Hallo Ontario.
"Wäre das für den einen oder anderen von euch, auch ein Grund aus der Kirche auszutreten, wenn ihr soviel an Kirchensteuer zu zahlen hättet"
Nö, also für mich nicht.
Wer 3000€ "Kirchensteuer" muss schon ein Brutto-Jahreseinkommen von 120.000€ oder mehr haben. Das ist das vierfache des durchschnittlichen Bruttoeinkommens in Deutschland. Wenn ich jetzt plötzlich so viel Kohle hätte, würde ich mir erst mal einen richtig guten Single Malt und eine kubanische Zigarre (vorzugsweise Partagas) zulegen.
Ich schätze, wenn ich mir plötzlich um so normale Probleme keine Sorgen mehr machen müsste... - also sowas hier: "Zuzahlung für die Antibiotika + Kosten für's Verbandszeug --> Mist... Warum diesen Monat? Wenn jetzt das Kind auch noch schnell irgendwas für die Schule braucht, reichts am Monatsende vielleicht nicht mehr für den Wocheneinkauf."
...dann fände ich es wahrscheinlich auch ganz okay, qua Solidaritätsprinzip zur Finanzierung eines Gemeinwesens (wie z.B. Staat, Kirche, Gewerkschaft, Sozialversicherung) eben mehr beitragen zu müssen, als Leute, die weniger Geld haben. Meine entsprechend hohe "Kirchensteuer" würde ja z.B. auch die Seelsorge und kirchliche Projekte für alle mitfinanzieren, die gar keine Kirchensteuer bezahlen können (z.B. Erwerbslose, Schüler, Auszubildende, Geringverdiener, Häftlinge, die meisten Alleinerziehenden).
"Da die Höhe der Kirchensteuer von meinem Einkommen abhängig ist, wurden mir die 8,5% Kirchensteuer vom Brutto zuviel."
Die sogenannte "Kirchensteuer" beträgt je nach Land 8,%-9% von der zu zahlenden Einkommensteuer (ggf. auch Kapitalertragssteuer) -- jedoch nicht vom Bruttoeinkommen!
Für hohe Einkommen greift ferner fast überall eine sogenannte "Kappungsgrenze", so dass die Kirchensteuer nie mehr als 3,5% des zu versteuernden Einkommens beträgt. Pech haben hier jedoch Leute, die in Bayern wohnen.
Die Frage ob eine Religionsgemeinschaft "Kirchensteuer" einziehen lässt und wie hoch der Steuersatz ausfällt, muss in jedem Fall von einer gewählten Mitgliedervertretung entschieden werden.
"Verlieren eingegangener Patenschaften, keine kirchliche Trauung möglich, keine Sakramente empfangen usw"
Wer sich vor einer staatlichen Behörde vom katholischen Glauben lossagt zieht sich erst mal (vorübergehend) die Exkommunikation zu. Die Regel dürfte so alt sein, wie das Christentum.
"Das sich ein Bischoff eine Residenz im Limburg für über 30 Millionen Euro errichten liess, dieser Einwand von mir blieb allerdings kommentarlos seitens der Kirche."
Das zwar ein ziemlicher Skandal, viele Gläubige haben sich zurecht darüber aufgeregt und Limburg hat jetzt nicht ohne Grund einen neuen Bischof - aber die Renovierung des Diözesanen Zentrums St. Nikolaus hat mit der Kirchensteuer nicht viel zu tun. Diese wurde aus dem Vermögen des bischöflichen Ordinariats finanziert und daran haben Kirchensteuern nur recht wenig beigetragen. 1/3 bis 1/2 des Vermögen des bischöflichen Stuhls ist jetzt natürlich futsch und lässt sich auch nicht wieder aufbauen...
Die Kirche ist die eine Seite, der Glauben ist die andere
Das lässt sich aus christlicher Sicht nicht trennen. Siehe Glaubensbekenntnis.
Geht es hier nur ums Geld, wenn man dem "Abtrünnigen" erklärt, welche Nachteile er durch den Austritt aus der Kirche hat ?
Nein.
In der Geschichte des Christentums haben die Leute ihren "Kirchenaustritt" vor der Staatsmacht zwar meistens angesichts angedrohter Enteignung, Vertreibung Folter oder Todesstrafe erklärt. Allerdings macht das kanonische Recht keinen Unterschied für Leute, die nur wegen des Geldes ihren Kirchenaustritt erklären: Erstmal keine Sakramente mehr und übernommene Patenschaften ruhen.
Allerdings kann man heutzutage gleich wieder mitmachen, sobald man es sich anders überlegt. Im frühen Christentum blieben die Leute für Bußzeiten von mehreren Jahren von den Sakramenten ausgeschlossen.