Vielleicht lese ich die falschen Zeitungen. Vielleicht schaue ich die falschen Sendungen. Vielleicht. Doch ich habe den Eindruck, dass wir gerade bei einem Thema nicht so richtig hinschauen – hinschauen wollen. In ganz Deutschland gab es in den letzten Wochen mehrere Anschläge auf Moscheen: In Bielefeld legten Unbekannte in zwei Moscheen Feuer, in Berlin brannte ein Anbau aus, in Oldenburg flogen Brandsätze, in Mölln ist eine Moschee und erst gestern gab es noch einen Brandanschlag auf einer Moschee in Ulm, innerhalb weniger Wochen zuerst beschmiert und dann bepinkelt worden. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen.
Die Vorfälle sind dokumentiert. Und bleiben doch Randnotiz. Wir finden sie als Nachricht, als Einspalter vielleicht, als kurze Meldung. Die Aufbereitung, der gesamtgesellschaftliche Kontext, die Einordnung fehlt. Wo bleiben die Leitartikel, die der bloßen Nachricht einen Hintergrund geben? Auch die Solidaritätsbekundungen bleiben auf Nebengleisniveau.
Der Muslim ist selbst Schuld. Es ist eben jene Lesart, die im Netz den Applaus sicherstellt, die so gefährlich und ungeheuerlich zugleich ist. Eine Lesart, die aus mehrheitlich friedlichen Muslimen radikale Islamisten macht.
Vergessen wir nicht, dass sich der IS zuallererst gegen Muslime selbst richtet. Und warum wird eigentlich gebetsmühlenartig wiederholt, die hiesigen Islam-Verbände hätten sich von IS und Islamismus distanzieren müssen, wo sich in Wahrheit doch mittlerweile jeder popelige XY-Verein längst rauf- und runterdistanziert?
Stattdessen nimmt auch hierzulande die Witterung Fahrt auf. Fanatische Islamisten morden im Nahen und Mittleren Osten und bei uns sinkt die Hemmschwelle, dem Ressentiment endlich Ausdruck zu verleihen. Es passt in dieses Klima, dass die Nachricht, die Polizei ermittle in einem Brandfall gegen einen Jordanier, größer gehängt wurde als die Brände selbst. Schau her, die zünden sich selber an, na also, war doch klar.
Der bereits erwähnte Zeit-Online-Artikel bringt im Übrigen auch den Cicero und dessen Titel der August-Ausgabe „Ist der Islam böse?“ ins Spiel. Und deutet zumindest an, dass derartige Fragstellungen das Klima vergiften. Das ist natürlich Quatsch. Weil diese Frage natürlich genauso gestellt werden darf wie etwa jene nach dem Antisemitismus bei Luther und in der evangelischen Kirche (April-Ausgabe), und weil auf die Frage eine differenzierte Auseinandersetzung folgt. Richtig ist aber, dass der Applaus leider auch von der falschen Seite kommt – von jenen, die Religionskritik missbrauchen, um ihr braunes Süppchen darin zu kochen.
Text nicht von mir. Quelle: https://www.cicero.de/innenpolitik/moscheebraende-deutschland-ein-angriff-auf-die-demokratie/58191