Alle wollen Medizin studieren!

9 Antworten

Es handelt sich um ein gesellschaftliches Phänomen, das tiefere Ursachen hat als die vermeintlich freie, "individuelle" Entscheidung des einzelnen. Dem Ganzen liegt ein gestörtes Verhältnis zu dem Phänomen "Krankheit" zugrunde. Jedem leuchtet ein, wenn er sich diese Frage denn nur einmal stellt, dass die Gesundheit im Ganzen nicht gefördert wird, indem jeder Arzt wird. Genausowenig würde die Geburtenrate dadruch steigen, dass jeder Hebamme werden möchte.

Krankheiten gab es schon immer. Es gab auch schon immer einen bestimmten Anteil des Schicksalhaften daran: zum einen bei der Frage, ob man eine Krankheit bekommt, zum anderen bei der Frage, ob die Krankheit, die man bekommt, heilbar ist. Je mehr nach der Vorstellung des Zeitgeists der Gedanke unerträglich wird, dass die Anteile des Schicksalhaften dem Zugriff des denkenden, gestaltenden, verwaltenden Menschen entzogen sind, desto mehr wird als Reflex dieser Haltung die Anzahl derer zunehmen, die Medizin studieren wollen. 


Die Gründe dafür, dass Medizin als Studienfach so gerne gewält wird sind vielfältig.

Einerseits ist da das hohe Sozialprestige des Arztberufes. Ärzte genießen eine hohes Ansehen in der Bevölkerung. Außerdem verdienen Ärzte im Regelfall im Verhältnis zu anderen (auch akademischen) Berufen recht gut. Ärzte, die sich im Krankenhaus beruflich etabliert haben (Fachärzte) haben einen relativ sicheren Job. Man kann anderen Menschen helfen, das ist für viele sicher auch eine Motivation. Medizin bietet beides, die Möglichkeit einer Anstellung, die gut dotiert wird und die Möglicheit, sich selbständig zu machen. Zumindest Ärzte mit einem Kassenvertrag haben im Allgmeinen ein geringeres unternehmenrisches Risiko als andere selbständig Erwerbstätige. Der Beruf des Arztes ist seit Genertionen bekannt und angesehen, Studienanfänger können daher eher abschätzen, was auf sie zukommt, zumindest besser als in so manch anderer Studienrichtung, bei der man nicht genau weiß, was man beruflich nach deren Abschluss zu erwarten hat. Alternative Studenrichtungen, die ein ähnlich hohes Prestige, Jobsicherheit und Einkommen versprachen, wie zum Beispiel BWL, Jura/Jus, Wirtschaftsrecht, andere NAWI-Fächer etc. haben an Attraktivität verloren. Sie sind tendenziell überlaufen, die Einkommen sind gesunken und es ist bei ihnen deutlich schwieriger geworden, überhaupt in den Arbeitsmarkt hineinzukommen. Im Gegensatz dazu haben die Mediziner diesbezüglich das sogeannte Tal der Tränen bereits hinter sich gelassen. Vor allem seit der Wirtschaftskrise von 2008 hat sich für Mediziner im Gegensatz zu vielen anderen Akademikern der Arbeitsmarkt dank anstehender Pensionierungswellen bei den sogenannten Baby-Boomern deutlich verbessert.

Das frage ich mich auch. Der Grund dafür, dass immer noch so viele Abiturienten ein Medizinstudium anstreben, kann nur in einer gewissen Sozialromantik zu finden sein, die durch einschlägige Fernsehserien gefördert wird, welche jedoch mit der Realität nichts zu tun hat. Wer ernsthaft vorhat, Medizin zu studieren, sollte zunächst einmal intensiver hinter die Kulissen blicken, und sich mit Verantwortungsträgern, also Chef- und Oberärzten sowie Kassenärzten unterhalten. In viele Fällen dürfte sich der Wunsch nach einem Medizinstudium danach erledigt haben. Ich als Arzt werde es meinen Kindern definitiv nicht empfehlen, Arzt/Ärztin zu werden - zumindest nicht in Deutschland, wo die Arbeitsbedingungen für Ärzte ohnehin von Jahr zu Jahr schlechter werden.


Naja ALLE wollen auch nicht Medizin studieren. Ich kenn einige die locker Medizin studieren könnten mit ihren Abitur von 1,0 aber es einfach nicht wollen. Die Bezahlung ist tatsächlich jetzt nicht sooo rosig. Klar verdient ein Arzt mehr als ein Verkäufer aber das kann man so auch nicht vergleichen :-)

Es gibt auch Studenten die hauptsächlich darum Medizin studieren weil sie Menschen helfen wollen. Das Ansehen in der Gesellschaft, die einigermaßen gute Bezahlung und die Krisensicherheit des Berufes sind eher nur die i-Tüpfelchen :-)

Ein solides Einkommen, sichere Berufsperspektiven, ein hohes Ansehen in der Gesellschaft und eine sinnvolle Tätigkeit. Außerdem darf man nicht unterschätzen, dass alle den Beruf kennen (auch Großeltern und Eltern) und man sich was darunter vorstellen kann. Wenn ein Abiturient überlegt, später im Management zu arbeiten, weiß er ja oft gar nicht, was da eigentlich abläuft und das schreckt viele ab. Und gerade bei vielen modernen Berufen, z. B. in den Medien, können einem auch die Eltern nicht sagen, was genau man da macht.