elektrophile Substitution?

2 Antworten

Beginnen wir mit der Titrationskurve. Hier habe ich eine schönere:

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Du siehst, wie die rote Säureform (also das Phenol) im Lauf der Titration verschwin­det und durch das blaue Phenolat ersetzt wird. Den pKₐ-Wert kannst Du bei 5 ml Ver­brauch als pH ablesen; ich habe zur Berechnung den Wert pKₐ=7.781 von Wiki­pedia genommen. Vanillin ist als Säure also ungefähr 100-mal stärker als Phenol, darin ist der −M-Substituent schuld, der die negative Ladung auch über das Aldehyd-O deloka­lisieren kann.

Zur Berechnung der Kurve habe ich die Angaben aus Deinem Text (0.1 mol/l für beide Lösungen) verwendet, obwohl sich Vanillin nur zu ≈0.06 mol/l in Wasser löst.

In Deiner volumetrischen Gahaltsbestimmung hast Du 7 ml einer 0.01 mol/l NaOH verbraucht, das sind n=cV=0.07 mmol. Also betrug die Stoffmenge Vanillin im Kolben ebenfalls 0.07 mmol, in der ganzen Vanilleschote waren es fünfmal soviel also 0.35 mmol und das sind m=Mn=53 mg bzw. w=m/mᵥₐₙᵢₗₗₑ=2.4%, und das ist ein realisti­scher Wert.

Spaßeshalber habe ich auch diese Titrationskurve ausgerechnet:

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und frage mich, was wohl gemeint ist, wenn die Angabe „mit einem geeigneten Indi­kator“ schreibt — ich kenne keinen, der sich für einen so räudigen pH-Sprung eignet.

Jetzt kommen wir zur Nachweisreaktion. Dabei greift das C₈ des Catechins nukleophil an der Aldehydruppe an (wie bei einer Aldolkondensation), oder alternativ das Carbo­nyl-C des Vanillins elektrophil am aromatischen Ring (unter Ausnützung der aktivie­ren­den und o,p-dirigierenden Wirkung der beiden Phenolgruppen). Beide Betrach­tungs­weisen sind natürlich gleichwertig.

Was mich wundert, ist, warum das aromatische System weiterhin erhalten bleibt

Redest Du hier vom Produkt? Du siehst doch, daß sich zuerst ein Alkohol (sp³) bildet, der dann Wasser abspaltet, damit sich das riesige π-System bilden kann. Die an­ge­gebene Grenzstruktur hat den ehemaligen Vanillin-Ring nicht aromatisch son­dern chinoid, aber wenn Du auch Grenzstrukturen mit Formalladung zuläßt, dann gibt es auch welche, an denen das Vanillin aromatisch ist (also Phe­no­lat), und dafür taucht dann eine positive Formalladung an einem O-Atom im Flavon-Gerüst auf.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
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