Was ist/gehört zur Autonomie/Selbstbestimmung nach Immanuel Kant?

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Bei Immanuel Kant sind »Autonomie« und »Selbstbestimmung« Synonyme. In »Autonomie« steckt ausdrücklich ein Begriff des Gesetzes. Der Sache nach wird die Verwirklichung von »Selbstbestimmung« auch in einer Bindung an das moralische/sittliche Gesetz gedacht.

Das Wort »Autonomie« stammt von griechisch αὐτονομία (autonomia), eine Zusammensetzung aus αὐτός (selbst“) und νόμος („Gesetz“). Der Gegensatz zu Autonomie ist Heteronomie. Heteronomie bedeutet, fremdbestimmt/von etwas anderem bestimmt zu sein, nicht von eigenen Gesetzen eines Vernunftwesens/vernünftigen Wesens/vernunftbegabten Wesens. Das Wort »Heteronomie« stammt von griechisch ἑτεϱονομία (heteronomia) , zusammengesetzt aus ἕτερος („anderer“) und νόμος („Gesetz“).

Immanuel Kant versteht Freiheit als Selbstbestimmung. Unter dem Gesichtspunkt einer Selbstgesetzgebung des Willens aufgrund seiner Bestimmung durch die Einsicht der praktischen Vernunft in das, was getan und unterlassen werden soll, wird sie als Autonomie verwirklicht.

In der Ethik von Immanuel Kant geht es bei Autonomie in der Hauptsache um eine Autonomie des Willens. Die Autonomie des Willens besteht darin, von einer Selbstgesetzgebung/eigenen Gesetzgebung bestimmt zu sein. Diese ist beim moralischen/sittlichen Gesetz zugleich eine allgemeine Gesetzgebung der praktischen Vernunft. Freiheit wird nicht mit beliebiger Willkür gleichgesetzt. Autonomie hat ein Vernunftwesen/vernünftiges Wesen/vernunftbegabtes Wesen, wenn es in seinem Willen und seinem Handeln von Grundsätzen der Vernunft bestimmt ist. Dann folgt es seiner eigenen Einsicht und ist frei. Autonomie ist zugleich eine Unabhängigkeit von Bestimmungsgründen, die außerhalb der Vernunft stehen, und eine selbstbestimmte Gesetzgebung nach Grundsätzen der Vernunft.

Ein vernünftiges Wesen will das, was es als der praktischen Vernunft entsprechend eingesehen hat.

Ein allein durch die gesetzgebende Form bestimmter Wille fällt nicht unter die Erscheinungen und ihren Kausalitätsgrundsatz (Kausalität nach Gesetzen der Natur). Freie Entscheidungen und Handlungen haben einen Bestimmungsgrund, die Autonomie (Selbstbestimmung) der Vernunft, die sich unabhängig von Antrieben der Sinnenwelt, Neigungen, Begierden, Leidenschaften, Interessen ein Gesetz gibt (Selbstgesetzgebung). Der Bestimmungsgrund wird von Kant als eine Kausalität (Kausalität durch/aus Freiheit) verstanden, die aber kein fremder, von außen kommender und determinierender (unausweichlcih bestimmender) Zwang ist.

Der gute Wille ist nach Kants Auffassung der durch die reine Form der Gesetzlichkeit (Gesetzesförmigkeit; bezogen auf das moralische/sittliche Gesetz; nicht auf juristische Gesetze) bestimmte Wille.

Ein Reich der Zwecke ist bei Immanuel Kant eine Entsprechung zum Reich der Natur. Kant versteht Menschen als einerseits der Sinnenwelt/Erscheinungswelt zugehörig, andererseits als Wesen mit einer gesetzgebenden Vernunft einer intelligiblen (nur mit dem Verstand/der Vernunft zu erfassenden) Welt zugehörig.

Ein Reich ist ein System mit einem geordneten Zusammenhang, bei dem eine Gesetzmäßigkeit herrscht. Zwecke sind Ziele, die als angestrebte Wirkungen/Ergebnisse zu Triebfedern des Handelns werden können. Im Reich der Zwecke sind vernünftige Wesen durch gemeinschaftliche Zwecke verbunden.

Vernunftbegabten Wesen sind ihrer Natur nach autonome gesetzgebende Subjekte darin, sich Zwecke zu setzen. In ihnen ist ein Wille anzutreffen, der Vorstellung gewisser Gesetz gemäß sich selbst zum Handeln zu bestimmen bestimmen (auf der Grundlage praktischer Vernunft).

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785. 2. Auflage 1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 440 (Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit):

„Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen, als so, dass die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien.“