Die Sitzordnung im deutschen Bundestag wird tatsächlich, wennauch nur ganz grob, am politischen Spektrum ausgerichtet. Das ist derzeit von links nach rechts: Linke, SPD, Grüne, CDU/CSU, FDP und AfD.
In der Paulskirche, dem ersten gesammtdeutschen Parlament überhapt, sah das Spektrum noch ganz anders aus als heute im Bundestag. Würden sich die Linken der Verschiedenen Epochen oder die Rechten der verschiedenen Epochen einander begegnen, dann könnten die sich überhaupt nicht leiden.
Rechts saßen damals die Vertreter des Adels und des fürstentreuen, konservativen Bürgertums. Nach ihrer Meinung hätte Deutschland entweder extrem föderalistisch sein müssen oder gar nicht erst gegründet werden sollen. In der Mitte saßen die gewöhnlichen, mittelständigen Bürger, welche sich zwar mit der Monarchie anfreunden konnten, jedoch demokratische Parlamentswahlen und eine volksfreundliche Rechtsschreibung forderten. Links saßen die Nationaldemokraten. Gemäßigte Linke forderten, dass die Monarchie in etwa so aussehe, wie heute in England, also nur noch rein repräsentativ, und das Volk der Souverän im Staate wäre. Die radikale Linke forderte sogar eine Republik. Die meisten Abgeordneten forderten, wenngleich sie das Kaisertum nicht ablehnten, die Aufhebung des Adels als Stand.
Im deutschen Kaiserreich blieben Rechts und Mitte fast mit den alten Rechts und der alten Mitte identisch, mit der Außname, dass ein gewisser Miliarismus hinzu kam und man mittlerweile einen deutschen Nationalstaat nicht mehr ablehnte. Links hatte sich aber radikal verändert. Links war nun vor allem die Bewegung des internationalen Arbeiterklasse und forderte den Klassenkampf.
Mit der Weimarer Republik zersplitterte das Parlament nun nicht mehr in drei Spektren, sondern auch innerhalb der Spektren in tausende von Kleingruppen.
Die Linke konnte sich am Ende weniger einigen als die Rechte. Die Sozialdemokraten schmollten noch immer mit der USPD bzw. der KPD, weil diese sich in der Gründungszeit der Republik von der Mutterpartei abgetrennt hatte. Die Kommunisten bezeichneten Menschen wie Friedrich Ebert oder Phillip Scheidemann als rechte Linke, weil sie keine Revolution wollten, sondern schnell einen stabilen Staat aufzubauen versuchten. Umgekehrt beklagten sich Ebert, dass die KPD nicht vorhabe, mit einer Revolution bessere Zustände zu schaffen, sondern die Revolution als Dauerzustand ansehe.
In der Mitte saßen dann Klerikale, Konservative, Liberale oder Wirtschaftsvertreter, die sich auch nicht immer einig waren, jedoch noch am ehesten in der Lage gewesen sind, eine Koalition zu bilden. Ein typisches Beispiel der politischen Mitte wäre zum Beispiel Gustav Stresemann.
Rechts waren meistens Anhänger des Militarismus, die die einstige Stärke des deutschen Reichs wieder zurück wollten und den Frieden nicht als Frieden anerkannten.
Das das Wort „Frieden“ unter vielen Deutschen damals nicht gut ankam, lag am Versailler Vertrag. Es stimmt, dass Otto von Bismarck den niedergeschlagenen Franzosen im deutsch-französischen Krieg ebenfalls hohe Demütigungen aufdrückte. Mit dem deutschen Reich ging man aber noch viel extremer zu.
Die politische Mitte und die SPD versuchten zwar zum Teil, das Ausland um Milde zu bitten, aber das klappte nicht. Verträge wie der Locarno-Vertrag wurden später sogar von den Entente-Mächten mutwillig gebrochen.
Die NSDAP, einstmals die DAP, war da eine Sonderform unter den Rechten. Einerseits hatte sie den Anspruch, sozialistisch zu sein, andererseits kam es zu einem Schulterschluss mit der Schwerindustrie, wie zum Beispiel Siemens oder Thyssen Krupp. Am ehesten konnte man sie als Egoisten bezeichnen. Die Kerle haben unser Land nicht geliebt und haben uns Deutsche an der Front verfeuert, als seien wir Brennholz gewesen. Sie hatten auch nicht vor, das alte Deutschland wieder auferstehen zu lassen, wie heute viele Behaupten. Ganz im Gegenteil: Man versuchte, die spuren des alten Deutschland zu vernichten und ein neues Deutschland zu schaffen: ein riesiges Nazireich. Man wäre sogar so skrupellos gewesen, die deutschen Südtiroler aus ihrer Heimat zu vertreiben und stattdessen als Krimgoten auf der Krim anzusiedeln, nur um den Bündnispartner Italien nicht zu verlieren. Das sieht mit nicht gerade wie Volksliebe aus. Hier ging es nicht um regionale, traditionelle Eigenarten, die man erhalten wollte, man dachte nur noch in der Kategorie Rasse. Die Kultur konnte man zur Not so anpassen, dass sie der Regierung nicht im Wege stünde.
