Klausurvorbereitung Kleisthenes, Solon?

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Solon, Rat der 400

Über den von Solon eingeführten Rat der 400 ist nur sehr wenig bekannt. Solon hat nach Aristoteles, Athenaion politeia (Staat der Athener) 8, 4 einen Rat der 400 geschaffen, aus je 100 Mann der Phylen. Solon hat nach Plutarch, Solon 19 einen Rat der 400 eingesetzt, aus je 100 Mann der 4 Phylen, und ihm den Auftrag gegeben, eine Vorberatung zur Volksversammlung durchzuführen.

Der Rat der 400 war eine zweite Ratsversammlung neben dem Areopag. Eine kontrollierende Wirkung über den Areopag wird als eine Funktion des Rates der 400 in den Quellen nicht genannt.

Eine gewisse Kontrollaufsicht gegenüber Beamten ist später gekommen.

Kleisthenes hat den Aufbau aus Phylen verändert (kurz vor 500 v. Chr.) und statt des Rates der 400 einen Rat der 500 eingeführt (je 50 Mitglieder aus jeder der 10 Phylen). Um 461/460 v. Chr. wurden dem Areopag einige von ihm ausgeübte Aufsichts- und Eingriffsrechte entzogen und teils auf die Volksversammlung, teils auf den Rat der 500, vor allem aber auf die Volksgerichte übertragen. Dies war eine weitgehende politische Entmachtung des Areopags.

Eine Vorberatung ist als Vorbereitung von Volksversammlungen in der Praxis nützlich gewesen. Es konnten schon Themen auf eine Tagesordnung gesetzt werden und Überlegungen zu Beschlüssen ausgetauscht werden. Der Rat der 400 bzw. später dann der Rat der 500 konnte einen Vorschlag empfehlen, musste dies aber nicht. Der Rat konnte jedenfalls  nicht die Volksversammlung beiseiteschieben, sondern diese blieb bei der Gesetzgebung ausschlaggebend. Der Volksversammlung wurden keine vom Rat vorgegebenen Gesetze einfach aufgedrückt. In der Volksversammmlung hatte jeder Staatsbürger Rederecht und konnte selbst einen Antrag stellen. Bei Gesetzesvorlagen könnten auch Änderungen vorgeschlagen werden. Ein Politiker, der einen Gesetzvorschag beabsichtigte, konnte dies schon vorher mitteilen und öffentliche Äußerungen konnten auch Bürger der vierten Vermögensklasse erreichen. Am Ende entschied eine Mehrheitsabstimmung der Volksversammlung.

Die Volksversammmlung stand für die Gesamtheit der Bürger des Staates und war daher zur Gesetzgebung berechtigt.

Solon hat sich als jemand verstanden, der eine ausgewogene Ordnung schuf, allen die ihnen zustehenden Rechte gab, aber nicht mehr, ein Mittler zwischen Vornehmen und Reichen (dem Adel) und dem einfachen Volk/den Armen, beide Seiten schützend und an Überheblichkeit und Zügellosigkeit hindernd. Seine Leitvorstellung war die Eunomia (griechisch: εὐνομία; Wohlordnung, gute Ordnung). Solon lehnte Anteilsgleichheit (griechisch: ἰσομοιρία [isomoiria]) ab. Das, was dem Volk nach seiner Auffassung zukommt, ist nicht völlige Freiheit und politische Gleichberechtigung, Mitbestimmung über die grundlegende rechtliche und politische Ordnung hatten aber alle Bürger verdient.

Solon, Währung

Aristoteles, Athenaion politeia (Staat der Athener) 10 schreibt Solon eine Neuordnung der Maße, der Gewichte und Münzgeldes zu. Bei Maßen, Gewichten und Münzgeld habe es eine Vergrößerung gegeben. Die Währungseinheit Mine (griechisch: μνᾶ [mna]), die vorher ein Gewicht von 70 Drachmen hatte, sei zu 100 Drachmen aufgefüllt worden.

Plutarch, Solon 15 gibt an, gemäß Androtion habe Solon die Mine, die vorher 73 Drachmen war, zu 100 Drachmen gemacht.

