Tatsächlich sind alle Sprachen "im Fluss" und ändern sich ständig. Dazu kommt die große Zahl technischer Neuerungen, die sich vorwiegend auf Englisch verbreiten. -
Vor ca. 60 Jahren galt es aber noch als "chic"(schick), sich möglichst gebildet zu äußern und sich dadurch den Anstrich einer erhöhten Bildung zu geben. Die Sätze in den medialen Nachrichten waren lang und verschachtelt, aber ausführlich, bis die Sendestationen eine schleichende Sprachvereinfachung einführten, die deutlich kürzere Sätze mit sich brachte. - Vor ca. 50 Jahren brach die englischsprachige Popmusik herein, die anfangs kaum verständlich war und den Satzbau deutlich verkürzte. Da viele Popgruppen der Anfangsjahre aus Schichten mit geringer Bildung kamen, setzte sich im Englischen und dann auch bei uns eine noch weiter vereinfachte Sprache durch, teilweise mit bewußt falscher Schreibweise ("Coz I luv You"). Daraus entwickelten sich zahlreiche Anglizismen, die heute zu unserem Sprachstandard gehören, aber vor 70 Jahren noch ganz unbekannt und unverstanden waren. - Seit etwa 30 Jahren läßt nun auch das Schulniveau nach, was sich besonders in fehlenden Idiomen und falsch gesetzten Präpositionen äußert; aus der mittelalterlichen "Klotzbeute" (= wilde Honigernte aus einem Baumstumpf) ist heute der "Kotzbeutel" geworden - und keiner merkt´s! Zusätzlich ist ein verkürzter und schnodderiger Straßenslang eingezogen, der völlig im Gegensatz zum früheren Streben nach Bildungssprache wie in den 1960er Jahren steht. Inzwischen schaffen es auch manche Politiker und öffentliche Redner nicht mehr, sich treffsicher aus der Kiste spracheigentümlicher Redewendungen zu bedienen und fabrizieren so manchen Versprecher, weil ihnen der eigentliche Wortlaut entglitten ist. Sogar viele Radiosprecher beherrschen keine Bildungssprache mehr und würfeln erforderliche Präpositionen munter durcheinander; nur die führenden Nachrichtensprecher der Öffentlich-Rechtlichen sind noch im Besitz derjenigen Sprachqualitäten, die vor 60 Jahren vorausgesetzt wurden. Der angenommene Verfall der deutschen Sprache ist also schleichend und tatsächlich hier, aber insgesamt auf allen Ebenen der Bevölkerung. Die weiter laufende Globalisierung und der Schul- und Lehrermangel sowie die weiter zunehmende Migration führen diese Entwicklung fort, ohne dass man genau einen Schuldigen ausmachen könnte - es ist der "Zeitgeist", und selbst Goethe wird wohl bald nicht mehr voll verständlich sein nach etwa 300 Jahren des modernen Deutsch. Als eine der wirklich wenigen Ausnahmen habe ich den australischen TV-Doku-Host Christopher Clark hören und sehen können, der uns Deutschen ein hervorragendes Beispiel und Vorbild für echtes, echt gutes und trotzdem allgemein verständliches Deutsch sein kann - meine Hochachtung !