Du brauchst nichts zu befürchten, wenn Du pünktlich erscheinst und zu Deinem Namen und zur Sache richtige Angaben machst.
Zeugen sind - gerade in Zivilprozessen - in der recht komfortablen Situation, dass es ihnen eigentlich völlig egal sein kann, wieso sie aussagen. Sie können meist auch nicht wissen, ob eine bestimmte Aussage einer Partei hilft, oder vielleicht genau das Gegenteil. Dies liegt daran, dass der Streitstand nur aus den Akten hervorgeht und man ohne Aktenstudium eigentlich gar nicht wissen kann, weshalb es worauf ankommt.
Wie läuft das Ganze ab? Arbeitgeber müssen einen ohne Lohnzahlung freistellen; man muss ihnen aber so früh wie möglich Bescheid sagen. Den Verdienstausfall und Fahrtkosten (Belege aufheben!) erhältst Du vom Gericht ersetzt, wofür es Formulare gibt (auf einem muss der Arbeitgeber auch den Verdienstausfall bescheinigen); das wird Dir aber vor Ort näher erläutert, ansonsten fragst Du nach dem Ende Deiner Aussage nach.
Du kommst zu dem angegebenen Termin und nehme das Ladungsschreiben und einen Ausweis mit. Plane ein, eine halbe Stunde vorher vor dem Gerichtsgebäude zu sein, wenn es ein größeres Gericht ist: Es sind leider Kontrollen wie am Flughafen nötig, fehlt aber an den Durchleuchtungsgeräten, weshalb Geldbörse, Handy etc. abzulegen sind; am besten kommt man nur mit dem Nötigsten. Am Eingang hilft es oft, wenn man die Ladung und den Ausweis zeigt. Größere Gerichte sind oft labyrinthartig, und am besten fragt man gleich am Eingang, wie es genau zu dem angegebenen Saal geht. Wenn man dort angekommen ist, öffnet man (ohne zu klopfen!) die Tür und geht herein, außer, es leuchtet ein Schild "nichtöffentlich" oder es ist abgeschlossen, dann wartet man davor. In der Regel wird, wenn man etwas früher kommt, noch eine andere Verhandlung laufen. Da die meisten Verhandlungen öffentlich sind, kann man einfach auf den Zuschauersitzen (hinten) Platz nehmen. Natürlich darf man in die Verhandlung nicht irgendwie eingreifen.
Und nun zu Deiner Assoziation zum "Fernsehgericht": Das (und evtl. die Verhandlung, die vorher läuft) ist hier ein Zivilprozess - es geht nicht um Strafen, sondern um Zahlungspflichten. Normale Zivilprozesse sind für die Darstellung im Fernsehen recht uninteressant, und sie laufen viel "harmloser" ab als Strafprozesse. Du wirst möglicherweise darüber erstaunt sein, wie klein der Gerichtssaal ist; "Wohnzimmergröße" ist bei den meisten Gerichtsgebäuden die entsprechende Größe.
Publikum wird kaum dort sein; zumeist sitzen da nur Leute auf der Zuschauerbank, die auf den nächsten Termin warten, wie ggfs. Du. Es gibt aber auch Situationen, in denen zu einem Zeitpunkt eine zweistellige Zahl von Zivilprozessen wie am Fließband abgewickelt werden, entsprechend tummeln sich - dann ist der Saal auch größer - Anwälte, Parteivertreter und sonstwer im Saal.
Irgendwann wird die Sache aufgerufen ("Müller gegen Meier"), und es wird festgestellt, wer erschienen ist. In vielen Gerichten werden Aufrufe gar nicht auf den Flur übertragen, sondern erfolgen nur im Saal, weshalb Je nach Deinem Temperament kannst Du nun winken oder Dich sonst bemerkbar machen, oder es bleiben lassen. Wenn Du Dich nicht bemerkbar machst, wird nach Dir gefragt werden ("Ist der Zeuge Schmidt erschienen?"), dann solltest Du Dich spätestens melden.
Normalerweise werden die Zeugen dann wieder aus dem Saal gebeten und sollen vor der Tür Platz nehmen. Wenn der Termin gleich mit Deiner Aussage beginnt, kannst Du natürlich gleich bleiben. Du wirst, wenn Du draußen wartest, dann aufgerufen und gebeten, in der Mitte des Raumes an einem Tisch Platz zu nehmen. An dem Tisch kannst Du auch evtl. Unterlagen ausbreiten, musst aber mit Nachfragen rechnen, was da drauf steht.
Zunächst wirst Du darüber belehrt, dass Du die Wahrheit sagen musst. Diese "Belehrung" ist nicht persönlich gemeint, sondern muss jeder Richter jedem Zeugen geben. Sogar Richter oder Staatsanwälte, die als Zeugen aussagen, werden so "belehrt". Danach wirst Du gebeten, Deinen Namen zu bestätigen und Angaben zum Alter und Beruf zu machen. Dies ist bereits Teil der Zeugenaussage, weshalb Falschaussagen bereits strafbar wären. Einige Zeugen wundern sich, dass sie dem Gericht keinen Ausweis zeigen müssen. Der Grund ist einfach: Über die Daten eine Falschaussage zu machen, wäre sogar mit höherer Strafe bedroht, als einen Ausweis zu fälschen und den falschen Ausweis vorzulegen.
