Kennt jemand Gedichte, welche thematisieren, dass das Leben nicht einfach ist, man aber trotzdem durchhalten muss?

4 Antworten

„Abendphantasie“ von Hölderlin:

Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sitzt
  Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd.
     Gastfreundlich tönt dem Wanderer im
        Friedlichen Dorfe die Abendglocke.
 
Wohl kehren itzt die Schiffer zum Hafen auch,
  In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts
     Geschäftger Lärm; in stiller Laube
        Glänzt das gesellige Mahl den Freunden.
 
Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
  Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh' und Ruh
     Ist alles freudig; warum schläft denn
        Nimmer nur mir in der Brust der Stachel?
 
Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf;
  Unzählig blühn die Rosen und ruhig scheint
     Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich,
        Purpurne Wolken! und möge droben
 
In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb' und Leid! -
  Doch, wie verscheucht von töriger Bitte, flieht
     Der Zauber; dunkel wirds und einsam
        Unter dem Himmel, wie immer, bin ich -
 
Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt
  Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja,
     Du ruhelose, träumerische!
        Friedlich und heiter ist dann das Alter.

Strophen 1 und 2 schildern aus der Sicht des lyrischen Ichs das Leben der „Sterblichen“; als Beispiele das des Pflügers, des Wanderers und der Schiffer. Ihr Leben ist am Abend voll Harmonie und Geselligkeit („…in stiller Laube glänzt das gesellige Mahl den Freunden.“)

Im Gegensatz dazu das harte Dasein des „lyrischen Ichs“ (Strophen 3 bis 6; Ausnahme: letzter Vers): „Wohin denn ich?“ „Warum schläft denn nimmer nur mir in der Brust der Stachel?“ (3. Strophe). In der 4. Strophe blüht dem „Ich“ ein Zauber auf. In der 5. Strophe jedoch „flieht der Zauber, wie von törichter Bitte verscheucht.“ „Dunkel wird’s und einsam…bin ich.“ – 6. Strophe: „Doch endlich, Jugend! Verglühst du ja, du ruhelose, träumerische!“

Letzter Vers: „Friedlich und heiter ist dann das Alter.“ 

Fazit: Während die Jugend für das „lyrische Ich“ nur Verzweiflung („Stachel“ = Symbol), vergebliche Hoffnung, törichte, zerrinnende Träumerei bedeutete und am Ende Einsamkeit und Dunkelheit (= Metapher), richtet sich alle seine Hoffnung auf das Alter, von dem es Frieden und Heiterkeit erwartet.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ein etwas dunkles, schwer verständliches Gedicht;
aber mit einer wunderbaren letzten Strophe.

Gottfried Benn
Dennoch die Schwerter halten

Der soziologische Nenner,
der hinter Jahrtausenden schlief,
heißt: ein paar große Männer
und die litten tief.

Heißt: ein paar schweigende Stunden
in Sils-Maria-Wind,
Erfüllung ist schwer von Wunden,
wenn es Erfüllungen sind.

Heißt: ein paar sterbende Krieger
gequält und schattenblaß,
sie heute und morgen der Sieger -:
warum erschufst du das?

(...)

und heißt dann: schweigen und walten,
wissend, daß sie zerfällt,
dennoch die Schwerter halten
vor die Stunde der Welt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Germanistik

Paul Fleming
Sei dennoch unverzagt

Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren! 
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid, 
vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid, 
hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.
(...)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Germanistik

Hier ein kleines:

Christian Morgenstern
Dulde, trage

Dulde, trage.
Bessere Tage
werden kommen.
Alles muß frommen
denen, die fest sind.
Herz, altes Kind,
dulde, trage.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Germanistik