Einzelhandel Leistungsdruck und Telefonterror?
Hey,
ich arbeite jetzt als Nebenjob im Discounter (nenne den Namen lieber nicht, aber Dieter Schwarz sollte ein Begriff sein ;) ), um dort morgens ab sechs Uhr die Waren einzuräumen. Da ich erst knapp eine Woche dabei bin, bin ich dort natürlich von der Schnelligkeit im Gegensatz zu den Veteranen ziemlich abgeschlagen.
Im Durchschnitt stehen morgens im Lager 3-4 große Paletten (ca. 1,4m-1,2m Grundfläche und ungefähr 1,80-2,40m hoch). Dabei sind die Produkte auf der Palette nicht zwangsläufig nach Abteilungen geordnet, also kann auch eine Palette Bier neben Windeln stehen usw. Manche Produkte sind sehr klein und daher sind insgesamt sehr viele auf einer Palette.
Um eine Palette zu verräumen, brauche ich aktuell zwischen 40 und 65 Minuten (je nachdem, in welcher Entfernung diese im Markt zu finden sind, relativ großer Laden).
Die Vorgabe zum verräumen einer Palette liegt bei 30 Min, aber inwiefern ist diese Vorgabe überhaupt realistisch? Sagen die das nur, damit man ein wenig Druck hat und dementsprechend schneller arbeitet?
Ich habe ein wenig mit meinen Kollegen gequatscht, manche sind Jahre dabei und kommen mit den 30 Minuten meistens auch nicht aus.
Dazu kommt, dass ich eigentlich 2-3x pro Woche arbeiten soll - jedoch werde ich fast täglich angerufen (1 Anruf, dazu noch viele Whatsapps), ob ich nicht doch einspringen kann und eine Schicht übernehmen kann. Das macht mir irgendwie ein schlechtes Gewissen, dort nein zu sagen (obwohl ich es nicht haben sollte und ja alles in meinem Vertrag erfülle).
Laut meinem Vertrag soll ich ca. 6-9 Stunden pro Woche arbeiten, also wirklich nicht die Welt. Auch wenn ich für 8 Stunden pro Woche eingeteilt bin, muss man jedes Mal Überstunden machen. So komme ich in so einer Woche teilweise auf die doppelte Arbeitszeit.
Bisher war ich fünf oder sechs mal dort arbeiten, ich kam kein einziges mal pünktlich aus dem Laden. In der Regel verlängert sich jede Schicht um etwa 40%, mal mehr und mal weniger.
Ich bin einfach nur froh, dass ich körperlich ziemlich fit und auch noch jung bin. Über 45 Jahre in Vollzeit hält man diesen Job nämlich garantiert nicht durch. Wenn ich meine täglichen Schritte während der Arbeit auf 8h hochrechne, dann hätte ein durchschnittlicher Arbeitstag ca. 34.000 Schritte + Gewicht der Waren natürlich.
Arbeiten manche von euch im Einzelhandel und haben ähnliche Erfahrungen? Sind diese Praktiken normal oder doch eher die Ausnahme?
3 Antworten
Wenn du erst eine Woche diese Arbeit machst, ist es ganz normal, dass du etwas länger brauchst. Deine routinierten Kollegen, wissen wo was hin gehört, und vermeiden dabei eben unnötige doppelte Wege.
Andererseits wird diese "ungelernte" Arbeit doch relativ gut bezahlt. Und niemand zwingt dich wirklich, Zusatzschichten zu absolvieren. Du musst eben lernen, NEIN zu sagen, wenn du dein Pensum erfüllt hast.
Na dann arbeite mal in der Pflege. Anrufe Tag und Nacht. Ständiges einspringen. Bis zu 16 Tage am Stück. Feiertage, Wochenenden, Nacht alles dabei. Man kommt nie pünktlich raus irgwas ist immer. Überstanden werden auch nicht immer bezahlt. Körperliche und psychisch anstrengende Arbeit.
So läuft es nunmal im Arbeitsleben
Arbeite jetzt seit 3 Jahren im Einzelhandel (Ausbildung) und es ist genau wie du es beschreibst. Pünktlich kommt man nie aus dem Laden, freie Tage werden gestrichen und man muss jeden Tag 100% geben.
Ich bin jedes mal schockiert, wenn ich mir die Dienstpläne meiner Kollegen ansehe. Ich bin nämlich jedes Mal wenn ich arbeiten muss zur selben Zeit da, nämlich um 6 Uhr. Aber manche müssen beispielsweise montags von 6-14:15 und am Dienstag von 14-22:15, nur um dann am nächsten Tag von 8-16:45 Uhr zu arbeiten. Da kommt der Körper in gar keinen Rhythmus mehr rein.
Also ich arbeite auch öfters bis 21 Uhr und muss am nächsten Tag um 5 raus weil die Schicht um 6 beginnt.. Ist echt der absolute Wahnsinn
Mittlerweile habe ich vor Leuten, die diesen Job Vollzeit machen wirklich den allergrößten Respekt.
Natürlich muss man jeden Tag 100% geben...du bekommst schließlich auch 100% deines Gehalts oder möchtest du heute mal auf entspannt machen und man zieht dir 20% einfach ab? Was ist das für eine Arbeitsmoral?
Danke für deine Antwort.
Gezwungen wird man natürlich nicht. Jedoch kann man, wenn man eigentlich von 6-9 Uhr arbeiten soll und um 9 Uhr noch nicht fertig ist, nicht einfach das Zeug fallen lassen und gehen. Das könnte man 1 oder 2x machen, dann würde man irgendwann aber auch zu einem netten Gespräch gebeten werden.
Gute Bezahlung ist relativ, an manchen Tagen empfinde ich den Lohn eher als eine Art Schmerzensgeld. Etwas anderes ist es teilweise wirklich nicht. Für die knappen 14€ pro Stunde bewegt man stündlich mehrere Tonnen per Hand, der Rücken wird es einem langfristig danken.