Offene Systeme am Beispiel eines Autoreifens?

2 Antworten

1 bar = 1000 mbar = 1000 hPa

ich dachte der Umgebungsdruck ist 1013 hPa

1013,15 hPa ist der Druck der Normatmosphäre auf Meereshöhe. Der tatsächliche Luftdruck kann davon aber abweichen. 1 bar ist als Angabe durchaus möglich für den Umgebungsdruck, erleichtert aber wegen der glatten Zahl auf jeden Fall die Rechnung.

Ansatz:
Man könnte das ganze über das ideale Gasgesetz mit Massen lösen, aber das wird recht kompliziert. Da wir aber im Prinzip konstante Temperaturen haben und ansonsten nur Drücke und Volumina, probieren wir es mit dem Gesetz von Boyle-Mariotte:

p * V = const.

Manchmal wird eine Lösung einfacher, wenn man sie vom Ende her denkt. Wir stellen uns also vor, wir hätten zwei Reifen. Einer hätte 2,5 bar Überdruck, der andere 3,5 bar Überdruck. Nun lassen wir aus beiden die Luft raus (bei konstanter Temperatur) und messen das Luftvolumen unter Umgebungsdruck.

2,5 bar Überdruck = 3,5 bar absolut
3,5 bar Überdruck = 4,5 bar absolut

1) Luft aus dem Reifen mit 2,5 bar Überdruck, V2 ist das Volumen der rasugelassenen Luft
V1 * p1 = V2 * p2
V2 = V1 * p1/p2 = 60 l * 3,5/1 = 210 l (bei 1 bar)

2) Luft aus dem Reifen mit 3,5 bar Überdruck, V3 ist das Volumen der rasugelassenen Luft
V1 * p1 = V3 * p3
V3 = V1 * p1/p3 = 60 l * 4,5/1 = 270 l (bei 1 bar)

ΔV = V3 - V2 = 270 l - 210 l = 60 l

Ergebnis: wir müssen 60 l Außenluft in den Reifen pumpen, um dort den Überdruck von 2,5 bar auf 3,5 bar zu erhöhen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Thermodynamik im Hauptfach studiert.
xDarklight 
Fragesteller
 01.10.2019, 17:01

Ich habe noch eine Frage was heißt der folgende Satz " Sind in der Aufgabe Volumenströme zu ermitteln, so liegt die Lösungsidee darin, das System so zu behandeln, als ob es geschlossen wäre und den veränderten Volumenbedarf unter den neuen Bedingungen zu ermitteln." ?

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Hamburger02  01.10.2019, 18:21
@xDarklight

Das habe ich mit meinem Ansatz praktisch germacht.

Anstatt die Luft aus dem Reifen zu lassen oder einzufüllen, was ja einen Volumenstrom durch das Ventil bedeutet hätte, habe ich einfach das System geschlossen gehalten (die Masse blieb konstant) und das Volumen solange vergrößert, bis der Außenluftdruck ereicht war. Das entsprechende Modell wäre ein Zylinder mit einem Kolben gewesen, bei dem ich den Kolben soweit herausziehe, bis sich im Zylinder der Außenluftdruck eingestellt hat.

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xDarklight 
Fragesteller
 01.10.2019, 19:36
@Hamburger02

Also das System als geschlossen betrachten, das heißt kein Masseaustausch mit der Umgebung. Es geht hier nur um die unterschiedlichen Volumenströme, die wir anschließend subtrahieren müssen um den Volumenunterschied zu erhalten, so ist das richtig, oder ?

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xDarklight 
Fragesteller
 01.10.2019, 19:44
@xDarklight

Ah und noch eine Frage, wie würde man diese Aufgabe lösen, wenn man die ideale Gasgleichung mit der Massenformel nützen müsse ?

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Hamburger02  01.10.2019, 22:25
@xDarklight
Also das System als geschlossen betrachten, das heißt kein Masseaustausch mit der Umgebung.