Sehr klar sind diese Darlegungen nicht. Grundsätzlich denkbar ist, dass einheitliche Normen mit zueinander passenden Beziehungen eine wirtschaftlich günstige Auwirkung haben. Nicht sicher ist, ob es zur Zeit von Solons Wirken tatsächlich schon attische Münzen gegeben hat. Peisisstratos hat möglicherweise eine neue Münze mit einem Wert von 4 Drachmen eingeführt, die Tetradrachme (griechisch: τετράδραχμον [tetradrachmon]). Das ist aber etwas anderes als eine neue Währung.

Solon hat durch die »Lastenabschüttelung« (griechisch: σεισάχθεια [seisachtheia]), eine Tilgung der privaten und öffentlichen Schulden, die wirtschaftliche Entwicklung gefördert, vor allem für die Kleinbauern. Ein Gesetz bestimmte Ehrlosigkeit bei faulem Müßigang mit Vernachlässigung seines Landbesitzes. Ein Gesetz, nach dem für Kinder eine Pflicht zum Lebenunterhalt ihrer alten Eltern wegfiel, wenn diese sie nicht ein Handwerk hatten lernen lassen, könnte handwerkliche Tätigkeit angeregt haben.

Bestehen blieb eine verhältnismäßige Armut der Kleinbauern (eine Landverteilung, die daran mit weitgehenden Eingriffen stark etwas geändert hätte, schied aber auf Solons Weg eines Kompromisses als Maßnahme aus). Eine völlige Beseitigung von Machtkämpfen einzelner Adliger gelang nicht und auch keine Verhinderung der Entstehung einer Tyrannis in der Folgezeit (Peisistratos, dann seine Söhne Hippias und Hipparchos; allerdings war eine völlige Ausschaltung einer solchen zukünftigen Entwicklung auch kaum erreichbar).

Peisistratos hat armen Bauern großzügige Darlehen geboten.

Kleisthenes, Archonten

Für hohe Ämter erschienen ausreichend Zeit ohne Bemühung um den Lebensunterhalt und einiges an Kenntnissen günstig. Eine finanzielle Aufwandsentschädigung ist erst später eingeführt worden. Bei wohlhabenden Leuten konnte im Fall von Amtsvergehen durch Vermögensstrafen etwas herangezogen werden.

In der athenischen Demokratie ist es im Lauf der Zeit zu Herabsetzung der Besitzanforderungen/Einkommensanforderungen bei der Zulassung zu Ämtern gekommen. Zu Archonten (griechisch: ἄρχοντες [archontes]; Singular: ἄρχων [Archon]) konnten spätestens 487/486 v Chr. auch Angehörige der zweiten Vermögensklasse (Hippeis) gewählt bzw. gelost werden, seit 457/456 v. Chr. auch Angehörige der dritten Vermögensklasse (Zeugiten), in späterer Zeit (spätestens 4. Jahrhundert v. Chr.) hat tatsächlich anscheinend keine Beschränkung nach Vermögensklassen mehr stattgefunden, indem keiner, der zu einem Amt gelost wurde, angab, nur Thete (vierte Vermögensklasse) zu sein und diese Nicht-Angabe der eigenen Vermögensklasse geduldet wurde (vgl. Aristoteles, Athenaion politeia [Staat der Athener] 7, 4).

Der Rat der 500 gab den Beamten keine Anweisungen. Er hatte eine gewisse Kontrollaufsicht. Die Archonten sollten für das Volk insgesamt tätig sein, nicht ausschließlich für die Vornehmen und Reichen.

Der Archon polemarchos (griechisch: ἄρχων πολέμαρχος) hatte in einer frühen Zeit den militärischen Oberbefehl, aber bald übernahmen die gewählten 10 Strategen (griechisch:  στρατηγοί [strategoi]; Singular: στρατηγός [strategos]) die militärische Leitung. Bei einem feindlichen Angriff waren dann schnelle Entscheidungen, wenn es nötig war, ihre Aufgaben.

Alter für Wählbarkeit

Die damalige Gesellschaft war stark von Tradition geprägt. Bei Volljährigkeit (mit 18 Jahren, es gab dann für Epheben noch eine Ausbildung im Militärdienst für 2 Jahre, was ihre tatsächliche Möglichkeit zur Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen einschränkte) bekamen Bürger das Recht abzustimmen und zu wählen. Für das Ausüben politischer Ämtern erschien das Sammeln von Erfahrung mit einem Hereinwachsen in die politische Odrnung wünschenswert. Etwas Älteren wurde eher Mäßigung und Besonnenheit zugetraut.