Aus dem Militarismus wuchs dann der rechte Rassenkampf und die Ermordung von Behinderten und unerwünschten Personen, dem viele Millionen zum Opfer vielen. Hauptgedanke war eine Expansion nach Osten. Man forderte in etwa das Gebiet vom Rhein bis zum russischen Uralgebirge, bis hin zu kaspischen Senke und den Kaukasus.
In den kommunistischen Ländern wuchs aus der Arbeiterbewegung der linke Klassenkampf, dem nicht weniger Menschen, aufgrund seiner längeren Andauer vermutlich sogar noch mehr Menschen zum Opfer vielen. Unerwünschte Gesellschaftsschichten, angebliche Antirevoultionäre, Christen, Buddhisten und Oppositionelle wurden ausgegrenzt, entmenschlicht, ausgebeutet, versklavt und ermordet. Eines der Hauptziele war eine Expansion nach Westen. Stalins Ziele waren sowjetische Sicherheitsgebiete in Finnland, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Istanbul mit dem Bosporus und den Dardanellen, des dänische Ostsee-Ausgang, sowie Seegebiete in Indien und im persischen Golf. Damit hätte er die Ostsee beherrscht und zwei Zugänge zum Mittelmeer und den indischen Ozean gehabt, zudem den einzigen Zugang vom Mittelmeer zum schwarzen Meer.
Da ist es auch kein Wunder, dass der 2. Weltkrieg so unseelig und brutal war und sogar den barbarischen ersten Weltkrieg überschattete.
Ein sehr trteffendes Zitat von Luigi Sturzo:
„Insgesamt kann man zwischen Rußland und Italien nur einen einzigen Unterschied feststellen, daß nämlich der Bolschewismus eine kommunistische Diktatur oder ein Linksfaschismus ist und der Faschismus eine konservative Diktatur oder ein Rechtsbolschewismus ist.“
In der Bundesrepublik war die rechte Mitte anfangs Anhänger der Westbindung, die Linke war ein Anhänger der Ostbindung. Mit der Gründung der EU und der in dem 1990 -stattfindenden Wiedervereinigung verschob sich das Spektrum auf Themen wie Einwanderung, Europapolitik und den Welthandel.
Man kann Rechts, Mitte und Links heute in etwa so zuordnen:
Einwanderung
links: Multikulti
mitte: Integration
rechts: Asymilation oder Remigration
Europa
links: Soziales vereintes Europa
Mitte: Vereinigte Staaten von Europa, hauptsächlich auf eine starke Wirtschaft bedacht, im Stile der USA mit seinen 50-Bundesländern.
rechts: Europa der Vaterländer innerhalb eines europäischen Wirtschaftsbundes, der keine parlamentarischen Rechte besitzt
Kultur
links: Multikulti
Mitte: Amerikanismus
rechts: Identitarismus
Wirtschaft
links: Sozialismus, Verstaatlichung, keine Freihandel, sondern sozialen, fairen Handel
Mitte: Euro, schwarze Null, vollständige Europäisierung der deutschen Wirtschaft
rechts: D-Mark, nationale Normen, stärkeren Handel mit Russland, in vielen Fällen aber auch einen starken Protektionismus.
Würde jetzt zum Beispiel ein ehemaliger rechter wie Friedrich Wilhelm IV. auf einen rechten von heute zukommen und ihn auffordern, dass es keines deutschen Nationalstaates bedarf, sondern eine europäische Monarchen-Elite, von denen jede über ihr eigenes kleines Gebiet regiert, dann würden die sich ganz schön in die Wolle bekommen. Und würde ein Linker von damals, zum Beispiel Ernst Moritz Arndt, auf einen Linken von heute treffen, dann würde er sich schon ziemlich aufregen, dass die Linken die nach ihm benannte Uni umbenennen wollen, weil sie Arndts Einstellung zu Ausländern ablehnen.
Man sieht: Das ist alles einem Wandel unterworfen, der sehr unübersichtlich ist. Aus meiner Sicht hat diese Kategorisierung in der Geschichte Menschheit immer mehr Schaden verursacht, als einen Nutzen gehabt.