Kommen Sie nach SchwedenFordert Kommissar Simon Häggström deutsche PolitikerInnen auf, die immer noch an der Freierbestrafung zweifeln. Wie das „Nordische Modell“ funktioniert und wie er und seine KollegInnen Freier verhaften und Prostituierte schützen, erzählt er in seinem Buch „Auf der Seite der Frauen“.
Natürlich muss man ihm diese Frage stellen, denn sie ist das Hauptargument gegen die Freierbestrafung, die Schweden schon 1999 eingeführt hat. „Viele Menschen behaupten: Wenn man die Freier bestraft, rutscht die Prostitution in die Illegalität und dann kann die Polizei die Menschenhändler gar nicht mehr fassen.
Prostitution kann nicht in den Untergrund rutschen, weil sich Prostituierte und Kunden finden müssen“, erklärt Häggström. Seit 2009 arbeitet der Kriminalkommissar im Stockholmer Dezernat für Prostitution und ist inzwischen dessen Leiter. „Wenn eine Frau neu in die Stadt kommt, muss sie sich den Freiern anbieten. Sie inseriert im Internet. Und wenn die Freier sie finden können, können wir es auch.“
Über eines wundert sich der Schwede Häggström: „Ich finde es faszinierend, dass das Argument von der Illegalität hier in Deutschland so verbreitet ist“, sagt er. Denn er hat sich auf seiner Lesereise angeschaut, wie es in Deutschland läuft. „Bei uns in Schweden sind Frauen, die sich prostituieren, vollständig entkriminalisiert“, erklärt er. „In Deutschland gibt es Sperrbezirke. Wenn eine Frau dort der Prostitution nachgeht, muss sie ein Bußgeld zahlen.“ Bis zu 500 Euro können das sein. Bei seinem Besuch in Stuttgart habe er gesehen, dass dort Prostituierte im Gefängnis säßen, weil sie die Strafe nicht zahlen konnten.
Das gilt auch, wenn eine Frau sich nicht bei den Behörden anmeldet. Da in Deutschland nur rund 40.000 Prostituierte offiziell registriert sind, sich hierzulande aber insgesamt rund 300.000 Frauen prostituieren, gehen also eine Viertelmillion Frauen einer illegalen Tätigkeit nach. „Das verursacht doch Prostitution im Dunkelfeld“, stellt der Kommissar fest und erklärt: „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in Deutschland eine Frau, die sich illegal prostituiert, mit einem Problem an die Polizei wendet, ist darum gleich Null.“
Regelrecht schockiert hat Simon Häggström, was er bei seinen Besuchen in den deutschen Rotlichtbezirken zu sehen bekam. Am schlimmsten seien für ihn die Verrichtungsboxen in der Berliner Kurfürstenstraße gewesen. Dort hat die Stadt am Straßenstrich Klohäuser aufgestellt, in denen die Freier die Frauen benutzen.
"Frauenkauf gilt in Schweden als eins der beschämendsten Verbrechen."
Simon Häggström kann es nicht fassen und entschuldigt sich beim Publikum vorab für seine Wortwahl. „Da ist Scheiße, da ist Urin, da ist Dreck. Das ist jenseits der Menschenwürde.“
https://www.emma.de/artikel/prostitution-nordisches-model-simon-haeggstroem-kommen-sie-nach-schweden-341655
Wie denkt Ihr darüber?