Psychotherapeuten Transidentität?
Hallo ich suche in Magdeburg Psychotherapeuten die spezialisiert sind auf Transgender. Könnt ihr mir wen empfehlen oder gibt es hier überhaupt welche? Und könnte mir einer den genauen Weg beschreiben der jetzt vor mir liegt? Ich bin ftm und bin 25 und hab jetzt einfach verstanden dass ich im zu 100% im falschen Körper bin. Muss ich zuerst zu meinem Hausarzt? Danke für eure Hilfe
1 Antwort
Ich kenne jetzt direkt keine genauen Adressen, es wird aber sicherlich welche in Magdeburg und/oder Umgebung geben. Ich kann dir den Tipp geben mal in einem speziellen Forum oder in Facebook-Gruppen für Transidente Menschen umzuhören, da wird es mit Sicherheit mehrere geben, die aus deiner Ecke kommen. Auch kann es hilfreich sein, wenn du dich mal nach einer Selbsthilfegruppe/einem Stammtisch/einer Beratungsstelle für transidente Menschen in deiner Nähe umhörst (die wird es mit Sicherheit auch geben), dort erfährst du aus erster Hand viele gute Anlaufstellen.
Den genauen Weg beschreiben ist eigentlich gar nicht wirklich möglich, da das immer sehr individuell abläuft, ich versuche trotzdem mal es etwas aufzuführen.
- Der erste Schritt und wahrscheinlich der schwerste aber auch wichtigste ist für die meisten, sofern du dies noch nicht bereits erledigt hast, das Outing.
- Meistens wird dann die Psychotherapie in Angriff genommen. Dort finden dann erst mal die Erstgespräche statt und die Diagnostik.
- Im Verlauf der Psychotherapie geht es dann auch darum, ob und wann man eine gegengeschlechtliche Hormontherapie machen möchte. Der sogenannte "Alltagstest" (= vor Indikation für die Hormontherapie ein Jahr als das gewünschte Geschlecht leben) ist mittlerweile keine feste Voraussetzung mehr, jeder Therapeut entscheidet individuell, wann er das "Startsignal" gibt. Meiner Erfahrung nach bewegt sich die Zeit der Psychotherapie bis zur Indikation etwa zwischen 3 - 12 Monaten, das handhabt aber jeder Therapeut anders. Mit dem Indikationsschreiben in der Hand (oder bereits kurze Zeit) vorher geht es dann zu einem Endokrinologen, der die Hormontherapie begleitet (ggf macht dies auch ein Urologe). Beim ersten Termin wird man einmal durchgecheckt, das sind meist ein paar Fragen beantworten, ein Ultraschall der inneren weiblichen Organe, Blutabnahme (Chromosomentest), ... Wenn alles soweit gut ist, dann geht es meist beim nächsten Termin los. Testosteron wird entweder als Gel (welches man täglich Zuhause aufträgt) oder als Spritze (Im Intervall, je nach Depot-Größe) gegeben, in manchen Fällen gibt es noch Hormonblocker. Meistens wird mit einer geringeren Dosis gestartet und später erhöht.
- Für die meisten Transmänner ist das nächste große Ziel die Mastektomie, also die Angleichung an die männliche Brust. Das Indikationsschreiben gibt es hierfür in der Regel nach 18 Monaten Psychotherapie. In Deutschland gibt es verschiedene Kliniken, die du frei wählen kannst. Daher lohnt es sich, verschiedene Erfahrungsberichte einzuholen (auch hier noch mal der Verweis an lokale Gruppen oder im Netz) und ein Erstgespräch mit dem operierenden Arzt zu vereinbaren (Hier kann man Fragen stellen, der Ablauf wird erklärt, Bilder gezeigt, ...).
- Mancher lässt auch noch eine Hysterektomie machen, also die Entfernung der Gebärmutter (meist inklusive Eierstöcke und co.). In Reinbek kann man derzeit die Mastektomie + Hysterektomie in einer Operation durchführen lassen.
- Falls man einen Aufbau machen lassen möchte gibt es derzeit im Grunde zwei verschiedene Varianten: der kleine Aufbau und der große Aufbau. Ich werde das an dieser Stelle stark verknappen. Kleiner Aufbau: Mobilisierung und Streckung der Klitoris (welche durch die Gabe von Testosteron meist deutlich an Größe gewinnt). Großer Aufbau: Aufbau eines Penoids aus körpereigenem Material, gegliedert in mehrere Operationen.
Kosten: Bei der Hormontherapie keinerlei Kopfschmerzen: Das wird wie jedes übliche Rezept übernommen.
Für die operativen Maßnahmen muss man einen Antrag auf Kostenübernahme an seine Krankenkasse stellen. Hierfür gibt es Vorlagen im Internet. Sofern man alle Bedingungen erfüllt und Unterlagen einsendet muss man sich allerdings keine großen Sorgen machen.
Vornamens- und Personenstandsänderung: Die kannst du jederzeit (!!!) bei deinem zuständigen Amtsgericht beantragen - es ist keine Psychotherapie oder sonst was von Nöten, nur der Drang, seit mindestens 3 Jahren als das Wunschgeschlecht zu leben. In Rahmen dessen müssen zwei Gutachten angefertigt werden, Gutachter kann man aber auch vom Gericht zugeteilt bekommen, das sind meist ein oder wenige Gespräche. Hier fallen Kosten an, ich höre meist was von 1500 - 2500. Hat man dieses Geld nicht, kann man einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen, direkt, wenn man den Antrag stellt.
Das ist jetzt noch sehr grob, bei Rückfragen gerne melden. Stand 2019.
Hilfsmittel:
Binder: Zum Abbinden der weiblichen Brust, können ggf. sogar von der Krankenkasse übernommen werden. In Deutschland gibt es das bspw. bei Transtoy oder OtherNature (online).
Packer/Epithesen: Es gibt sogenannte Packer, das sind quasi Imitationen von einem Penis, je nach Preisklasse unterschiedlich realitätsgetreu, teilweise zum im Stehen pinkeln oder um penetrativen GV zu haben. Eine andere Hausnummer sind da Epithesen, die werden individuell für dich angefertigt, meist sehr detailliert und realitätsgetreu, sehr teuer aber werden mit Antrag ggf von der Krankenkasse übernommen.
Auch wichtig: Keiner dieser Schritte ist ein Muss. Manch einer möchte keinen Aufbau machen, manche möchten nicht mal die Hormontherapie machen. Jeder entscheidet für sich selbst, welchen Schritt er geht und in welchem Tempo.
Zum Hausarzt brauchst du nicht. Sofern der Psychotherapeut auch über die Kasse abrechnen kann (das geht in der Regel), kommen auch hier keine Kosten auf dich zu. Das einzige was man auf diesem Weg eigentlich zahlen muss sind alle paar Wochen die ollen üblichen 5-10€ Rezeptgebühr für das Hormonpräparat und die Kosten für die Namensänderung :).
Und was das Anrufen angeht: Nummer raussuchen, sagen man sucht eine Begleittherapie da man transident ist und fertig. Je nach Gebiet und Psychotherapeut gibt es aber häufig Wartezeiten, da die echt überfüllt sind.
Eine Frage hätte ich da noch also muss ich gar nicht zu meinem Hausarzt und übernimmt die Krankenkasse auch die Besuche bei dem Psychotherapeuten? Oder wie läuft das? Einfach da anrufen und einen Termin machen bei dem Psychotherapeuten? Okay das waren jetzt mehr als nur eine Frage 😅