Guten Tag, Amoremia
Was du beschreibst ist unser heutiges Bild einer Hexe, das vermutlich auf "moderne" Dichter zurückzuschieben ist. Im Mittelalter wurde dieses Klischee soweit wie mir bekannt nicht als Grundlage für eine Hexe gelegt.
Die eigentlich große Verfolgung der Hexen fand auch nicht im Mittelalter, sondern in der Renaissance statt. Verfolgt wurden am Anfang christliche Splittergruppen, die die Kirche als Gefahr ansah (zb. die Waldenser). Nachdem diese aber ausgelöscht oder zumindest in die Versenkung vertrieben wurden, waren plötzlich viele Leute "arbeitslos", die von der Verfolgung profitiert hatten. So entwickelt sich - zusammen mit einem extremeren Zeitgeist - schnell die Verfolgung von Juden als Andersgläubige. Ihnen wurden die späteren Hexenverbrechen unterstellt wie Kindsmord, Giftmischerei, Teufelsbuhlschaft, Götzendienst etc.
Von da an war es nur ein kleiner Schritt hin zu den Schadzauberinnen, deren Verfolgung sehr stark von Heinrich Kramer und Innonenz VIII. vorangetrieben wurden. Hier konnte es dann aber auch jede Frau treffen - du warst zu schön, du warst zu alt, du hattest mehr Erfolg mit deine Kühen, deine Felder waren besser, dein Haus sauberer, du warst zu gläubig (ja, auch das konnte einen in den Verdacht der Hexerei bringen), deine Nachbarn wollten an deinen Besitz - oder auch die Kirche - oder oder oder.
Die Liste möglicher Motive waren schier endlos. Vielleicht überlebten alle deine sechs Kinder, während deiner Nachbarin drei ihrer Kinder bereits im Kindbett gestorben waren - und schon beschrie sie, dass du ihren Kindern das Leben für deine Brut mit dem Satan rauben würdest, und schon saßt du in einem Folterkeller.
Doch auch Männer waren vor dem Vorwurf der Zauberei nicht sicher, wenn es sie auch weniger häufig trat. Ihnen wurde in den meisten Fällen entweder der Geschlechtsverkehr mit Tieren, das anlernen jüngerer Hexen oder ein Werwolf zu sein unterstellt.
Du siehst also - es konnte jeden, und zwar buchstäblich jeden, treffen!