu hetzen und schlecht zu reden. Das sorgte nur noch für Streit und immer mehr Verwandte wollten mit ihm nichts mehr zu tun haben. Dadurch fühlte er sich in seiner Wahrnehmung bestätigt. Dass er aber mit seinem eigenen Verhalten die Leute vertrieben hatte, die ihn bekochten, ihn drückten, ihn anriefen, ihn liebten etc. das merkte er nicht. Und als er es dann doch merkte, war es zu spät. Kaum wer hatte noch Lust auf ihn und seine Art. Er hatte sich selbst alles Schritt für Schritt zerstört, ohne es zu merken. Weil er vor lauter "Euch zeig ich's" und Verbitterung keine Liebe mehr zulassen konnte. Am Ende waren nur noch seine Partnerin, sein Bruder und ich da. Und trotz, dass er so eklig gegen uns alle war, bemühten wir uns, ihn nicht alleine zu lassen. Tja und dann war er plötzlich nicht mehr da. Von einem Tag auf den anderen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Dein Problem ist deine Wahrnehmung. Nicht andere Menschen. Du denkst "jeder macht mir nur das Leben schwer", aber das ist nicht so. Wenn du auf Menschen zugehen würdest, offen wärest, würdest du sehen, dass jeder leidet, weil ihm Unrecht getan wird und jeder versucht irgendwie damit klar zu kommen. Jedem geht es so wie dir, fast schon paradox, nicht? Der Unterschied ist, dass die meisten sich nicht vor anderen komplett verschließen, sondern das Risiko eingehen und sich anderen öffnen (nicht zu schnell natürlich). Und sie werden dafür belohnt. Mit Freunden, Bekannten, Familie, schönen Momenten, schönen Erinnerungen, Menschen die zu ihnen halten, sie lieben, sich um sie sorgen. Weißt du warum? Weil sie es zulassen. Und das musst du auch, wenn du das Leben genießen willst. Wenn du merkst, dass jemand nach mehreren Treffen zu seltsam zu dir ist, kannst du denjenigen immer noch meiden. Aber gib den Menschen eine Chance, die meisten wollen dir nicht wirklich was Böses, sie sind einfach nur verletzt. So wie du. Da hat jeder was miteinander gemeinsam. Also spring über deinen Schatten und geh auf die Menschen zu, lass sie in dein Leben.