Ich bin Zimmermann und habe Architektur studiert. Würde ich nun sagen, dass ich ein Haus alleine bauen könnte? Ich sage: Nein. ABER...
Möglich ist viel. In ländlichen Regionen ist der Begriff des Hausbauers (Huusmaker udgl.) durchaus (noch) geläufig. Frage ist, was man sich darunter vorstellen soll und was davon heute noch geht. Dabei sind zeitliche, aber vor allem auch rechtliche Aspekte ausschlaggebend.
Ein Beispiel vorweg:
Wenn ich ein Haus möglichst alleine bauen wollte, würde ich als Zimmerer selbstverständlich ein Holzhaus bauen. Z.B. nordische Holzhäuser. Da könnte man sich sogar spezialisieren. Wenn man dann noch 2 Jahre oder so in Skandinavien die entsprechende Berufserfahrung im Holzbau sammelt, kommst du sicher schon sehr nah an einen Hausbauer heran. Wenn du dann zurückkommst, kannst du sogar eine Marktlücke füllen - wenn du entsprechende Qualität lieferst. Skandinavischer Holzhausbau ist sehr attraktiv. Der Rohbau dieser modernen, technisch sehr ausgereiften und damit sehr energieeffizienten Bauten kann von einem gut ausgebildeten Zimmerer allein durchgeführt werden.
Dennoch darf ein Zimmerer schon die Planung nicht durchführen, darf z.B. auch die Gas- oder Elektroinstallation nicht durchführen. Aber er kann große Teile der Vorarbeiten selbst leisten und kann so den Anteil der Fremdleistungen runterschrauben. Zu gut deutsch braucht man ein Team von Berechtigten, das einem vertraut und das in der Lage ist, deine Kenntnisse und Fähigkeiten sehr gut einzuschätzen. Dann kannst du genaugenommen alles machen und wirst nur noch überwacht vom Profi. Der hält aber den Kopf hin, solltest du Mist bauen.
Ich denke, du musst also zuerst und bevor du überhaupt mit irgendwas anfängst, konzeptionelle Entscheidungen treffen, sowas wie einen Realitäts-Check durchführen.
An deiner Stelle würde ich mich einige Dinge fragen:
- Woher rührt dein Wunsch, selbst Häuser zu bauen?
- Willst du für dich oder für andere bauen? (Rechtssicherheit des ausgebildeten Profis ist für andere meist sehr wichtig!)
- Was hindert dich, wie fast alle anderen, mit einem Team von spezialisierten Profis zu planen und zu bauen?
- Willst du Fame/Anerkennung - oder willst du viel Geld verdienen?
Je nachdem, was du da oben antwortest, ändern sich meine Hinweise/Ratschläge. Allgemein ist glaub ich das gültig: Berufserfahrung ist etwas, das man nicht lernen kann. Wenn man eine Ausbildung an die andere reiht, kann man vielleicht irgendwann sehr vieles ein wenig, aber nichts richtig. Denn wenn man mit der Ausbildung fertig ist, hat man ja erst grad das Fundament gelegt. Danach wird man dann anfangen, selbständig auf der Baustelle anhand immer neuer Aufgaben das erlernte umzusetzen, selbst und von anderen Kollegen lernend sich immer neue Fertigkeiten anzueignen. Man lernt, Machbarkeiten abzuschätzen, Zeitpläne zu erstellen, Abläufe vorauszusehen, Materialeinsatz und Kosten zu berechnen.
Ein weiterer Punkt: In einer handwerklichen Ausbildung geht man nicht auf Wanderschaft. Das tut man, wenn man "fertig" ausgebildet ist, als Geselle. Man ist jung, frei und voller Tatendrang! Raus aus der Heimat, aus dem Bekannten, in die Ferne, ins Unbekannte, Spannende. Und das als erwiesen anerkannter Fachmann, als jemand, der auch ordentliches Geld verdient.
Denn später, mit Familie usw. geht man nicht mehr auf Wanderschaft - oder zumindest ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr viel geringer, weil der Aufwand eklatant größer ist. Studieren kann man auch noch mit Ende 20. Und als versierter Handwerker kann man sich das auch selbst finanzieren, wenn man will. Ohne Berufserfahrung ist das allerdings schwieriger.
Mein Fazit:
- Das Wissen für den Hausbau eignet man sich nicht eben mal so an. Man muss Wissen auch rechtlich nachgewiesen haben, sonst darf ich es nicht offiziell einsetzen.
- Ausbildungsnachweise erfordern Pflege, viele verfallen mit der Zeit, teilweise sehr schnell. Man muss zudem up-to-date bleiben, was schwer wird, wenn man gerade eine andere Ausbildung macht oder in einem anderen Fach arbeitet.
- Ausbildungen alleine reichen nicht, es braucht meiner Meinung nach Berufserfahrung - und damit viel Zeit. Pro Beruf würde ich mindestens 4-5 Jahre aufrufen. (Zimmerer, Elektriker, Anlagenmechaniker (Heizung, Gas, Klima) usw.)
- Ein gut eingespieltes Team mit jahrelanger Berufserfahrung teilt sich die Arbeit auf. Jeder macht das, was er am besten kann - und so wird es eine runde Sache. Ich kenne viele Bekanntenkreise, in denen sich die Fachleute gegenseitig helfen. Jeder macht für den anderen, was er gelernt hat - quid pro quo. Macht einer mehr, wird ausgeglichen. Was fehlt, wird zugekauft. Nachbarschaftshilfe 2.0....
Meine Frage ist also nach wie vor: Warum willst du Häuser selbst bauen? (Vor dem Wie steht ist viel wichtiger die Frage Warum... )