Holla! Ich kann dir nicht genau sagen, warum der Barlach den Gastmann nicht erschossen hat. Ist schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe. Irgendwas war mit einer Wette. Aber ich schick dir hier mal, was ich mir damals über das Buch gedacht habe. Und vielleicht kannst du was damit anfangen? Gruß! Questionmarque
*Der Richter und sein Henker (Dürrenmatt)
Eine Kriminalgeschichte, die sehr schnell aus den Rudern läuft: Beginnend mit einem Mord und gemeinsamer Indiziensuche, sowohl des Lesers wie auch der Protagonisten, der man das Ermittlungspäarchen Tschanz und Bärlach kennen. Man stolpert erst über Bärlachs unorthodoxe Ermittlungsmethoden, rechnet sie ihm zu als Marotten eines alten Kommissars aus der alten Schule, Sonderrechte genießend, da er alt und kurz vor der Pension steht, und da er exotische Sondererfahrungen aus der Zeit als Ermittler in der Türkei mit sich bringt. Erste Verwirrungen tauchen auf, durch ungewöhnliches Verhalten, unterstützt von verfremdend-mystischer Umweltbeschreibung und unerwarteten Geschehnissen. Der Leser ist gezwungen sich aus seiner vorgefertigten Einschätzung der Handlung zu entfernen , besser: den ersten hermeneutischen Zirkel zu verlassen, und sich im Laufe der Erzählung in einen neuen Zirkel, eine neue Art Gattung der Erzählung zu begeben: den verfremdenden Kriminalroman, der zwar auf die Topoi des traditionellen Kriminalromans nutzt, aber deren Tragfähigkeit aufs weiteste überlastet. Es geht schon sehr bald nicht mehr nur um Mord, sondern um die höchsten Themen und zwei Antagonisten. Tschanz kann das alles nicht verstehen. Er brilliert durch die „moderne Kriminalistik“, doch wie gesagt, es geht hier nicht um Mord, sondern um eine ganz andere, viel philosophischere Frage, die sich Bärlach in höchster Verzweiflung selbst eingesteht und damit auch an den Leser Preis gibt: „Was ist der Mensch?“ ('S.72) Ist er wirklich fähig, aus blankem Nihilismus zu töten? Diesen so eiskalt auszunutzen, dessen unverantwortende Freiheit aufs Höchste auszuleben? Eine Frage, die sich Bärlach ebenso stellt wie der Schriftsteller, mit seinem tieferen Einblick in das metaphysische Leben. Lediglich sein Interesse, seine Motivation ist anderer Art, als die des Polizeidelegierten, träumerischer, mit weniger Bezug zur Realität. Zu den Fakten, zu Indizien, zum Mord („Es ist schließlich Aufgabe der Polizei, diese Frage zu untersuchen.“). Das Gespräch zwischen Bärlach und dem Schriftsteller – ein Gespräch zwischen Männern, zwischen sich Einvernehmenden. Tschanz, der ungeduldig Missverstehende am Rande, dem, es nur um Mord geht. *