Völkermord wird als eine Handlung definiert, welche mit Absicht begangen wird, eine bestimmte Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören. Die Völkermordkonvention legt hier gewisse Handlungen fest:
- Tötung von Mitgliedern der Gruppe,
- Zufügung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe,
- Vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die darauf abzielen, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
- Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe abzielen,
- Gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.
Wobei jedoch die Absicht hier entscheidend ist. Wenn eine Gruppe von Menschen eine Region oder ein Gebiet betritt, um dort von Angesicht zu Angesicht möglichst viele Menschen einer nationalen, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe zu töten, kann man hier z.B. von einer klaren Absicht sprechen. Es ist hier auch nicht relevant, wie viele Menschen dabei getötet werden. Der Terminus "Völkermord" ist somit sehr spezifisch und streng ausgelegt. Nicht jede Massentötung oder jedes Kriegsverbrechen fällt automatisch unter die Definition des Völkermords, auch wenn die Taten extrem grausam sind und viele Opfer fordern. Es muss also die klare Absicht nachgewiesen werden, die Gruppe aufgrund ihrer Identität zu vernichten. Bezogen auf die Hamas und Israel - welche Sie wohl in dieser Frage ansprechen - sieht es folgendermassen aus:
Israel hat eine sehr hochentwickelte Armee, die grundsätzlich in der Lage wäre - mittels Flächen Bombardement den Gazastreifen und dessen Bevölkerung innerhalb weniger Tagen zu +/- 90% auszulöschen. Das wäre jedoch ein Vorgehen, welches sehr offensichtlich wäre und international wohl zu einer Ausgrenzung Israels führen würde. Wie sieht das Vorgehen von Israel denn nun aus?
- Seit dem 07. Oktober 2023 wurden über 65'000 Bomben auf den Gaza geworfen.
- Es gibt eine umfangreiche Bodenoffensive, welche zur aktuellen Zeit über die Hälfte des ganzen Gazas eingenommen hat.
- Es sind mittlerweile ca. 35'000 Menschen getötet worden - davon über 14'000 Hamas-Mitglieder, jedenfalls laut den Aussagen des IDFs.
- Krieg dauert bereits über sechs Monate an.
Welche nachgewiesenen Massnahmen wurden zur Minimierung von zivilen-Opfern ergriffen?
- Warnungen und Evakuierungsaufforderungen - Millionen von Flugblätter abgeworfen, das Tätigen von Telefonanrufen und das Senden von SMS, um Zivilisten über bevorstehende Angriffe zu informieren und sicherere Orte anzugeben.
- Roof Knocking - nicht tödliche Bombe als Vorwarnung auf das Dach eines Gebäudes abgeworfen um vor einem bevorstehenden Angriff zu warnen.
- Es wurden humanitäre Korridore errichtet und operative Pausen eingelegt - gewisse dieser Massnahmen wurde jedoch laut Medien Berichten auch verletzt.
- Abbrüche von Operationen, wenn z.B. Kinder auftauchten.
- Spezielle Rechtsteams, die in die Planung und Ausführung von Militäroperationen eingebunden sind.
Anhand von diesen Massnahmen könnte man argumentieren, dass Israel nicht die gezielte Absicht verfolgt, die Bevölkerung des Gazas zu zerstören. Auch die fallenden Todesraten (pro Tag) sprechen eher dafür, dass man nicht die Absicht verfolgt, möglichst viele Palästinenser zu töten. Zum aktuellen Zeitpunkt wären diese Menschen nämlich in sehr hohen Zahlen mehr oder weniger im selben Gebiet, d. h. wäre hier auch bereits ein sehr kleiner Fehler fatal.
The Decline of Deaths in Gaza - The New York Times (nytimes.com)
Hamas hingegen hatte eine etwas andere Vorgehensweise. Die Mitglieder der Hamas durchbrachen die israelische Grenze und mordeten mit voller Absicht und mit offensichtlich sehr viel Hass.
- Es wurden unbewaffnete Menschen gezielt erschossen und hingerichtet.
- Zivilisten wurden enthauptet, andere Menschen wurden verbrannt.
- Frauen erfuhren sexuelle Gewalt und Vergewaltigungen.
- ...
Der Punkt ist jedoch, wir müssen überhaupt nicht darüber argumentieren, ob diese Taten als Völkermord eingestuft werden können. Die Hamas hat selbst in Ihrer Gründungscharta die Vernichtung des jüdischen Staates und des Zionismus fest verankert. Der 07. Oktober 2023 stellte für die Hamas somit lediglich ein von vielen Gelegenheiten, Ihre Worte in Taten umzusetzen.
Kollateralschäden beziehen sich im militärischen Kontext auf unbeabsichtigte zugefügte Schäden an Personen (unteranderem auch Zivilisten) oder Objekten, die nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligt sind. Wenn eine Bombe ein legitimes Ziel trifft und dadurch z.B. auch ein benachbartes Gebäude schaden zufügt, nennt sich das Kollateralschaden. Daher fordert das Völkerrecht Kriegsparteien dazu auf, solche mittels allen möglichen Massnahmen möglichst zu minimieren.
Selbstverteidigung wird durch Artikel 51 der UN-Charta definiert. Grundsätzlich benötigt es hier einen bewaffneten Angriff, damit man auf dieses Recht Anspruch hat. Zudem muss der "Gegenangriff" unmittelbar geschehen. Das Recht auf Selbstverteidigung gibt es auch wenn der eigentliche Angriff von einem nicht-staatlichen Akteur eingeleitet wurde.
Resolution 1368 des UN-Sicherheitsrates – Wikipedia