Wie konnte es dazu kommen,dass die Sender von RTL alle guten alten Sendungen abschaften und die ganzen neuen asozialen Sendungen,so erfolgreich sind?

2 Antworten

Ich denke nicht, dass der Zuschauer bekommt, was er will, sondern der Zuschauer wird erzogen, dass zu wollen, was er bekommt.

 Die Billigproduktionen mit Laiendarstellern und bekanntem Skript/ Handlungsverlauf sind für den Sender sicher günstiger. Nach einiger Zeit braucht man vermutlich gar keinen Drehbuchautor mehr, weil es eine Reihe bekannter, leicht abgewandelter Handlungsverläufe gibt (was man wohl auch daran sieht, dass ein geübter Zuschauer nach wenigen Minuten weiß, wie die Handlung wohl verlaufen wird). Keine Ahnung, was Laiendarsteller bekommen, aber vermutlich deutlich weniger als professionelle Schauspieler. Kulissen sind meist auch überschaubar und es wird viel in austauschbaren Straßen etc. gedreht (keine Ahnung, ob man da überhaupt eine Drehgenehmigung braucht oder sie ist evtl. günstiger, weil man mehrere Folgen am Stück mit den gleichen Schauspielern abdrehen kann).

Früher mussten sich die Privaten erst mal gegen die Öffentlich-Rechtlichen durchsetzen. Außerdem mussten sie Werbekunden gewinnen, was vermutlich in den Anfangsjahren noch schwierig war (Zuschauer war nicht so viel Werbung gewohnt und schaute meist nur abends fern). Damals lohnte es sich, neue US-Serien einzukaufen und hin und wieder Spielfilme zu senden, die die Öffentlichen-Rechtlichen nicht sendeten. 

Und dann wurde der Zuschauer langsam entwöhnt. Wer schaut den ganze  Müll? Vermutlich vor allem Ältere, die tagsüber zu Hause sind, die kein Netflix haben oder überhaupt kein Internet bzw. das Internet eher nicht zum Videoschauen nutzen. Ich kenne ein paar Leute - auch jüngere - die sich so sehr an verschiedene Sendungen (Shopping Queen, Dschungelcamp, Superstar etc.) gewöhnt haben, dass sie "unbedingt" oder aus Gewohnheit die neue Folge schauen. Im Falle von Dschungelcmap etc. teilweise auch, weil in ihrem Umfeld viel darüber geredet wird und sie mitreden wollen. Wer bspw. BILD etc. liest, "muss" Dschungelcamp schauen, weil teilweise die halbe Ausgabe sich mit Hintergründen etc. der Sendung(en) befasst. Und man will ja wissen, über was da geschrieben wird.

Wer fernsieht, tut das meist aus Gewohnheit oder weil ihm Freunde bestimmte Sendungen empfehlen. Und wenn man gewohnt ist, RTL und Co zu einer bestimmten Zeit einzuschalten, schaut man erst mal längere Zeit das, was dann gesendet wird, und gewöhnt sich ggf. daran. Nur wenige Leute suchen mMn im Vorfeld über Programminfos ihnen unbekannte Sendungen aus und schauen die dann gezielt.

 Also kurz gesagt:

- weil sie damit Geld verdienen bzw. sparen/ billig produzieren können

- weil sie damit durchkommen,

- weil sie die Gewohnheiten der Zuschauer ausnutzen,

- weil sie Zuschauer zum Schauen/ Weiterschauen/ Gewohnheitenbilden verleiten,

- weil sie durch Teaser und teilweise andere Medien wie Bildzeitung etc. so viel über bestimmte Sendungen schreiben, dass Leute die dann auch schauen und

- weil nicht jeder so eine Box hat, die die Einschaltquoten zählt! Wer sagt denn, dass der Durschnittsbürger wirklich das schaut, was die wenigen angeblich repräsentativen Boxbesitzer schauen?!


Ich frage mich schon, wie viele Menschen "freiwillig" die angeblich so erfolgreichen Formate wie Dschungelcamp, Sing meinen Song, GNTM usw. schauen. Warum nimmt man an, dass viele Menschen Interesse daran haben, zu bewerten, wie gut jemand singen kann (die meisten Menschen können ja selbst nicht gut singen, weil sie das nie richtig gelernt haben) oder wie schön jemand ist, oder dass man sich unbedingt über Durschnittsmenschen lustig machen muss (Perfektes Dinner, Kochprofis etc. - alle Sendungen, bei denen der Kommentator oder Sendungsverlauf normale Leute schlecht aussehen lässt)?

Möglicherweise, weil die Gegenentwürfe zu diesen Sendungen auf Nischensendern laufen, die kein gutes = ein "Oma-Image" haben.

NDR, WDR, 3Sat etc. zeigen immer wieder normale Menschen, die bswp. kochen, Hunde erziehen, ihrem Hobby oder Beruf nachgehen, ohne sie lächerlich zu machen, aber auch ohne sie zum Profi hochzustilisieren, und diese Sendungen können auch interessant sein. 

Meine Vermutung ist, dass der Durchschnittszuschauer der RTL-und-Co-Sendungen immer negativer auf die Welt sieht, immer mehr nach Fehlern bei anderen sucht, weil das der Tenor der Kommentatoren ist. Man kann bei vielen Sendungen genau verfolgen, wie die Kommentare ins Negative abrutschen über die Jahre (Perfektes Dinner und ggf. Shopping-Queen - ich schaue das gelegentlich bei meiner Mutter und meine, dass früher die Kommentare nicht so herablassend waren).

Wenn nun jemand, der das gewohnt ist eine Sendung wie "Landfrauen" (Bäuerinnen backen Kuchen und bewerten sich gegenseitig - meist positiv!) schaut, sucht der doch nach den Fehlern und ist enttäuscht, weil es so "langweilig" ist, weil es keine Fehler gibt, die hervorgehoben werden.

Ich meine, dass so eine Sehgewohnheit sich auch negativ auf die Gesellschaft bzw. das Umfeld der Fans auswirken kann, weil man nur auf Fehlersuche und damit am Meckern über andere ist, die ganz normale Leistungen bringen und Interessen haben.

Beispiel: Bei Shoppingqueen gab es eine ältere Frau, die sehr gut aussah und sich auch sehr gut einkleidete. Der Kommentator, selbst an die 50 Jahre alt, sagte irgendwann etwas in der Art " - dann wird sie 110 Jahre alt sein, oder was?" bezogen auf ihre nahe Zukunft. Diese Dame, die die beste Leistung mMn brachte, landete auf dem letzten Platz und ständig wurde von den deutlich jüngeren Konkurrenten ihr Alter angesprochen. Die Konkurrentinnen hatten sehr gut internalisiert, was man alles kritisieren kann und das Alter ein hervorragendes Beispiel für Kritikpunkte sein kann! Unabhängig von den Leistungen der Kandidatin, die am fröhlichsten und freundlichsten dargestellt wurde!

Der Zuschauer bekommt was er will. Mit Notruf hat das ganze ja angefangen ...

Da helfen nur Arte, 3 Sat & Co.