Ostrakismos und Personenrechte

Bei einem Ostrakismos (griechisch: ὀστρακισμός; »Scherbengericht«) behielt der Betroffene sein Vermögen und seine Ehrenrechte als Bürger, denn er wurde rechtlich nicht eines Vergehens schuldig gesprochen. Er wurde für 10 Jahre aus dem Staatsgebiet verwiesen. Ihm blieben seine Personenrechte. In der Zeit seiner Abwesenheit konnte er nicht an politischen Beschlüssen seines Staates mitwirken.

NetterGau 
Fragesteller
 10.10.2023, 08:45

Vor Solon: Der Areopag achtete darauf, dass im Volk alles mit rechten Dingen zugeht.

Bei Solon: Oberaufsicht, Wächter der Gesetze, Rat der 400 kontrolliert den Areopag und hatte Verwaltungsaufgaben. Wieso hat man aber diese Macht beim Areopag gelassen? Die Adligen hatten ja immer noch die Vorherrschaft, aber warum hatte Solon damit "Oberaufsicht"/"Wächter der Gesetze" als wichtiger eingeschätzt und diese übertragenen Verwaltungsaufgaben als unwichtiger? Warum hat er genau die übertragen, warum durfte der Rat der 400 jetzt ALLEINE (mit Volksversammlung) über Gesetze abstimmen, warum hat das der Areopag zugelassen?

Der Areopag wurde jetzt vom Rat der 400 kontrolliert, wie aber konnte er gegen ihn vorgehen, weil ja nicht geklagt werden konnte. Die Adligen hatten damit eine Vormachtsstellung, da ist es doch egal, wer Gesetze beschließt, oder? Also warum durfte der Rat der 400 z. B. Amtsgeschäfte machen und fiel das nicht unter die "Oberaufsicht des Areopags"?

Warum durften im Volksgericht alle 4 Klassen sitzen, im Rat der 400 aber nicht mehr, v. a. konnte man ja gegen Archonten klagen. Das macht ja keinen Sinn

Warum hat Solon auch diese Zweiteilung von Rat und Volksversammlung gutgeheißen?

Kleisthenes: Wieso wurden bei ihm "durch eine vollstädige Neugliederung Attikas die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Adligen und Bauern aufgelöst"`

Wieso hat man den Beschluss zum Ostrakismos ERST dem Rat der 500 gegeben und später der Volksversammlung gegeben?

Was ist damit gemeint, Aristoteles "Staat der Athener"

Auch verband er die in jedem Demos Wohnhaften miteinander zu Demenmitgliedern, damit sie nicht mehr durch Verwendung der Vatersnamen die Neubürger bloßstellten, sondern sich nach ihren Demen nannten, deshalb benennen sich die Athener nach den Demen.

https://prnt.sc/X_208gPvsfA8

Der Rat der 500: Dort konnten auch ärmere Bürger (faktisch nicht, weil keine Diät, aber theoretisch) den Archonten dann Anweisungen geben, oder? Warum hat man diesen krassen Schritt gemacht? Warum hat man dem Rat der 500 weiterhin die Regierungsgeschäfte anvertraut?

Befiehlt der Archont den Strategen, wie sie handeln oder waren sie ihm schuldig, zu sagen, was sie gemacht haben? Wer hatte im Notfall die Macht und warum?

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Albrecht  10.10.2023, 23:49
@NetterGau

Zum Rat der 400 bei Solon ist wenig bekannt. In den Quellen ist die Vorberatung die einzige genannte Funktion. Den Areopag hat er nicht kontrolliert. Der Areopag hatte vor allem in der Rechtsprechung Befugnisse. Dazu, wie der Areopag Überwachung und Aufsicht ausgeübt hat, ist für die frühe Zeit kaum etwas bekannt. Vielleicht hatte der Areopag Befugnisse oder eine Rolle in der Praxis bei der Dokimasie/Dokimasia (griechisch: δοκιμασία), einer hauptsächlich formalen Eignungsprüfung von Bewerbern für Ämter (z. B. Besitz des Bürgerrechtes, Erfüllung vorgeschriebener Bürgerpflichten, geistige und charakterliche Mindestvoraussetzungen), der Überprüfung der Rechenschaftsablegung/Euthyna/Euthynie (griechisch: εὐϑύνα) von Beamten/Amtsinhabern am Ende ihrer Tätigkeit und der Behandlung der Eisangelia (griechisch: εἰσαγγελία), einer öffentlichen Klage in Strafsachen.

