Wie kann man in Pakistan ein "Auslandsjahr" bzw. ein freiwiliges soziales Jahr als Helfer dort machen?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Vielleicht den Bericht mal durchlesen , ob dies wirklich etwas für dich ist.

Im September 2006 habe ich ein vierwöchiges Praktikum in Islamabad (Pakistan) absolviert, um Einblicke in das Islamische Recht sowie in das öffentliche Recht eines aus früherer britischer Besatzung geprägten common law Staates zu erlangen – und um darüber hinaus eine völlig andersartige Kultur und Mentalität kennen zu lernen. Lassen sich aber ein klassisches Studium der Rechtswissenschaften in Deutschland und ein Praktikum in einem streng islamischen Staat überhaupt verbinden? Es geht! Juristische Praktika müssen sich nicht auf deutsche Gerichte und Kanzleien beschränken. Die formalen Anforderungen sind kein Hindernis.
Arbeitsweise in einer unbekannten Welt
Die Arbeitsweise in der orientalischen Welt ist für Europäer kaum vorstellbar und ungewohnt.
In Pakistan wird auch in den extrem heißen Sommermonaten sechs Tage die Woche und bei den Juristen in formeller Kleidung gearbeitet. Das pakistanische Verständnis von Terminvereinbarung, Organisation und Koordination ist anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, sodass ich mehrmals täglich die pakistanische Geselligkeit und Gastfreundlichkeit bei einem gemeinsamen Tee erfahren durfte, wenn sich wieder einmal der Tagesablauf »unvorhergesehen« geändert hatte. Teilweise werden Fristen nicht allzu genau genommen und Prioritäten an die Situation spontan angepasst. Danach wurde jedoch immer eine geeignete und ansprechende Arbeitsaufgabe gefunden.
Unter der Aufsicht von Afnan Karim Kundi – einem Absolventen der Harvard Law School – der Kanzlei KUNDI & KUNDI – Advocates and Legal Consultants konnte ich Einblicke in das Council for Islamic Ideology, das Justizministerium sowie in die einzelnen Gerichtszweige der Islamischen Republik Pakistan gewinnen. Die Zusammenarbeit war – mit Ausnahme der Gerichtsverhandlungen – sowohl mündlich als auch schriftlich ausschließlich auf Englisch. 
Einblicke in das Islamische Recht
Im Council for Islamic Ideology konnte ich System und Ausprägung des Islamischen Rechts im 21. Jahrhundert kennen lernen. Das Council for Islamic Ideology ist eine Institution mit Verfassungsrang. Es kann einerseits Gesetzgebungsvorschläge auf Provinz- und Landesebene einbringen. Andererseits kann es bestehende Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit dem Islamischen Recht überprüfen und sie für unwirksam (?) erklären. Die Arbeit der Juristen wird von islamischen Rechts- und religionsgelehrten begleitet, da die Religion die Grundzüge des Rechts- und Gerechtigkeitsverständnisses vorgibt. 
Während des Praktikums hatte ich die Möglichkeit, eine vergleichende Rechtsstudie über das Zinsverbot im Islamischen Recht zu verfassen. Zuerst habe ich die Grundlagen eines zinsfreien Finanzsystems und deren verfassungsrechtliche Ausprägung in den muslimischen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens erarbeitet und skizziert. Danach ließen sich diese mit dem bestehenden europäischen Finanzwesen vergleichen und bewerten. Ein religiöses System welches Ungleichheit vermeiden soll ist ideologisch sicher erstrebenswert, doch scheint es in einer kapitalistischen Welt ohne religiös-ideologische Grundlage nur schwer einführbar. 
Gerichtspraxis
Im Surpreme Court von Pakistan arbeitete ich unter der »Aufsicht« des Generalstaatsanwalts Mohammed Qayyum, welcher sich darauf beschränkte meine Arbeit auf Grund persönlicher Angelegenheiten von Karachi aus zu koordinieren. Sein tägliches Versprechen alles Weitere am folgenden Tag zu regeln, erfüllte sich erst am letzten Tag meines Praktikums . . . Neben der Recherche zur Vorbereitung von verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Fällen ließen sich auch zahlreiche Einblicke in die Gerichtspraxis aus richterlicher und anwaltlicher Perspektive gewinnen.
Daneben konnte ich im Justizministerium vielfältige Einblicke in die Gerichtspraxis der Lokal- und Regionalgerichte erlangen. Es herrscht eine notorische Überlastung der Gerichte, deren Richter teilweise ohne Klimatisierung oder Ruheräume über 200 Fälle am Tag bearbeiten müssen. Qualität und Effizienz der Rechtsprechung sowie eine angemessene Verfahrensdauer sind nicht zu gewährleisten. Dieses begründet ein System der Korruption, welches in den Lokal- und Regionalgerichten verbreitet ist. Die Gerichtsverhandlungen erfolgen mit Ausnahme des Surpreme Courts in der Landessprache, sodass sich das Verständnis auf die Beobachtung der Parteien beschränkt, welche das Recht teilweise wie auf einem Basar aushandeln wollen.
 Quelle:

http://www.ja-aktuell.de/cms/website.php?id=/de/studium_referendariat/erfahrungsberichte/parktikum-in-pakistan.htm

MizzC 
Fragesteller
 07.06.2015, 11:28

Vielen Dank für die Antwort. Es ist ganz genau was ich suche, da ich kein Praktikum im Bereich Jura machen möchte, aber das heißt, dass es doch Verbindungen zum Pakistan - Aufenthalt gibt.

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platinumflash  07.06.2015, 11:47
@MizzC

Freut mich. Vielleicht war es ja die hilfreichste von allen. jasmin

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