Leitmotive immer nur ein Wort?

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Der Ausdruck Leitmotiv stammt aus der Musik Richard Wagners, der in seinen Opern mit jeweils einem kurzen musikalischen Stückchen, zB einer bestimmten Melodie, bestimmte Personen oder Zusammenhänge charakterisierte, Stückchen, die immer dann ertönen, wenn die betreffende Person auftritt oder an den betreffenden Zusammenhang erinnert werden soll. Wagner selber nannte den Kunstgriff Leitmotiv.

In der Literaturbetrachtung  von „Leitmotiven“ zu sprechen, ist daher bereits eine bildliche Übertragung dessen, was die Original-Bedeutung von "Leitmotiv" war. Thomas Mann (ein großer Wagner-Verehrer) benutzte seinerseits zur Charakterisierung von Personen, besonders in Buddenbrooks, bestimmte Wendungen, damit man die betreffenden Personen (weit über 100 in diesem Roman) gleich richtig erinnerte, sowie meist zur Erzielung eines ironischen Effekts..

Zum Beispiel ist bei dem betrügerischen Kaufmann Grünlich, der die Lübecker Patrizier-Familie Buddenbrook mit Schmeicheleien umwirbt, auf dass sie der Heirat von Tony Buddenbrook mit ihm zustimmt, ein Leitmotiv dessen Ausdruck "Das putzt ganz ungemein", wenn er in Buddenbrooks' Haushalt etwas angeblich als besonders attraktiv bewundert. Diese Wendung nehmen Tony und ihr Bruder Christian auf, um ihn zu verspotten; und sie ist sogar auch im allgemeinen Deutsch sehr üblich (ein „geflügeltes Wort“) geworden [Wort hier = „Wendung“).

Ein einzelnes Wort (im Gegensatz zu mehreren Wörtern) braucht ein lietrarisches Leitmotiv  also sicher nicht zu sein. (Vorausgesetzt, der betreffende Literaturkritiker bzw dein Lehrer erinnert sich der Herkunft des Ausdrucks „Leitmotiv“: DAS müsstest du klären.)