Das ist die Definition.

Es geht hier nur um die unterschiedlichen Volumenströme, die wir anschließend subtrahieren müssen um den Volumenunterschied zu erhalten, so ist das richtig, oder ?

Hm, ....

Der Volumenstrom tritt ja eigentlich nur kurzfristig beim Aufpumpen auf. Davor und danach haben wir wieder ein geschlossenes System. Das eröffnet uns die Möglichkeit, nur den Anfangs- und den Endzsutand des geschlossenen Systems zu betrachten und den Prozess dazwischen zu ignorieren. Den Endzustand, in meinem Fall den Reifen komplett auf Umgebungsdruck zu entlüften, ist dabei natürlich nur ein Gedankenexperiment.

Nur nebenbei: die Methodik der Thermodynamik unterscheidet sich grundlegend von der sonstiken Methodik der Physik und auch Chemie. Sonst geht man analytisch vor und hangelt sich von Vorgang zu Vorgang durch. Das macht die Thermodynamik in der Regel nicht. Sie betrachtet Systeme nicht analytisch, sondern gesamtheitlich. Systeme werden als Black Box betrachtet, bei denen es gar nicht interessiert, was im Einzelnen passiert. Erst das ermöglicht viele relativ einfache Berechnungen. Im Prinzip kommt man damit aus, dass man Anfangs- und Endzustände betrachtet sowie das, was an den Systemgrenzen passiert. Das gleicht natürlich manchmal einer Art Blindflug und man rechnet Sachen aus, ohne wirklich zu wissen, was da nun genau passiert.

Dieser Unterschied in der Methodik sowie die damit einhergehenden teils sehr abstrakten Betrachtungsweisen ist mit ein Hauptgrund, warum TD selbst bei ausgewachsenen Physikern und bei vielen anderen Naturwissenschaftlern und Technikern als ein Horror- und Durchfallfach gilt (neben Mathe). Sobald man aber aufhört, die analytischen Methoden im Hinterkopf zu haben und sich auf diese abstrakte und ganzheitlich-systemische Methodik einzulassen, kann TD sogar richtig Spass machen, weil man viele Erkenntnisse auf relativ kurzem Weg erlangen kann und im Laufe der Zeit ein "Gefühl" dafür entwickelt, ohne groß zu rechnen, was möglich ist und was nicht.

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Hamburger02  01.10.2019, 22:28
@xDarklight
Ah und noch eine Frage, wie würde man diese Aufgabe lösen, wenn man die ideale Gasgleichung mit der Massenformel nützen müsse ?

Vom Ansatz her nicht viel anders. Wenn man mit der idealen Gasgleichung anfängt, kommt man am Ende auch auf dass selbe Ergebnis und im Laufe des Rechenfortschrittes würden die Werte, die man am Anfang mitschlebt, also Rs, T, m auch wieder rausfallen.

Wenn du übrige Zeit hast, kannst du das gerne mal versuchen. Wäre eine schöne Übung, um etwas Training bei diesem Thema zu kriegen. Aufgrund meiner Erfahrung weiß ich natürlich inzwischen, wie ich von Anfang an einen kurzen Weg finde.

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In der Angabe steht offenbar, dass Du näherungsweise mit einer "Umgebung von ursprünglich 1,0 bar " rechnen sollst. Wenn also bei einem leeren Reifen (1 bar = kein Unterschied zur Umgebung) 60 Liter Luft drin sind, dann sind bei 2 bar 120 Liter Luft drin, bei 2,5 bar 150 Liter und bei 3,5 bar 210 Liter (das 3,5 fache von 60 Liter).

Die Rechnung stimmt SO aber nur "bei konstanter Temperatur". Da sich bei Druckveränderungen üblicherweise die Temperatur ändert, wäre die Rechnung in echt um einiges komplzierter. Das kann man rechnen und dazu brauchst Du dann die spezifische Gaskonstante.