Wie genau ist die Reihenfolge der Evolution?


15.05.2020, 17:50

Ist die Evolution so

Aus den Einzeller entwickelten sich die Schwämme und Algen parallel (wenn ihr versteht was ich meine)dann kamen nach den Schwämmen hohltiere,dann Plattwürmer, dann Schlauchwürmer,dann die Weichtiere und aus den Weichtieren entwickeln sich Ringelwürmer und stachelhäuter.aus den Stachelhäuser entwickelten sich schließlich kieferlose(weiß selber nicht was das bedeutet)dann die Fische,dann die Amphibien,dann die Reptilien und dann die Vögel und Säugetiere wieder parallel.

(Pflanzen und was nach den Ringelwürmer kommt habe ich ausgelassen,dauert sonst zu lange)

3 Antworten

Man kann die Tierstämme nicht einfach in einer Reihe oder Treppe anordnen, das ist eine Vorstellung, die im 19. Jahrhundert und davor verbreitet war. Eine treffendere Vorstellung ist die von einem Stammbaum, in dem sich manche Zweige aufgabeln und andere aussterben.

Natürlich gibt es in der Erdgeschichte eine zeitliche Reihenfolge, in der die Tierstämme das erste mal aufgetreten sind, und Schwämme und "Hohltiere" gehören zu den ältesten und am einfachsten gebauten, aber das heißt nicht, dass alle späteren Stämme von ihnen abstammen würden.

Stachelhäuter und Wirbeltiere gehören beispielsweise in eine Ecke des Stammbaums, Weichtiere und Ringelwürmer in eine ganz andere, also kann man auch nicht sagen, dass eine dieser Gruppen von der anderen abstammen würde.

Hier ist eine aktuelle Stammbaumhypothese der vielzelligen Tiere:

https://evolutionaryperspectives.files.wordpress.com/2016/12/metazoa-paps-et-al-2009.jpg?w=648

Schau dir da selber noch mal an, was ich in meiner Antwort beschrieben habe; Schwämme (Porifera) und Nesseltiere (Cnidaria) als Vertreter der "Hohltiere" sind hier die beiden am frühesten abzweigenden Äste, und Weichtiere (Mollusca) und Ringelwürmer (Annelida) gehören in eine andere Ecke als Stachelhäuter (Echinodermata) und Wirbeltiere und Verwandte (Chordata).

Nein, die von dir geschilderte Evolution hat es so nicht gegeben. Die Stachelhäuter (Echinodermata) z. B. können sich nicht aus den Weichtieren (Mollusca) entwickelt haben. Diese beiden Evolutionslinien haben sich schon sehr früh getrennt, da beide zwei völlig unterschiedlichen Großgruppen angehören. Weichtiere sind, so wie Ringelwürmer (Annelida), Plattwürmer (Plathelminthes) oder die große Gruppe der Gliedertiere (Arthropoda) Urmünder (Protostomia). Die Stachelhäuter gehören aber zu den Neumündern (Deuterostomia) und sind mit den Rückensaitentieren (Chordata) und den Eichelwürmern (Enteropneusta) verwandt. Eine Seegurke ist also mit dem Menschen näher verwandt als mit einer Nacktschnecke.

Evolution darf man sich nicht als Prozess der Weiterentwicklung im Sinne einer Höherentwicklung oder Zunahme an Komplexität vorstellen. Zwar treten komplexer gebaute Lebewesen erst später auf als einfache, aber daraus lässt sich dennoch kein allgemeiner Trend ableiten. Es ist einfach der Tatsache geschuldet, dass die Evolution beim einfachen Bauplan der einzelnen Zelle startete und es von dort aus nur eine Richtung gibt - eine einfachere Lebensform als die Einzelzelle gibt es nicht. Evolution kennt keinen Trend, keine Richtung. Und man darf sich Evolution nicht wie einen stufenartigen Prozess vorstellen, bei dem eine Gruppe aus der anderen hervorgeht und diese ablöst. Tatsächlich sind ja die meisten Lebewesen bis heute einfach gebaute Einzeller und "einfache" vielzellige Tiere (Metazoa) wie die Schwämme (Porifera), die Placozoen (Placozoa) und die Hohltiere (Coelenterata) gibt es bis heute.
Evolution ist eher zu verstehen als ein Prozess, bei dem Entwicklungslinien sich ständig wie der Ast eines Baumes verzweigen und zu weiteren, voneinander unabhängigen Evolutionslinien werden. Eine Art trennt sich in zwei Arten auf, die sich ihrerseits wieder aufspalten usw. Manchmal fächert sich eine Evolutionslinie innerhalb sehr kurzer Zeit auf, sodass man die einzelnen dichotomen Aufzweigungen gar nicht mehr nachvollziehen kann, man spricht dann von einer adaptiven Radiation. Manchmal stirbt ein Zweig auch vollständig aus.

Einen recht aktuellen Stammbaum der Metazoen-Evolution findest du hier: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7a/Metazoan_Phylogenetic_Tree.png

Aber die genauen verwandtschaftlichen Verhältnisse sind bislang noch nicht endgültig geklärt und es existieren durchaus unterschiedliche Konzepte. Die meisten Systematiken sehen die Porifera an der Basis der Metazoa. Andere verorten dort wiederum die Rippenquallen (Ctenophora). Letzteres wäre interessant, weil Ctenophoren ein Nervensystem besitzen, die Porifera nicht. Die Ctenophoren hätten dann, unabhängig von den anderen Metazoen mit Nervensystem, ein Nervensystem entwickelt, demnach wären Nervenzellen in der Evolution zwei Mal unabhängig voneinander entstanden.
Unsicher ist auch die Verwandtschaft innerhalb der Arthropoden. Jüngere Studien haben z. B. gezeigt, dass einige Gruppen (Remipedia) der Krebstiere (Crustacea) näher mit den Insekten (Insecta) verwandt sind als mit anderen Krebstieren. Die Crustaceen würden damit zu einer paraphyletischen Gruppe und müssten auch die Insekten mit einschließen (Tetraconata-Konzept).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Alle genannten Gruppen haben sich parallel entwickelt, nicht auseinander.

Wegen der vielen Äste und Zweige spricht man ja von einem Stammbaum, nicht von einer Kette.

in diesem Bild https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/70/Phylogenetic_tree.svg/langde-800px-Phylogenetic_tree.svg.png siehst du den Stammbaum der Lebewesen. Pflanzen und Tiere sind nur als kleine Zweige eingezeichnet, die sind aber auch wieder hundertfach verzweigt.