Welche Glücksvorstellungen haben die Buddhisten?

5 Antworten

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und werde versuchen, die etwas zu helfen.

Glück bedeutet Leiden

Der Buddhismus lehrt, dass der Versuch, dauerhaftes Glück zu erlangen, niemals erfolgreich sein wird, so lange man das eigene Wohlbefinden von äußeren Umständen und egoistischen Anhaftungen abhängig macht.

Alle Dinge sind vergänglich und können uns bereits deshalb nicht dauerhaft befriedigen - der luxuriöse Besitz verfällt, der hübsche Partner altert, die eigene Gesundheit schwindet - und vor dem Tod rettet uns kein Glück der Welt.

Wer sein Glück also über Luxus, Ansehen, Macht, Beziehungen, Erfolg, oder Gesundheit definiert, wird diese Dinge langfristig verlieren, weil die Vergänglichkeit eben vor Nichts halt macht.

Aus diesem Grund verdrängen wir diese Angst vor der Vergänglichkeit gerne, indem wir uns mit immer neuen Glückserfahrungen "anfixen" und so zu regelrechten "Glücks-Junkies" werden, immer auf der Suche nach dem nächsten Schuss.

So hangelt man sich von Glücksmoment zu Glücksmoment, ohne jemals etwas zu erreichen.

Überwindung von Glück und Unglück

Laut der Lehre des Buddhismus besteht der Weg aus diesem Leiden heraus nicht in strenger Askese und dem Verzicht auf alles Materielle, sondern in der Praxis des "achtfachen Pfads", wie er vom Buddha gelehrt wurde.

Der so genannte achtfache Pfad lehrt, dass man durch die Praxis der Meditation und ein Verhalten, das Leiden vermeidet, die Anhaftungen des Ego und damit die Ursache für das "Unglück" überwunden werden können.

"Glück" gibt es nur, wenn man ihm "Unglück" gegenüberstellt. Wenn man diese dualistische Bewertungen überwinden kann, erlebt man das "Sein", in dem sich die Frage nach Glück und Unglück nicht stellen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Der Buddhist versucht durch die Überwindung aller weltlichen Begierden (Macht, Schönheit,Luxus, Ansehen)usw., welche ja alle vergänglich sind dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten (Reinkarnation) zu entkommen und in einen transzendenten Zustand (Nirwana) zu gelangen.

Sei gegruesst,

vielen Dank fuer deine relevante Frage von zentraler Wichtigkeit fuer heutige Buddhisten wie auch fuer die aus damaligen Zeiten. Ich moechte versuchen im Folgenden kurz zu umreissen, was der historische Buddha diesbezueglich lehrte.

Der Buddha lehrte Glueck von verschiedenartiger Natur und auf verschiedenen Ebenen:

Sehr niedrige Formen des Gluecks: Der Buddha erkannte es als gewisses Glueck an, wenn sich beispielsweise Leprakranke ihre offenen Wunden ueber Feuer erhitzten, um sich Linderung zu verschaffen. Dies ist ein relatives Glueck, aber dennoch eine Form von Glueck.

Niedrige Formen des Gluecks: Des Weiteren bezeichnete der Buddha beispielsweise gewisse Kinderspiele als Formen des Gluecks, besonders attraktiv eben fuer Kinder, weniger fuer Erwachsene. Direkt darauf folgend sprach er vom sinnlichen Genuss der fuenf oder auch sechs Sinne (die ueblichen fuenf + geistlicher Sinn, Objekte des Denkens), welchem die Mehrheit auf diesem Planeten folgt, meistens blind. Dieses Glueck bezeichnete der Buddha als vulgaer, niedrig und kothaft, weil durch und durch durchsetzt mit Gefahr, Kampf, Zank, Neid etc. und im Vergleich zu hoehren Formen einfach minderwertig.

