Bergsteigerausrüstung von 1856?

2 Antworten

Bergsteigen an den 8000ern, zu denen auch der Mount Everest gehört, gibt es erst seit etwa Anfang des 20. Jahrhunderts (erste halbwegs ernsthafte Versuche an K2, Everest und Kangchendzönga ca. 1902, 1904, 1905 ohne nennenswerte Höhenrekorde). Richtiges Höhenbergsteigen hat seine Anfänge erst nochmal ca. 20 Jahre später mit Aufstiegen bis über 8000 m. Dort wurde dann bereits mit Atemgeräten gearbeitet. Ich vermute mal einfach, dass zu der Entwicklung der Atemgeräte auch der erste Weltkrieg stark beigetragen hat. Im ersten Weltkrieg kamen Waffen (bspw. Chlorgas) zum Einsatz, die es zuvor noch nie gegeben hat und dementsprechend war die Erfindung mobiler Atemgeräte nur eine sehr dringende Frage der Zeit. Aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg würde ich nicht erwarten, dass Atemgeräte im Alpinismus eingesetzt worden wären. Auch nicht für die 8000er.

Tatsächlich war die "Entdeckung" des Mount Everest durch die Briten im Jahre 1856 eine Vermessungsarbeit, bei der die Vermesser aufgrund fehlender Genehmigungen der nepalesischen Regierung nie näher als ca. 100 km an den Berg herankamen. An eine Besteigung war während dieser Vermessungs-Expedition überhaupt noch nicht zu denken.

Deine Kurzgeschichte wird also eher die Ausrüstung aus dem alpinen Raum aufgreifen müssen: Diese ist aus der Mitte des 19. Jahrhunderts recht gut überliefert. Mit Nägeln profilierte Schuhsohlen sind bereits aus dem römischen Reich bekannt. Daran haben sich bis ins 19. Jahrhundert hinein eigentlich nur die "modischen" und ein paar kleinere technische Details geändert. Es gab auch in der Antike und im Mittelalter bereits Vorläufer der Grödeln / Steigeisen, um Schneefelder im alpinen Gelände überwinden zu können, diese wurden in den von Engländern weniger stark dominierten Ostalpen eher akzeptiert (die Engländer neigten dazu, Steigeisen als unsportlich anzusehen und wären gleichzeitig in den 1850ern die einzigen gewesen, die überhaupt ein Interesse am Mount Everest gehabt haben könnten). Eispickel, wie man sie heute kennt, sind in den 1850ern gerade so als absolute High-End Produkte aufgekommen. Zuvor haben Hirten, Kristallsucher und Gamsjäger eher den Alpenstock verwendet - im Grunde der untere Teil des Eispickels ohne Haue und Schaufel. Aber gerade Haue und Schaufel machten es erst möglich, steilere Eisflanken durch das Schlagen von Stufen zu begehen. Sonnenbrillen sind am Gletscher lebenswichtig. Diese sind ebenfalls bereits seit hunderten von Jahren überliefert. Inwieweit frühe Alpinisten Sonnenbrillen genutzt haben, ist anhand alter Bilder nicht nachvollziehbar, möglich wäre es jedoch und für einen ernsthaften Besteigungsversuch am Everest absolut essenziell.

Was Seile angeht, wurden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Hanfseile verwendet. Hanfseile wurden auch den absteigenden Bergsteigern am Matterhorn 1865 zum Verhängnis, als eines der Seile beim Versuch, einen Sturz zu halten, riss. Lange Zeit wurden Seile zum Sichern nur über Felszacken gelegt, an denen das Seil im Falle eines Sturzes umgelenkt werden / hängen bleiben soll. Auch die Partnersicherung wurde über Felszacken oder über die Schulter gemacht. Klettergurte gab es nicht, man knotete sich das Seil allenfalls um den Bauch. Stürze wie man sie heute aus dem Sportklettern kennt, tolerierten derartige Sicherungen natürlich keineswegs.

Die Kleidung unterschied sich nicht wesentlich von der robusten Kleidung, die Reisende oder Soldaten trugen. Natürlich genug, um nicht frieren zu müssen. Aber Gehrock, Weste, Hemd - warum sollte man für eine Randerscheinung wie den frühen Alpinismus extra Kleidung machen?

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv in der DRK Bergwacht und viele Bergtouren
xyzxyz583 
Fragesteller
 09.08.2022, 23:25

Wow. Vielen Dank, das ist wirklich hilfreich :)

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Genagelte Lederschuhe, normale warme Kleidung der damaligen Zeit, Hanfseil.

Atemgeräte in 1856? Wovon träumst Du nachts?

xyzxyz583 
Fragesteller
 09.08.2022, 10:49

Naja, ich habe keine Ahnung und auch nichts finden können, aber damit kann ich arbeiten :)

Wie konnte man den Sauerstoffverlust ausgleichen? Tempo verringern? Mehr Pausen? Kürzere Etappen?

Kletterhaken? Karabiner?

Wussten die damaligen Bergsteiger schon von der Todeszone auf dem Gipfel und den Auswirkungen der unterschiedlichen Höhen?

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xyzxyz583 
Fragesteller
 09.08.2022, 11:21

Wie sieht es aus 100 Jahre später? Gegen 1960? Dann könnte ich auch die verschiedenen Höhenzonen und deren Auswirkungen exakter beschreiben, da diese zu dieser Zeit bekannt waren, auch das Vakuum auf dem Berggipfel.

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