Was genau hat Descartes gemeint?

14 Antworten

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"'Ich' zweifel, also ist 'Ich'."

Trifft es am besten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich studiere beides.

Der Ausspruch stammt aus einer sehr kritischen Denkweise. Von welcher Existenz kann ich mir überhaupt sicher sein? Die gesamte Welt könnte nur eine Illusion sein. Bin ich möglicherweise nur eine Illusion? Kann ich mir überhaupt sicher sein, dass ich existiere?

Die Tatsache, dass man überhaupt an seiner Existenz zweifeln kann, setzt bereits die eigene Existenz voraus. Cogito ergo sum. "sum" ist die notwendige Voraussetzung für "cogito", wenn also "cogito" => "sum".

Eine Simulation würde sich vermutlich nicht vom Original unterscheiden. Also zu denken würde nicht ausschließen, dass man nur simuliert ist (sofern eine Simulation von Bewusstsein möglich ist). Denken in dieser Aussage mit Bewusstsein gleichzusetzen könnte man vielleicht machen, da mit Denken hier die Bewusstwerdung der eigenen Gedanken gemeint ist.

Das ist überinterpretiert, bzw. nicht mehr so allgemein, wie Descartes Aussage.

Descartes macht keine Aussage, was man nicht ist, wenn man denkt. Die Verneinung macht deine Abwandlung zu einer gänzlich anderen Aussage.

Mit dem Bewusstsein gibt es weniger Probleme. Hier sehe ich den Bruch darin, dass denken ein Prozess ist, während Bewusstsein ein Zustand ist. Besser wäre es, wenn man davon sprechen würde, sich seiner Selbst bewusst zu werden.

Das Wort "Ich" ist das Zentrum von Descartes Weisheit. Was auch immer das Wort denken und verstehen kann, kann schlussfolgern, dass es ist.
Der Satz hat einen tieferen Selbstbezug. Man kann ihn nur verstehen, wenn man ihn auf sich (den Leser) selbst anwenden kann.

Formal ist es klar, dass wenn etwas denkt, es ein Etwas geben muss, das denkt. Es sei denn, das Gedachte schwebt in Platons Ideenwelt. ^^
Aber es steht da nicht "Etwas denkt, also ist es", sondern "Ich denke, also bin ich."
Bei dem ersten Satz könnte man auch einen Computer verdächtigen.

Suboptimierer  15.11.2019, 12:28

Der Unterschied zwischen "Etwas denkt, also ist es" und "Ich denke, also bin ich." ist so interessant, dass ich nochmal darauf eingehen möchte.

"Etwas denkt, also ist es." ist eine zirkuläre Aussage. In der Bedingung wird das verwendet, was erst folgen soll. Wenn etwas denkt, dann denkt etwas. Das Etwas existiert, weil es ein Etwas ist.

Anders ist es beim Satz "Ich denke, also bin ich". Das Ich ist nicht nur ein Subjekt in dem Satz, sondern es ist etwas mit Selbsterkenntnis. Die Selbsterkenntnis macht die die Folgerung wahr.

Das Faszinierende daran ist finde ich, dass mir keine andere Weisheit einfällt, die auf so einer Metaebene operiert. Die Weisheit bedient sich einem Verständnis, welches über die reine Sprache hinaus geht.

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Maarduck 
Fragesteller
 15.11.2019, 13:57
>Mit dem Bewusstsein gibt es weniger Probleme. Hier sehe ich den Bruch darin, dass denken ein Prozess ist, während Bewusstsein ein Zustand ist. 

Für mich ist Denken die zielgerichtete Verarbeitung von Information. Bewusstsein ist die Fähigkeit eigene Denkprozesse wahrzunehmen, so wie Sehen die Fähigkeit ist Lichteinfall ins Auge wahrzunehmen.

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SacreVacheSacre  16.11.2019, 12:48

Selbst in Platons Ideenwelt wäre die Aussage korrekt. Wenn ich ein Gedanke bin, der sich selbst denkt, existiere ich auch.

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Suboptimierer  17.11.2019, 19:16
@SacreVacheSacre

Kommt darauf an, was man unter "Existenz" versteht. Man kann sich eine Idee denken, die sich selbst denkt. Existiert die Idee dadurch? Wenn ja, stimme ich dir zu, wenn die Existenz einer Idee nicht als Existenz im zweiten Sinn verstanden wird, dann kann eine Idee nicht ein Subjekt sein, welches als existierend bezeichenbar ist.

Wenn das als Existenz zählen sollte, wäre die spannende Frage für mich, was mit der Existenz passiert, wenn mal kurz niemand die Idee denkt. Ist das dann eine Art On-Off-Existenz?

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SacreVacheSacre  17.11.2019, 19:42
@Suboptimierer

Naja, ob sich Ideen selbst denken können ist eine andere Frage. Wichtig ist hier nur, dass wenn sich eine Idee selbst denkt, sie existiert, genau so wie Ideen allgemein existieren können, nur unabhängig von dem Denkenden. Und dadurch, dass sie sich selbst denkt, ist sie sich selbst bewusst, wodurch die Existenz keine simple Ideen-Existenz ist, sondern eine Bewusstseins-Existenz, wie bei Menschen.

Zum 2.: Um das zu besprechen wäre es vielleicht fast sinnvoller zu KI überzugehen: Wenn der PC ausgeschaltet und wieder eingeschaltet wird, wie sieht’s mit der Existenz der KI aus? Oder vielleicht noch wichtiger: Ist es dieselbe Entität?

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Das wäre eine Überinterpretation und falsch.

Das eine schließt das andere nämlich nicht aus.

Ich denke, also bin ich - ich existiere und bin mir meiner selbst bewusst. Ich weiß, dass es mich gibt, aber ich weiß nicht was ich bin, außer dem vagen Konzept „ich“. Ich kann ein Mensch sein, ich kann eine Maschine sein, das ist nicht Teil meines Denkens und deswegen nicht Teil meines Wissens.

Das Sein ist nicht einfach nur das Bewußtsein sondern die eigene Existenz insgesamt, und das Denken ist dabei Grundlage der Erkenntnisfähigkeit, denn wer denkt kann die eigene Existenz nicht mehr anzweifeln.

Versuch es erst gar nicht, die große Philosophen sprachlich zu verbessern; Begriffe wie das Sein sind streng definiert und nicht austauschbar; nicht zufällig ist Philosophie die Grundlage auf der die Mathematik entstanden ist und Mathe deshalb eine Geisteswissenschaft und keine Naturwissenschaft - Philosophie ist Mathematik in Worten und sie war zuerst da.