Mittlere oder hoehere Formen des Gluecks: Das Glueck eines reinen Gewissens ist ein gewisses Glueck, welches der Buddha lehrte sowie auch das Glueck der Schuldenfreiheit, dies sind Ebenen der Ethik. Darauf fussend und darauf aufbauend sprach der Buddha vom Glueck der acht meditativen Zustaende (4 koerperlichen Jhānas und 4 unkoerperlichen Erreichungszustaende). Er gab einmal waehrend eines Gleichnisses an, welchem er einem Koenig einmal gegeben hatte, dass er hoehreres Glueck als der Koenig Erlangen koenne, naemlich waehrend er fuer bis zu sieben Tage in hoechstem Glueck ohne sich zu regen verweilen koenne, im Glueck tiefruhiger Meditation, in welcher der Stoffwechsel deutlich heruntergfahren ist, sich auf feinst ausbalancierte Ebene bewegend.

Hoechste Form des Gluecks: Der Buddha lehrte, wie bereits hier in einem anderen Beitrag erwaehnt, dass das Hoechste die Befreiung des Geistes von jeglicher Anhaftung an alles Materielle und Geistige im Hier und Jetzt ist, frei von jeglichen egoistischen Neigungen des Geistes, dies ist Reinheit des Geistes auf hoechstem Niveau, dies ist die Erlangung des Nibbāna (Pāli) (Nirvāna -- Sanskrit), das hoechste Glueck. Hier noch einige Verse aus dem Kapitel "Glueck" des Dhammapada mit noch einige Perspektiven auf das Glueck nach buddhistischer Vorstellung www.palikanon.com/khuddaka/dhp/dhp3.htm#Sukha):

"Den Haß nicht zu erwidern, das ist unser Glück; und hassen andre uns, wir hassen nicht zurück.
Welch Glück! Von allem Leid der Welt sind wir befreit; voll Leiden ist die Welt, doch wir sind ohne Leid.
In gierverzehrter Welt, wie glücklich leben wir! Wenn andre gierig sind, sind wir doch frei von Gier.
Wie glücklich leben wir! Denn hier gehört uns nichts; wir nehmen Freud' als Brot, wie Gottheiten des Lichts.
Aus Sieg kommt Haß, denn der Besiegte ist bedrückt; wer friedsam auf den Sieg verzichtet, lebt beglückt.
Kein Feuer brennt wie Gier, wie Haß kein Mißgeschick, den Daseinsfaktoren ( khandha) gleicht kein Leid, der sel'gen Ruh' kein Glück.
Hunger ist schlimmste Qual, unbeherrschte Triebe größtes Leid; dem Weisen ist Nirvana höchste Seligkeit.
Gesundheit ist das größte Gut, Zufriedenheit. Der beste Schatz, Nirvana höchste Seligkeit."

Herzliche Gruesse

Hi,

das Bruttonationalglück stammt aus Bhutan. Hier zählt nicht nur das Bruttonationalprodukt, sondern es wird schon seit einigen Jahren viel Wert auf die Zufriedenheit der Menschen gelegt. Die Bewohner von Bhutan werden regelmäßig befragt wie glücklich sie sind.

Bhutans Glücksbeauftragter Ha Vinh Tho ist auch Glückslehrer und erzählt in seinem Interview sehr viel über Glück, Bhutan und über das Bruttonationalglück. Am besten du hörst mal online in sein Interview rein. Ist sehr inspirierend und kann ich nur empfehlen :)

http://oe3.orf.at/sendungen/stories/2889025/

Reigel  19.02.2018, 22:30

Ich kann das Interview vom 14. Jänner (Januar) online nicht finden. Hast du es noch verfügbar? Ich wär daran interessiert.

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Vielleicht hilft dir ja ( bzgl. deiner Frage nach dem "Bruttonationalglück" ) der folgende Artikel weiter "Glückslehrer aus Bhutan Glück und Meditation als Schulfach": http://www.deutschlandfunkkultur.de/glueckslehrer-aus-bhutan-glueck-und-meditation-als-schulfach.2165.de.html?dram:article_id=375315 ?!

Liebe Grüße: Manu

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 45 Jahren praktizierender Buddhist ( Theravada )...