Danach wird Dir noch einmal grob erläutert, wozu überhaupt Deine Aussage benötigt wird, und Du wirst gebeten, Dich dazu im Zusammenhang zu äußern. Wenn Du nicht lügst, kannst Du hierdurch auch keine Probleme bekommen. Du musst auch nicht "beweisen", dass das stimmt, was Du sagst - Deine Aussage ist ja gerade der Beweis. Natürlich kannst Du so freundlich sein und den Beteiligten und Dir die Sache einfacher machen. Worum einige Richter die Zeugen bitten:
- Bei dem Geschehen war im Zweifel niemand dabei. Vor allem nicht der Richter. Erkläre das Ganze also so, dass es auch jemand versteht, der nicht dabei war und auch die Beteiligten nicht kennt. Wenn Du z.B. von "dem Udo" redest, hilft es, wenn man auch weiß, wer "der Udo" ist. Und wenn Du z.B. von "dem Mantel" redest, hilft es, zu wissen, woher der Mantel kam, wie er aussah, was mit ihm geschah, usw.
- Du bist nicht in einer Prüfung. Du musst (und darfst) nur das aussagen, was Du wirklich selber weißt. Wenn Du sagst, dass Du etwas nicht weißt, ist das natürlich auch eine Aussage, die stimmen muss (auch die falsche Angabe, etwas nicht zu wissen, ist nicht erlaubt). Aber anders als in einer Prüfung ist (wirkliches) Nichtwissen nicht verboten.
- Wenn Du etwas nicht genau weißt, aber Deine Schlüsse ziehst, darfst und sollst Du das mitteilen. Dann sage aber bitte auch dazu, wie Du darauf kommst, und dass es nur eine Vermutung oder Schlussfolgerung ist. Zum Beispiel nicht: "Der Udo hat die Vase mitgenommen", wenn Du es nicht gesehen hast, sondern: "Die Vase muss eigentlich von Udo mitgenommen worden sein. Als ich um 12 Uhr im Raum war, stand Udos Vase noch dort. Als ich um 13 Uhr wiederkam, war die Vase weg. Nur Udo war außer mir in dieser Zeit in der Wohnung, sonst habe ich dort niemanden bemerkt. Also nehme ich an, dass Udo die Vase mitgenommen hat. Ich hatte sie ja nicht selber genommen. Außerdem hatte mir Udo am Tag vorher gesagt, dass er sie mitnehmen würde." Der Grund: Wenn sich herausstellt, dass Udo noch kurz und leise die Käthe in die Wohnung gelassen hatte, und Käthe die Vase genommen hatte, war Deine Aussage dennoch nicht falsch, sondern nur Deine Schlussfolgerung, dass Udo die Vase mitgenommen hatte.
- Wenn Du Deine Aussage durch eigene Aufzeichnungen, Unterlagen usw. stützt, ist das völlig legitim. Auch hier solltest Du das aber sagen. Eine Angabe wie "Genau erinnere ich mich nicht mehr, aber ich habe einen Ausdruck von einer Mail von damals mitgebracht, und darin hatte ich damals geschrieben, dass ..." hilft weiter. Eventuell kommt dann noch die freundlich-dezente Nachfrage, ob es damals irgendeinen Grund gab, in der Mail zu lügen, denn sonst ist ja nur bewiesen, dass etwas in der Mail stand, aber nicht, ob es so stimmt.
Danach kommen Nachfragen des Gerichts, und die Parteien des Rechtsstreits und ihre Anwälte haben die Möglichkeit, nachzufragen. Normalerweise halten sich die Nachfragen sehr in Grenzen. Wenn überhaupt, werden noch einmal Einzelheiten oder Erkenntnisquellen abgefragt, oder sonst Fragen gestellt, mit denen die Stimmigkeit der Aussage geprüft wird. Damit sind keine Unterstellungen verbunden, und das ist auch kein "Auseinandernehmen". Sondern die Beteiligten wollen die Angelegenheit eben besser nachvollziehen können. Wenn ein Zeuge zum Beispiel nach langer Zeit zu Nebensächlichkeiten sehr genaue Angaben machen kann, liegt etwa die Nachfrage nahe, wieso dies so ist (dafür kann es auch gute Gründe geben; diese muss man aber kennen, um eine Aussage bewerten zu können). Es kann auch sein, dass der Anwalt der Partei, für die die Aussage vorteilhaft ist, nachhakt, um den "Wert" der Aussage zu erhöhen. Manchmal wird auch nachgefragt, ob man in letzter Zeit noch einmal mit einer Seite des Prozesses über die Sache gesprochen hat. Damit wird abgefragt, ob der Zeuge "geimpft" worden ist, ggfs. mit Manipulationstechniken, die der Zeuge gar nicht bemerkt hat. Fragen, die den "Charakter" des Zeugen betreffen, werden normalerweise nicht gestellt. Gerade relativ neutrale Zeugen (die nicht z.B. Angestellte oder Verwandte einer Seite sind) lügen vor Zivilgerichten praktisch nicht, so dass Nachfragen sich hier eher darauf beziehen, wie die Aussage zustandekam.
Ist dann alles geklärt, wirst Du "entlassen" und kannst im Zuschauerbereich Platz nehmen oder gehen.
Nimmst Du als Zuschauer weiter teil, wirst Du einen weiteren Unterschied des Zivilprozesses zum "Fernsehgericht" sehen: Bedeutende Plädoyers oder Schriftenverlesungen gibt es da nicht - die Prozessparteien mussten das Wesentliche bereits schriftlich darstellen (diese Schreiben nennt man "Schriftsätze"), und auf die Schriftsätze wird in der Verhandlung verwiesen, und das auch nur indirekt, indem beide Seiten irgendwann "den Antrag aus dem Schriftsatz vom [Datum]" stellen (und auch das diktiert meist der Richter ins Protokoll; einen besonders engagierten Anwalt erkennt man dann daran, dass er vielleicht "jau" murmelt ;-) ). Großartig plädiert wird da also auch nicht. Emotionen können allenfalls mal hochkochen, wenn eine Partei persönlich erschienen ist und nicht nur über den Anwalt, und gefühlsmäßig in der Sache hängt.