Hallo Rosenmary,
ich finde Deine interessante Frage deshalb schwierig zu beantworten, weil man sich wirklich weit in diese Person hineinversetzen muss.
Natürlich könnte ich es mir leicht machen und sagen: "Selbstverständlich würde ich die beste Freundin meinem Freundeskreis vorstellen. Ich hätte mir das schon in der Partnerschaft niemals bieten lassen." Das werden hier die meisten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch antworten.
Jedoch sollte man wirklich berücksichtigen, dass eine solche 10 jährige Beziehung Spuren hinterlässt. Ich wäre in dieser Situation sicherlich kein sehr selbstbewusster Mensch mehr, der gut für sich einstehen könnte, ich wäre emotional hochgradig abhängig von der (Ex-)Partnerin. Solche einengenden und bevormundenden Beziehungen basieren in der Realität leider immer auf extremen Abhängigkeitsverhältnissen.
Ich wäre also eine Person, die Angst hätte, alleine nicht richtig funktionieren zu können, der Entscheidungen schwerfallen und die sich eher wenig zutraut. Auf diesem Hintergrund macht der Freundeskreis eine große Menge aus:
Wenn ich das Gefühl hätte, aufgefangen zu werden, endlich wieder frei atmen kann und die Trennung als große Erleichterung empfinde, aufblühe, ja dann wäre es wohl leicht für mich, diese beste Freundin nun endlich freudenreich willkommen zu heißen in meinem authentischen Leben - ohne Geheimniskrämerei, ohne Deckmantel. Welch ein schönes, entfesselndes Gefühl! Natürlich, wie herrlich!
Aber ich kann mir auch eine Variante vorstellen, in der ich mich erstmal hilflos fühle, unsicher bin, in der mein Freundeskreis nicht vermittelt, dass er für mich da ist und mich auffängt, weil ich einfach noch nie der war, um den man sich gekümmert hat und man mich auch etwas von oben herab behandelt. Ich komme mit dem Alleinsein auch nur schlecht zurecht und meine beste Freundin ist ein sehr wertvoller Anker in meinem Leben. Aufgrund meiner emotionalen Abhängigkeit herrscht in mir eventuell auch noch der Wunsch nach Wiedervereinigung mit der Ex, auch wenn es eine toxische Beziehung war. Das birgt das Risiko, dass die beste Freundin doch noch unter die Räder kommt. Ich habe große Angst, meine beste Freundin eventuell auch noch zu verlieren, wenn sie im Freundeskreis nicht akzeptiert oder angenommen werden würde. Man könnte ja über mich lästern, dass ich meine Ex hintergangen hätte (das könnte ich mir einbilden, da ich wenig Selbstbewusstsein besitze). Das Risiko ist mir einfach zu hoch und ich weiß sicher, dass diese beste Freundin genau wie bisher da sein wird, in der Form in der sie es immer war - als Geheimnis. Veränderung gefährdet diese Art der Freundschaft nur.
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Ich wünsche dieser fiktiven Ich-Person von ganzem Herzen, dass es die erste Variante wird, die emotional gesünder und lebensfroher ist und eine Öffnung für die Zukunft bedeutet.
Ich hoffe, Du konntest meinen Gedankengang verstehen und findest ein paar Deiner eigenen Überlegungen in meiner Antwort wieder.
Einen angenehmen Sonntagabend wünsche ich Dir,
Balu