Ursprung Endung -es und -er bei Adjektiven?

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Das sind alte Kasusendungen in der pronominalen Deklination. Die bestimmten Arti­kel der, die, das haben dieselben Endungen wie die Formen von ein (einer, eine, eines) oder irgendein stark flektiertes Adjektiv guter, gute, gutes) oder die Personal­prono­mi­na er, sie, es — dabei mußt Du nur berück­sichtigen, daß seit dem Mittelhochdeutschen alle Vokale in unbetonten Silben durch e ersetzt wurden.

Im Althochdeutschen war das System noch klarer, weil da die Vokale noch in voller Vielfalt auch am Wortende strahlen durften:

  • Artikel: dër, diu, daʒ
  • Zahlwort/Indefinitpronomen: Dazu schreibt Schmid in seiner Einführung in die deutsche Sprachgeschichte nur: „Die Formen des Zahlworts ein, das als solches na­türlich nur im Singular gebraucht werden kann, stimmen mit der starken Adjek­tiv­flexion überein, wobei im Nominativ aller drei Genera die substantivische (en­dungs­lose) Form gilt. Seit dem späteren Althochdeutschen wird ein zunehmend auch als Indefinitpronomen in der Bedeutung irgendein und als unbestimmter Artikel verwendet“
  • Als Beisiel für ein starkes Adjektiv (modern gut) im Nom Sg: guotēr, guotiu, guotaʒ, wobei nur für den Nom Sg auch die endungslose Form guot für alle Genera mög­lich war.
  • Personalpronomen: (h)ër, siu, ëʒ

Auch in den anderen Kasus und in den Pluralformen stimmen die Endungen der Ad­jek­tive mit denen der Pronomina im allgemeinen überein, dazu nehme ich z.B. den Gen Sg: guotes, guotera, guotes und das Personalpronomen ës, ira, ës und den Artikel dës, dëra, dës.

Seit dem Althochdeutschen haben Lautverschiebungen, vor allem bei den Vokalen, und analoge Neubildungen das System verkompliziert, aber die Grundlagen sind immer noch sichtbar.

(Die Form ës für das Personalpronomen 3.P Gen.Sg Maskulinum/Neutrum wurde spä­ter von seiner verdrängt, das vom Possessivpronomen rückgebildet ist. Ein winziger Rest davon ist aber noch der Satz Ich bin es leid, denn hier ist es ein Genitiv. Das sieht man, wenn stattdessen ein Substantiv auftritt: Ich bin dieses Wankelmutes leid)

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
Verelat777  18.09.2023, 17:53

Die kurze Antwort heißt also: Es ist kein Zufall, dass die Endungen der Adjektive in der starken Deklination (-er, -e, -es, -en, -em) mit denen der Personalpronomen übereinstimmen (er, sie, es, ihn, ihm), denn die Endungen haben denselben Ursprung.

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LilliSakura 
Fragesteller
 18.09.2023, 18:30

Ganz vielen lieben Dank! 🙏💜

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