Schön, dass du diese Frage stellst, weil du alleine angesichts des Umfrage-Ergebnisses sehen kannst, wie viele von uns den Rassismus in dieser Geschichte immer noch nicht sehen (wollen).
Die Geschichte vom "schwarzen Buben" ist rassistisch, weil sie mit zwei Phänomenen hantiert, welche von der schwarzen Community als rassistisch eingestuft werden. Das ist zum einen der abwertend gewertete Begriff des "Mohren", zum anderen das "Blackfacing", welches durch das Eintauchen ins Tintenfass geschieht, welches hier ganz konkret auch noch als Bestrafung erfolgt.
Findet ihr trotzdem nicht rassistisch? Als weiße Mehrheitsbevölkerung obliegt es aber nicht uns, das zu entscheiden, da wir nicht die Rassismuserfahrungen gemacht haben und gar nicht beurteilen können, was rassistisch ist und was nicht. Wir haben schlichtweg keine Ahnung, weil wir ein Leben ohne Diskriminierung führen dürfen. Darüber können wir dankbar sein, aber wir sollten im Gegenzug nicht diktieren, was Diskriminierte zu erdulden haben und was nicht.
Trotzdem stimme ich dazu, dass die Episode im Struwwelpeter unter Berücksichtung des zeitlichen Entstehungsrahmens dort verweilen darf – aus Respekt vor dem geistigen Werk und aus Anerkennung über die Moral der Geschichte, die schließlich darauf abzielt, den Kindern beizubringen, dass sie sich nicht über Menschen anderer Hautfarbe belustigen sollen. Daher plädiere ich für einen Verbleib, jedoch mit einem erklärenden Zusatz, der genau diese Punkte aufgreift, die ich im obigen erläutert habe.