Blickwechsel 20. Dezember 2021
Deine Fragen an einen Kriminalpolizisten
Alles zum Blickwechsel

Realität vs Filme und Serien?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

prinzipiell gibt es im „echten Dienst“ alles, was es auch in den Filmen gibt. Nur in viel kleinerer Stückzahl, mit mehr Pausen dazwischen und nicht so geballt.

Stell dir einfach einen Tatort vor, der statt 90 Minuten 3 Wochen dauert – ohne, dass inhaltlich mehr passiert. So „entzerrt“ läufts in der Realität ab. Es ist aber auch nicht so, dass wir die 3 Wochen auf der faulen Haut liegen und nur 90 Minuten arbeiten.

In der Zwischenzeit werden ja noch parallel weitere Fälle bearbeitet. Grobes hypothetisches Beispiel:

Die Kollegin bearbeitet einen Brand. Fordert ein Brandgutachten an und vernimmt die beiden Zeugen. Jetzt kann sie vorerst nichts weiter machen, bis das Brandgutachten da ist. Also schaut sie sich den neuen Fall an, der auf ihrem Schreibtisch liegt. Eine Meldung bzgl. Kinderpornographie. Den Tatverdächtigen prüft sie dann in unseren Systemen ab, schaut, wo er wohnt und plant für den nächsten Tage eine Durchsuchung. Am Nachmittag kommt dann die Geschädigte einer sexuellen Nötigung zur Vernehmung. Der nächste Tag beginnt mit der Durchsuchung wegen der Kinderpornographie. Im Anschluss müssen die sichergestellten Gegenstände (sagen wir mal zwei Handys) in unser System eingepflegt und Untersuchungsanträge gestellt werden. Der Tatverdächtige der Kinderpornographie hat bereits mitgeteilt, dass er sich nicht zur Sache äußern will, also braucht sie jetzt hier auch keinen Vernehmungstermin ansetzen. Dieser Fall wird also erst weiterbearbeitet, wenn die Handys ausgewertet sind… Durch diese „Cooldowns“, bis man die Antwort von externen Stellen hat, ziehen sich die Ermittlungen halt immer…

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Seit über 15 Jahren Polizeivollzugsbeamter
TW1920  22.12.2021, 08:21
ziehen sich die Ermittlungen halt immer…

Und das wegen Überlastung und Sparmaßnahmen je nach Bundesland bei den meisten Fällen sehr oft 6-12 Monate. Oft sind dann Täter schon über alle Berge oder gewisse Daten für weitere Ermittlungen nicht mehr vorhanden zum Abfragen oder sind aus der Akte verschwunden.

Weiß nicht wie es bei deiner Stelle ist, doch leider ist das so wohl in vielen Bundesländern in sehr vielen Bereichen so...

5
TW1920  22.12.2021, 09:55
@Dommie1306

Ist sicherlich ziemlich motivierend, oder?

Und dann gibt es immer so Aussagen wie"An der Sicherheit wird nicht gespart" oder es wird sich gerühmt, wie viel man doch investiert hat...

2
PicaPica  28.09.2022, 11:24

Wenn auch sehr spät, war jetzt länger nicht mehr auf GF. Was noch interessant wäre, sind die zu bearbeitenden Fälle pro Sachbarbeiter begrenzt, also z. B. nicht mehr als fünf ungelöste Fälle pro Woche/Monat? LG.

2
Dommie1306  28.09.2022, 12:04
@PicaPica
Was noch interessant wäre, sind die zu bearbeitenden Fälle pro Sachbarbeiter begrenzt

AHAHAHAAHAHAHAHAHAHAHA

LOL LOL LOL LOL

ROFL ROFL ROFL ROFL

..

Nein, leider nicht ;-)

2
PicaPica  28.09.2022, 12:06
@Dommie1306

Danke für die vielsagende Antwort. Wie viele Fälle sind es so an denen jeder dran sein muss und kann man sich da überhaupt vernünftig jedem Einzelfall widmen? Danach lass ich Dich wieder in Ruhe, versprochen, LG. :))

3
Dommie1306  28.09.2022, 12:08
@PicaPica

Alles gut, dafür ist die Plattform ja da :)

In meiner Schichtzeit hatte ich bis zu 110 offene Vorgänge- Die Regel dürften so um die 40 sein. Bei der Kripo mal mehr mal weniger, 20-30 ist hier die Regel.

Ja, du sprichst einen guten Punkt an: Kann man sich noch jedem Einzelfall widmen? Die ehrliche Antwort: Nein.

Das ist auch einer der Gründe, wieso die Polizei als so extremer Erfahrungs-Beruf gilt. Ich muss mich halt am Anfang festlegen, in welche Fälle ich meine Energie reinstecke und in welche es vermutlich sinnlos wäre. Bei letzteren mach ich einfach ein paar Alibi anfragen - wenn doch was rauskommt, geil, wenn nicht, so what...

4