Wie kann man Schachzüge vom Gegner voraus berechnen?

8 Antworten

Wenn man sie voraus wüsste, wäre das Spiel reizlos, weil ohne Ueberraschungen. In der Spielpraxis nimmt man an, dass der Gegner immer den objektiv besten Zug mache. Es ist aber selbst mithilfe von langen Computeranalysen meistens nicht möglich, den besten Zug zu finden. Es genügt aber, für die Vorausberechnung (auch den eigenen Züge) die offensichtlichsten zu betrachten.

Man kann die Schchzüge des Gegners erahnen, wenn man eine größere Anzahl von Partien von ihm studiert hat. Dann kann man meist schon den 1. Zug erahnen. Vorausberechnen kann man nicht, man kennt aber die Vorlieben: Geht er Verwicklungen eher aus dem Weg oder sucht er sie? Zieht er Bauern eher vorbei oder schlägt er lieber? usw.

Weder Meisterspieler noch Vereinsspieler „berechnen“ die Züge voraus. Die Stellungen sind nach den ersten drei Zügen schon so komplex, das kann niemand vorausberechnen.

Im Laufe der Zeit bekommt man als Spieler ein sogenanntes „Stellungsgefühl“, das einem irgendwie sagt, in welche Richtung die Partie und die Pläne fortgesetzt werden sollten. Am besten lernt man das, indem man viele 5-Minuten-Blitzpartien spielt. Bestimmte Figurenkonstellationen häufen sich in bestimmten Eröffnungen. Diese sollte man je nach Erfolg oder Misserfolg anstreben bzw. vermeiden.

Positionsgefühl, stellungsgemäße Pläne (Strategie), ausnutzen von Möglichkeiten (Taktik) lernt man durch das Nachspielen gut kommentierter Meisterpartien. Aljechin, Jussupow, Keres, Awerbach, Lasker, Euwe, Nunn, Tarrasch, Nimzowitsch, Botwinnik und viele andere Meister haben da viel Literatur zusammengestellt und zahlreiche Bücher geschrieben, die man dafür studieren kann …

Natürlich sind die Eröffnungsvarianten nicht mehr unbedingt „aktuell“, doch vermeidet ihre Verwendung schon mal grundlegende Stellungsnachteile nach der Eröffnung und beim Übergang ins Mittelspiel. Ebenso natürlich sind in den Meisterpartien hier und da Fehler - jedoch deutlich weniger als bei normalen Vereinsspielern. Häufig werden diese Fehler von Computern gefunden, da sie sehr tief versteckt liegen und der Computer die Stellungen sehr tief durchrechnen muß.

Man kann natürlich nie genau wissen, was der Gegner spielen wird. Um eine Vermutung anstellen zu können, was dein Gegner evtl. spielen könnte, musst du dich in seine Situation versetzen. Also wenn du z.b. planst, einen Zug zu spielen und wissen willst, wie die Antwort deines Gegners darauf lauten könnte, musst du überlegen, welche Möglichkeiten dein Gegner nach diesem Zug hat und welche Drohungen er evtl. beachten muss.

Du kannst die Züge deines Gegners nicht voraus berechnen, denn dann müsstest du ja die Zukunft berechnen. Du kannst nur versuchen zu berechnen, was er wahrscheinlich machen wird. Dazu musst du überlegen, was an seiner Stelle wohl der beste Zug wäre, und davon ausgehen dass er einen der besten Züge macht.

Du kannst dann für jede wahrscheinliche Möglichkeit, die er wählen kann, selber einen guten Zug für dich selbst herausfinden und dann wiederum überlegen, was er darauf erwiedern könnte.