Was zum Areopag als Hüter/Wächter der Gesetze oder Aufseher über die wichtigsten Staatsinteressen geschrieben wird, gibt nicht deutlich die Befugnisse an. Möglicherweise ist in einer späteren Zeit aus wenigen begrenzten Befugnissen einer Aufsicht/Kontrolle (Dokimasie, Euthyna, Eisangelia) eine allgemeinere Rolle der Überwachung und Aufsicht abgeleitet worden.

Zu Verwaltungsaufgaben des Rates der 400 gibt es keine Quellenaussagen.

Der Areopag hatte auch vorher keine Zuständigkeit für Gesetzgebung, er kümmerte sich um Einhaltung und Anwendung der bestehenden Gesetze. Die Volksversammmlung war zur Gesetzgebung berechtigt. Der Rat der 400 durfte nicht durch Abstimmung Gesetze beschließen. Er konnte nur vorberaten. Die Volksversammmlung entschied.

Das Volksgericht als Berufungsinstanz (wenn jemand gegen eine Rechtsprechung Einspruch einlegte) ist von Solon wahrscheinlich dazu gedacht gewesen, Leute aus dem einfachen Volk vor ungerechter Behandung durch mächtige und reiche Männer in hohen Ämtern zu schützen. Daher war es sinnvoll Männer aus allen 4 Vermögensklasssen zum Volksgericht zuzulassen.

Beim Rat der 400 hat Solon vielleicht den ärmsten Bürgern nicht so viel Bildung zugetraut, um bei der Vorberatung tüchtig zu sein, oder gemeint, sie könnten sich finanziell den Zeitaufwand nicht leisten (eine Aufwandsentschädigung gab es damals nicht), und ihn auf die obersten 3 Vermögenklassen beschränkt.

Der Rat der 500 bekam deutlich nach Kleisthenes, ab 461/460 v. Chr., einige Kontroll-/Aufsichtsrechte über die Beamten.

Wenn der Beschluss zum Ostrakismos erst dem Rat der 500 und später der Volksversammlung gegeben wurde, ist dies eine Entwicklung hin zu mehr Demokratie.

Der Rat der 500 war als Institution bedeutend. Dem Rat der 500 die laufenden Staatsgeschäfte anzuvertrauen, war praktisch, weil im Wechsel ein geschäftsführender Ausschuss aus 50 Männern (Prytanie) sich ständig darun kümmerte.

Eine Auswirkung der Neugliederung Attikas nach Phylen durch Kleisthenes war eine Mischung verschiedener landschaftlicher Gebiete innerhalb jeder Phyle (griechisch: φυλή). Dies erreichte eine Ausschaltung landschaftlicher Sondereinflüsse und – interessen auf der Ebene der politischen Vertretung (Rat der 500 aus Bürgern der Phylen gebildet) und möglicherweise dadurch eine Schwächung des politisch-kulturellen Einflusses des Adels. Die Mischung innerhalb einer Phyle könnte die Rolle besonderer Nachbarschaftsverhältnsisse und Abhängigkeiten der Bauern von bestimmten Adligen im Bereich der Politik verringert haben.

Die in jedem Demos Wohnhaften (Aristoteles, Athenaon politeia [Staat der Athener] 21, 4) sind die athenischen Bürger, die jeweils in einem Demos (griechisch: δῆμος) wohnten, einer lokalen Selbstverwaltungseinheit (insgesamt gab es 139 solche Demen). Der Name eines Atheners sollte nicht mehr aus dem eigenen und dem (möglicherweise adlige und ruhmreiche Herkunft bezeichnenden) Vaternamen bestehen, sondern zum individuellen Namen sollte nur der Name des Demos (dieser Namensteil hieß griechisch δημωτικόν [demotikon]) treten, aus dem jemand stammte. Dies symbolisierte Zugehörigkeit zum Demos und Gleichheit aller Athener. Die politische Einheit sollte gestärkt und betont werden.

Der Archon polemarchos (griechisch: ἄρχων πολέμαρχος) war anfangs der Anführer des ganzen Heeres (Aristoteles, Athenaon politeia [Staat der Athener] 22, 2). Daher konnte er den 10 Strategen Befehle geben. Im Lauf des 5. Jahrhunderts v. Chr. hat sich dies aber bald geändert. Die Strategen wurden Oberbefehlshaber und hatten die Macht für militärische Maßnahmen in einem Notfall.

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