Was beinhaltet die Umwertung aller Werte v. Nietzsche?

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Mit der Umwertung aller Werte meint Nietzsche, dass die christliche Moral ausgedient hat. Ab jetzt zählt nur noch der Wille zur Macht. Die Welt ist Wille zur Macht und nichts außerdem, sagte Nietzsche, und ihr selbst seid der Wille zur Macht und nichts außerdem. (s. im Nachlass „Wille zur Macht“; auch „Jenseits von Gut und Böse, 2. Hauptstück). [„Macht“ ist eine Metapher für alles, was den Menschen stark macht, also z.B. Talente, Intelligenz, Fertigkeiten aller Art; auch politische Macht; zu ihnen müsse man sich rückhaltlos, gewissermaßen „gnadenlos“ bekennen: also den „Willen“ dazu haben!]. Nietzsche sah im Willen zur Macht den Grundantrieb aller Handlungen des Menschen, er lehnte also den Dualismus ab, dass zwei Grundkräfte im Menschen wirken: die Triebkräfte, die es zu beherrschen gilt, und die Vernunftkräfte, zu denen auch der Wille zum moralischen Handeln gehört. Jetzt ist alles „Wille zur Macht“, selbst Güte ist Wille zur Macht, hat er gesagt. Damit meinte er, das der Mächtige über soviel „Macht“ verfügt, dass er freiwillig davon etwas den „Zu-kurz-gekommenen“ abgibt. Die Güte, welche aus der Schwäche kommt, z.B. die christliche Moral, lehnte Nietzsche scharf, weil es eine berechnende Moralleistung sei (Lohn im Himmelreich oder sonstige erhoffte Gegenleistungen). Da auch die Vernunft zum Willen zur Macht gehört, geschieht eine Art Selbstkontrolle durch die Vernunft. Einen wild wuchernden, unkontrolliert „ins Kraut schießenden“ Machtwillen lehnt Nietzsche ab. Wenn man das Verhalten der Mitmenschen beobachtet, kommt man nicht umhin zu sagen: eigentlich hat Nietzsche doch recht. Wer seinen eigenen Willen zur Macht durch moralische Rücksichtnahme (im christlichen Sinne) zügelt, wird von den anderen schnell „über den Löffel balbiert“. Wo gibt es heute noch Moral? (Nietzsche hat das vorausgesagt, d.h. die Herrschaft des Nihilismus!). Allerdings wird immer davor gewarnt, Nietzsche ernst zu nehmen; z.B. Thomas Mann: „Wer Nietzsche wörtlich nimmt, wer ihm glaubt, ist verloren!“ (Man denke an Hitl. in seinem Bunker, wo er zugrunde gegangen ist). Andere sagen, Nietzsche habe seine Philosophie als bloße Denküberlegung, sozusagen als Diskussionsgrundlage, auf keinen Fall als etwas gemeint, das man in die Praxis umsetzen sollte: ‚Es ist durchaus nicht nötig, nicht einmal erwünscht, Partei..... für mich zu nehmen: im Gegenteil, eine Dosis Neugierde, wie von einem fremden Gewächs, mit einem ironischen Widerstande, schiene mir eine unvergleichlich intelligentere Stellung zu mir’ (s. Zitat bei Rüdiger Safranski, S. 310). Auf jeden Fall handelt es sich bei dieser „Umwertung aller Werte“ um eine gefährliche Philosophie. M.E. hat Nietzsche nicht beachtet, dass der Mensch eine Seele hat, die anderen Erwägungen folgt als nur dem Willen zur Macht.

Nietzsche ist vor allem aus dem lähmenden Korsett der NS Ideologien zu lösen, denn da gehört er nicht hin, da er grundsätzlich einen tiefgreifenden aber kritischen Humanismus vertreten hat.

ein deutsch britischer Autor, Michael Hamburger hat zu Nietzsche einen guten Text verfasst, schon 1965, "Sehnsucht nach der Hölle" Nietzsche und die Nietzscheaner", der wird aber schwer aufzutreiben sein (Ullstein, Bd. 3024)