Immanuel Kant Autonomie in der Ethik?

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In der Ethik von Immanuel Kant geht es bei Autonomie in der Hauptsache um eine Autonomie des Willens. Die Autonomie des Willens besteht darin, von einer Selbstgesetzgebung/eigenen Gesetzgebung bestimmt zu sein. Autonomie hat ein Vernunftwesen/vernünftiges Wesen/vernunftbegabtes Wesen, wenn es in seinem Willen und seinem Handeln von Grundsätzen der Vernunft bestimmt ist. Dann folgt es seiner eigenen Einsicht und ist frei. Automonie ist zugleich eine Unabhängigkeit von Bestimmungsgründen, die außerhalb der Vernunft stehen, und eine selbstbestimmte Gesetzgebung nach Grundsätzen der Vernunft. 

Der Gegensatz zu Autonomie ist Heteronome. Heteronomie bedeutet, fremdbestimmt/von etwas anderem bestimmt zu sein, nicht von eigenen Gesetzen eines Vernunftwesens/vernünftiges Wesens/vernunftbegabtes Wesens.

Das Wort »Autonomie« stammt von griechisch αὐτονομία (autonomia), eine Zusammensetzung aus αὐτός (selbst“) und νόμος („Gesetz“). Heteronomie wäre ἑτεϱονομία, zusmmanegestzt aus ἕτερος („anderer“) und νόμος („Gesetz“).

Immanuel Kant versteht Freiheit als Selbstbestimmung. Unter dem Gesichtspunkt einer Selbstgesetzgebung des Willens aufgrund seiner Bestimmung durch die Einsicht der praktischen Vernunft in das, was gesollt wird, wird sie als Autonomie verwirklicht.

Ein vernünftiges Wesen will das, was es als der praktischen Vernunft entsprechend eingesehen hat.

Ein allein durch die gesetzgebende Form bestimmter Wille fällt nicht unter die Erscheinungen und ihren Kausalitätsgrundsatz (Kausalität nach Gesetzen der Natur). Freie Entscheidungen und Handlungen haben einen Bestimmungsgrund, die Autonomie (Selbstbestimmung) der Vernunft, die sich unabhängig von Antrieben der Sinnenwelt, Neigungen, Begierden, Leidenschaften, Interessen ein Gesetz gibt (Selbstgesetzgebung). Der Bestimmungsgrund wird von Kant als eine Kausalität (Kausalität durch/aus Freiheit) verstanden, die aber kein fremder, von außen kommender und determinierender (unausweichlcih bestimmender) Zwang ist.

Der gute Wille ist nach Kants Auffassung der durch die reine Form der Gesetzlichkeit (Gesetzesförmigkeit; bezogen auf das moralische Gesetz/Sittengesetz; nicht auf juristische Gesetze) bestimmte Wille.

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785. 2. Auflage 1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 440 (Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit):

„Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Prinzip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen, als so, dass die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien.“

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sittenn (1785. 2. Auflage 1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 441 (Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit):

„Wenn der Wille irgend w o r i n anders, als in der Tauglichkeit seiner Maximen zu seiner eigenen allgemeinen Gesetzgebung, mithin, wenn er, indem er über sich selbst hinausgeht, in der Beschaffenheit irgend eines seiner Objekte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll, so kommt jederzeit H e te r o n o m i e heraus. Der Wille gibt alsdenn sich nicht selbst, sondern das Objekt durch sein Verhältnis zum Willen gibt diesem das Gesetz.“

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785. 2. Auflage 1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 444 (Immanuel Kant Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV, 444 (Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie):

„Der schlechterdings gute Wille, dessen Prinzip ein kategorischer Imperativ sein muß, wird also, in Ansehung aller Objekte unbestimmt, bloß die F o r m d e s

W o l l e n s überhaupt enthalten, und zwar als Autonomie, d.i. die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetze zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt, ohne irgend eine Triebfeder und Interesse derselben als Grund unterzulegen.

Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft (1788). Erster Teil. Elementarlehre der reinen praktischen Vernunft. Erstes Buch. Die Analytik der reinen praktischen Vernunft. Erstes Hauptstück. Von den Grundsätzen der reinen praktischen Vernunft. § 8. Lehrsatz IV. AA V, 033

„Die A u t o n o m i e des Willens ist das alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihnen gemäßen Pflichten; alle H e t e r o n o m i e der Willkür gründet dagegen nicht allein gar keine Verbindlichkeit, sondern ist vielmehr dem Prinzip derselben und der Sittlichkeit des Willens entgegen. In der Unabhängigkeit nämlich von aller Materie des Gesetzes (nämlich einem begehrten Objekte) und zugleich doch Bestimmung der Willkür durch die bloße allgemeine gesetzgebende Form, deren eine Maxime fähig sein muß, besteht das alleinige Prinzip der Sittlichkeit. Jene

U n a b h ä n g i g k e i t aber ist Freiheit im n e g a t i v e n , diese e i g e n e

G e s e t z g e b u n g aber der reinen, und, als solche, praktischen Vernunft ist Freiheit im p o s i t i v e n Verstande. Also drückt das moralische Gesetz nichts anders aus, als die A u t o n o m i e der reinen praktischen Vernunft, d.i. der Freiheit, und diese ist selbst die formale Bedingung aller Maximen, unter der sie allein mit dem obersten praktischen Gesetze zusammenstimmen können. Wenn daher die Materie des Wollens, welche nichts anders, als das Objekt einer Begierde sein kann, die mit dem Gesetz verbunden wird, in das praktische Gesetz a l s B e d i n g u n g d e r

M ö g l i c h k e i t d e s s e l b e n hineinkommt, so wird daraus Heteronomie der Willkür, nämlich Abhängigkeit vom Naturgesetze, irgend einem Antriebe oder Neigung zu folgen, und der Wille gibt sich nicht selbst das Gesetz, sondern nur die Vorschrift zur vernünftigen Befolgung pathologischer Gesetze; die Maxime aber, die auf solche Weise niemals die allgemein-gesetzgebende Form in sich enthalten kann, stiftet auf diese Weise nicht allein keine Verbindlichkeit, sondern ist selbst dem Prinzip einer

r e i n e n praktischen Vernunft, hiemit also auch der sittlichen Gesinnung entgegen, wenn gleich die Handlung, die daraus entspringt, gesetzmäßig sein sollte.“