Ulrich beck Individualisierungsthese

3 Antworten

Ich versuchs mal so:

Die Rollen, die man in der Gesellschaft auszufüllen hat -Sohn, Vater, Arbeitnehmer, Wähler, Liebhaber-kann man flexibler gestalten: Als Sohn "muss" man nicht unbedingt in die Fußstapfen des Vaters treten, und dem "modernen" Vater ist dies bewusst. Das verbuchen wir zunächst auf der Haben-Seite, denn es werden auch diverse negative Aspekte diskutiert: a)möglicherweise erleidet man einen Orientierungsverlust, der sich b) noch dadurch verstärkt, dass man mit "möglichen" Rollenkonzepten mittels der Umwelt/Medien bombardiert wird- cooler Anhänger der "digitalen Boheme" oder doch lieber "Entschleuniger"? Konservativ oder Liberal? Aus a) und b) folgern nun einige (auch Beck), dass c) der Einzelne unter einem Entscheidungszwang steht: denn einerseits wird man nicht mehr stur in die "Klasse" hineingeboren bzw. man hat "Exit-Optionen"; andererseits fehlt eine letztgültige Autorität, auf die man sich beziehen kann. Daran anschließend formuliert Markus Schroer die These,dass d)der Entscheidungszwang sich aus einem "Individualisierungszwang" ableitet: Um sich in einer Gesellschaft sichtbar zu machen, muss man sich von ihr unterscheiden. Und man muss diese Unterschiede selbst offensiv auslegen, um eben sichtbar zu werden: Stichwort "Unterschichten-Fernsehen"(grob formuliert). "Individualisiere dich!" ist dann wohl der Zwang, unter dem wir stehen und das Gegenargument: "da mach ich nicht mit!" zieht nicht, da ich dies als den deinen "gewählten Stil" bezeichnen könnte....

Ich empfehle Markus Schroer: "Das Individuum der Gesellschaft...", Suhrkamp, Koryphäen wie Luhmann, Beck, Adorno, Foucault et al. werden hier verglichen, sehr übersichtlich strukturiert, stilistisch gut geschrieben.

Hier mal eine etwas ausführlichere Erklärung meinerseits

elementar für diese These ist die "Globalisierung". Früher waren Leben "vorbestimmt", die Individuen wurden ihrer zugehörigen Gesellschaft angepasst, so war es z.b. üblich,dass der Sohn den Beruf seines Vaters übernahm (Schmied;Schneider,etc). Notiz:Früher wurde der Werdegang natürlich auch von Religionen, Ethik, Geschlecht,Herkunft usw, beeinflusst

Mit der Zeit wandelte sich aber die Gesellschaft, "globalisierte" sich und neue Möglichkeiten öffneten sich. So ist der Sohn nicht mehr gezwungen das Geschäft seines Vaters zu wählen und die Frau nicht mehr daheim zu bleiben, sondern kann ihren eigenen Beruf ergreifen.

Es existieren ebenfalls die drei Dimensionen:

1.Freisetzungsdimension: Herauslösung der historisch vorgegeben Sozialformen&-bindungen.

2.Entzauberungsdimension: Verlust der traditionellen Sicherheiten (z.b. durch den Glauben oder vorher bestimmen Wegen)

3.Kontroll-&Reintegrationsdimension: Neue Art sozialer Entbindung.

Das Problem mit der neu aufgetretenen Individualisierung ist das Risiko eines Orientierungsverlust, der sich noch dadurch verstärkt, dass man mit "möglichen" Rollenkonzepten mittels der Umwelt/Medien bombardiert wird- cooler Anhänger der "digitalen Boheme" oder doch lieber "Entschleuniger"? Konservativ oder Liberal?

Zitat: "Durch diese große Vielzahl von Entscheidungen wird das Individuum nun unter einen "Entscheidungszwang" gesetzt: denn einerseits wird man nicht mehr stur in die "Klasse" hineingeboren bzw. man hat "Exit-Optionen"; andererseits fehlt eine letztgültige Autorität, auf die man sich beziehen kann."< Das Zitat kann man schön mit der zweiten Dimension in Verbindung bringen und dem einhergehenden Stabilitätsverlust.

Becks Antwort: Individualisierung sei kein neues Phänomen, doch zeichnet sich seit 1970 ein neuer Individualisierungstrend ab!

In dem Menschen versuchen -sich sogar gezwungen sehen- sich so sehr wie möglich von der Gesellschaft zu unterscheiden und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

Kritik:

1.Völlig unbeachtet ist die schichtabhängige Individualisierung, d.h. das unterschiedliche Lebenslagen,ebenfalls unterschiedliche Gestaltungsoptionen bieten oder verschließen. (Auch wie sich die Sozialisation des Mileus auswirkt ist nicht beachtet worden.) Die den Individualisierungsgrad ebenfalls beeinflussen.

2.Es existieren schichtspezifische Bildungschancen (auch schichtspezifische politische Teilnahmechance und Filter bei Strafverfolgung ( diese Dinge wurden empirisch Bewiesen)).

3.Außerdem wird die Resourcenverteilung ebenfalls nicht beachtet. Denn trotz all den Entwicklungen haben sich die Klassenstrukturen dennoch nicht aufgelöst (sowohl innerhalb eines Landes,sowie auch International).<

Quelle: http://www.gutefrage.net/frage/kann-mir-jemand-die-individualisierungsthese-von-beck-erklaeren

Empfehlung: http://www.rote-ruhr-uni.com/texte/schiller_individualismus.pdf