Wie fit muss man für einen 8000er sein?
Ich bin ein - trainierter Kletterer (10. Grad) - erfahrener Bergsteiger mit Ausdauer für 16 Stunden Tagestouren mit 4000 Höhenmetern irgendwo, z.B. in Tirol. - erfahrener Steilwandskifahrer (viele Flanken mit über 50°) Ich war noch nie höher als 3200m Seehöhe, habe aber schon mehr als 1000 Alpengipfel unterschiedlichste Schwierigkeit bestiegen.
Was sollte ich so beachten, wenn ich auf einen Achttausender möchte, z.B. den Manaslu? Und wie hoch ist die Chance, dort zu sterben - so als durchschnittlicher 8000er-Aspirant? Wodurch sterben die meisten Bergsteiger dort? Lawinen? Erschöpfung? Verirrung durch schlechtes Wetter? Und noch zwei Fragen: Wie schwer sind die Skiabfahrten von den 8000ern und welche wurden schon durchgeführt?
3 Antworten
Für mich fangen die Schwierigkeiten jenseits von 3500 m an. Dann merke ich den Unterdruck, den Sauerstoffmangel, die Trockenheit — kurz und gut, dann wird mir sterbenselend. Und solche Höhen gelten für die Śerpā als „Tiefland“.
Die Höhenkrankheit darf man wirklich nicht unterschätzen. Man kann sich zwar akklimatisieren, aber das dauert, und ab ca. 8000 m ist Schluß, daran kann sich ein Mensch nie gewöhnen. Deshalb ist das Klettern in diesen Höhen immer lebensgefährlich, man befindet sich in feindlichem Territorium und kann nur hoffen, herauszukommen, bevor man stirbt.
Daß man zusätzlich noch mit Stürmen, Lawinen, Steilhängen, Tiefschnee, Eispanzern, Felsüberhängen und dem ganzen anderen Instrumentarium alpinistischer Grausamkeit zu kämpfen hat, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Diese Gefahren sind im tropischen Hochgebirge wesentlich schlimmer als in in einer netten Hügelkette wie den Alpen, aber als erfahrener Alpenkraxler kannst Du das zumindest sehr ungefähr einschätzen. Bei der dünnen Luft ist das anders, das ist eine neue Dimension des Schreckens.
8000er kann man in Nepāl wirklich besteigen — wenn Du willst, sogar im Alleingang. Das sollten aber wirklich nur die versuchen, die wissen, was sie tun. Wenn Du bereits bist, so ca. 50000 € auszugeben, läßt sich auch eine Expedition für Dich zusammenstellen, da gibt es wirklich spezialisierte Agenturen.
Als einfachster Achttausender gilt der Coyu, allerdings von der chinesischen Seite aus. Auch der Śiśāpāṅmāoll relativ einfach sein (er liegt ein paar Steinwürfe jenseits der Grenze zu China). Von der nepālischen Seite sind die Sachen meist schwerer zu besteigen, weil die Südseiten steiler sind als die Nordseiten. Die drei innerhalb Nepāls sind auch nicht einfach.
Ich bin kein Bergsteiger, aber ich schätze, daß die technischen Schwierigkeiten im Himālaya nicht drastisch anders als in den Alpen sind, quantitativ wahrscheinlich schlimmer,qualitativ aber nichts Neues.
Deshalb habe ich mich in meiner Antwort auf die Höhe konzentriert, denn die IST etwas Neues. Und etwas extrem Tödliches. Der Sauerstoffmangel greift Dich systemisch an, Du wirst rundherum schwächer und fehleranfäliger, und das kannst Du Dir auf Höhen von 6000+ definitiv nicht leisten. Und bei 8000+ stirbst Du, wenn Du nicht rechtzeitig wieder runterkommst.
Ich hätte auch über die tiefen Temperaturen oder die Jetstream-Winde schreiben können, auch das sind neue Phänomene, an denen eine Expedition scheitern kann. Von den Auswirkungen her lassen sie sich aber leichter intuitiv erfassen als die Höhenkrankheit, die man in den Alpen einfach nicht in dieser Form bekommen kann (weil Du nicht mal eine Woche auf 4000 m campieren mußt).
Hallo,
so wie Du das schreibst, fehlt Dir im wesentlichen als Baustein des alpinen Know-Hows die Ausbildung im Eis und auf Gletschern. Technisch gesehen sind die leichten 8000er wie der Cho Oyu nach dem Hörensagen nicht extrem anspruchsvoll. Auch der Hillarystep, der als Schlüsselstelle auf dem Everestaufstieg gilt, ist angeblich nur ein IIIer - in der Höhe ist das aber nunmal anders als bei uns in den Alpen.
Wenn Du DIch ernsthaft dafür interessierts, musst Du Erfahrung auf Gletschern und auf Hochtouren sammeln. Dazu gehört das Gehen auf Steigeisen und die Bergung von Gestürzten aus Gletschspalten. So was lernt man üblicherweise auf einem Hochtourenkurs.
Konditionell bist Du, so wie Du es beschreibst außerordentlich fit. Ich gehe davon aus, dass Du auch 600 oder 800 Hm pro Stunde im Aufstieg schaffst? Ich kann mir gut vorstellen, dass Dein konditionelles Polster gut genug ist. Ich kenne einige Leute, die schon 6000er oder 7000er gemacht haben, die sind meistens schon konditionell sehr gut beinander, da kannst Du aber ganz gut mithalten.
Zu den 8000ern selber: Die Schwierigkeiten liegen nach m.E. zunächst im Kleingeld. Allein die Kleidung und Ausrüstung wird einige 1000€verschlingen, denn Deine normale Bergkleidung kannst Du ruhig daheim lassen. Irgendwo und irgendwie wirst Du ein Expeditionspaket buchen müssen, denn im Alleingang kannst Du nicht Essen für 4 Wochen ins Basislager mitschleppen (Zum Vergleich: Pik Lenin in Kirgistan kostet bei örtlichen Veranstaltern um die 1000$)
Was ich auch gehört habe, ist das mitunter auch eine ganz schöne Geduldsprobe - warten im Hochlager, bis endlich ein Zeitfenster mit gutem Wetter kommt.
Hoffe, das hilft weiter, Viel Erfolg!
Und zur Statistik:
http://archiv-blog.alpenverein-erding.de/2007/01/03/unfall-statistik-der-achttausender/
Viel Spaß beim Lesen....
Super! Vielen Dank für Deine Einschätzung und den Link.
Hier hast Du noch eine etwas ausführlichere Beschreibung des Cho Oyu:
http://www.dav-summit-club.de/reisedetails/detail/expedition-cho-oyu-8201-m.html
Ich vermute mal, dass du schon mehr Ahnung hast als der Großteil der Community. Vermutlich kann dir in einem Fachforum besser geholfen werden, wo andere Bergsteiger unterwegs sind :)
So zwischen den Zeilen entnehme ich Deiner Antwort, dass die Hauptschwierigkeiten von der Höhe und der dünnen Luft ausgehen und vergleichsweise weniger technischer Natur sind. Ich schätze, wer mit Steigeisen und Pickel technische solide im Eisgelände unterwegs ist, sollte von der technischen Seite her klarkommen. Wenn diese Grundlagen da sind, ist es dann hauptsächlich eine Frage der Kondition, der körperlichen Belastbarkeit und der individuellen Fähigkeit, sich an die Höhe anpassen zu können - richtig?