Der "Tierwohlcent" - eine Mehrabgabe für das artgerechte Leben?

Eine Idee, die es schon länger gibt, nun erneut aufgegriffen von Cem Özdemir (Die Grünen) - diskutiert wird eine sogenannte Fleischsteuer, auch als "Tierwohlcent" bekannt. Unter gewissen Umständen sollen diese Mehreinnahmen Landwirten zukommen, die beispielsweise ihre Ställe umbauen und den Tieren somit ein artgerechteres Leben ermöglichen möchten. Wir wollten von der Community wissen, was sie darüber denken - vorweg genommen werden kann, dass viel Skepsis in den Antworten zu lesen war.

gutefrage-Redaktion
12.2.2024
Eine gechipte Kuh

Was unter dem "Tierwohlcent" verstanden werden kann

Ein Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft besagt, dass den Menschen immer wichtiger wird, woher die Lebensmittel kommen und wie die Tiere gehalten wurden.

Diesen Gedanken nimmt Cem Özdemir in dem wieder aufgegriffenen Vorschlag der Tierwohlabgabe auf: Mit dem "Tierwohlcent" könnten Fleisch und Wurst mit einigen Cent mehr besteuert werden. Diese Mehreinnahmen könnten dann unter anderem den Landwirten zugute kommen, die ihre Stallungen für ein artgerechteres Leben ausbauen möchten.

Der Vorschlag ist an sich nicht neu und stammt noch aus Zeiten der GroKo.
Bereits vor einigen Jahren empfahl eine Kommission die "Tierwohlgabe" auf tierische Produkte aus dem Supermarkt. Wie hoch diese Abgabe nun ausfallen könnte, ist bisher noch nicht klar. Özdemir erklärte, dass dies "politisch" festgelegt werden müsse.

Ein Gremium indes empfahl als grobe Orientierung eine Mehrabgabe von circa 40 Cent pro Kilo Fleisch- und Wurstwaren.

Einfallendes Licht in Scheune
Huhn mit Ei im Stall
Kühe in Stall
Ziegen auf Wiese

Gemischte Reaktionen aus der Politik und der Öffentlichkeit

Noch mehr Steuern? Mit dieser Frage könnte man die Reaktion der FDP wohl zusammenfassen. Der Fraktionsvorsitzende, Christoph Meyer erklärte, dass der Vorschlag Özdemirs schlichtweg an den Bedürfnissen und Nöten der Landwirte vorbeiginge. Da es sich in diesem Fall um Steuereinnahmen handeln würde, gingen diese schlichtweg direkt in den Bundeshaushalt ein - und zwar ohne jegliche Verwendungsbindung.

Anders sehen es die Landwirte. Diese reagierten auf den Vorschlag recht positiv. Martin Schulz, der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, vertritt die Ansicht, dass es schlichtweg gar keine andere Möglichkeit mehr gäbe, als eine derartige Lösung. Für ihn steht fest: Der Markt regelt die Situation nicht mehr von selbst. Um weiterhin Fleischprodukte aus Deutschland konsumieren zu können, muss demnach eingegriffen werden - da nur so die Betriebe weiter existieren könnten.

Die Verbraucherzentrale fordert indes mehr Klarheit: Die Tierwohlgabe könne nur funktionieren, wenn diese an Bedingungen geknüpft werde und zeitlich begrenzt sei. Die Konsumenten müssten dringend wissen, wofür der Aufpreis, den sie dann zahlen, verwendet würde und vor allem auch, wohin er käme. Es sei wichtig, dass klar und deutlich nachvollziehbar sei, dass nur diejenigen Landwirte, die auch wirklich zum Wohle der Tiere umbauen, diese Zuwendung bekämen, so die vzbv-Chefin Ramona Pop.

Unsere Meinung des Tages zum Thema - so denkt die Community von gutefrage darüber

Fragezeichen

Jeden Werktag stellen wir Euch auf unserem offiziellen gutefrage-Account eine Frage zu aktuellen Themen - letzte Woche habt Ihr Euch besonders rege an der Diskussion zum Tierwohlcent beteiligt. Man kann an dieser Stelle durchaus behaupten, dass viele von Euch prinzipiell keinerlei Problem damit hätten, mehr für tierische, besonders aber für Fleischprodukte zu zahlen - die Parameter von Euch jedoch stark kritisiert wurden.

Viele von Euch teilten die Kritik, die auch von Seiten der FDP geäußert wurde, nämlich den, dass nicht klar sei, wie mit dem Konstrukt "Steuern" sichergestellt würde, dass die Abgabe auch bei den richtigen Landwirten ankommt.

So fasst es etwa der Nutzer bwhoch2 in der folgenden Antwort zusammen:

Der Vorschlag hört sich zunächst ganz gut an. Da Fleisch und Wurst sowieso immer Marktschwankungen unterliegen, würde kaum ein Verbraucher etwas davon merken, bzw. würde nach wie vor, wie gewohnt, zu Sonderangeboten greifen, wenn er/sie es günstiger haben will. Da käme ordentlich was zusammen. Aber:

Diese Einnahmen sollen dann unter anderen den Landwirten zugute kommen,

Und genau das wird genauso gut funktionieren, wie die Klimaabgabe, die eigentlich als Ausgleich für CO2-Steuer gezahlt werden sollte. Das Geld bleibt im Haushalt hängen und wenn es vielleicht auch teilweise an die Landwirte geht, dann wiederum verbunden mit übermäßigen bürokratischen Zusatzbelastungen oder es kommt in die falschen Hände, also zu Landwirten, die nicht darauf angewiesen sind und die kleineren Betriebe werden leer ausgehen. So oder ähnlich wird es laufen und deshalb bin ich dagegen.

Zur Antwort

Eine andere Theorie hat 1n9d9c4:

Bio-Fleisch aus Haltungsform 4 ist doch jetzt schon teuer genug. Haltungsform 1 und 2 sollen in den nächsten Jahren vom Markt verschwinden. Die Politik sollte dafür sorgen, dass das nicht mehr zu lange dauert und dass der Fleischkonsum insgesamt weiter reduziert wird.

Zur Antwort

Zalla55 befürwortet eine Preiserhöhung:

Für mehr Tierwohl, wenn es denn dazu nützt, und für besseres Fleisch, was ja ein Nebeneffekt sein könnte, und nicht zuletzt auch für die Bauern, die für ihre Arbeit und bessere Tierhaltung unterstützt werden könnten.

Ja, ist es mir wert. Wobei ich 40 Cent pro Kilo schon arg läppisch finde. Solche Mehrkosten merkt doch in der Praxis keiner wirklich. 10 oder 20% teurer dürfte Fleisch gerne sein, wenn es tatsächlich Tieren, Bauern und Fleischqualität zugute kommt (siehe oben).

Zur Antwort

Das Thema Fleischkonsum bewegt nun schon seit vielen Jahren die Gemüter - besonders online. Veganismus wird immer mehr diskutiert, viele Fleischessende fühlen sich bevormundet, geradezu diskreditiert.

Doch klar ist, dass es vielen sehr wichtig ist, welches Leben die Tiere führen konnten, bevor sie geschlachtet wurden. Es bleibt abzuwarten, ob eine sogenannte Fleischsteuer eingeführt wird und besonders, ob sie auch den jeweiligen Landwirten wirklich vollumfänglich zukommt.

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